Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Francoise Dammertz
Rz. 15
Gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist folgendes Vermögen begünstigungsfähig:
- der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens i. S. d. § 168 Abs. 1 Nr. 1 BewG mit Ausnahme der Stückländereien § 160 Abs. 7 BewG
- selbst bewirtschaftete Grundstücke nach § 159 BewG
- sowie entsprechendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem EU-/EWR- Mitgliedstaat
Rz. 16
Dieses Vermögen muss vom Erblasser oder Schenker auf den Erwerber übergehen und in der Hand des Erwerbers entweder land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder selbst bewirtschaftete Grundstücke i. S. d. § 159 BewG bleiben (vgl. R E 13b.4 Abs. 1 S. 1 ErbStR). Grundstücke i. S. d. § 159 BewG sind Bauland, Industrieland oder Land für Verkehrszwecke. Gleiches gilt auch hier für selbst bewirtschaftete Grundstücke, die in einem Mitgliedstaat der EU/EWR belegen sind (vgl. Geck in K/E, ErbStG § 13b Rz. 12). In einem EU/EWR Mitgliedstaat belegenes land- und forstwirtschaftliches Vermögen muss die gleichen Voraussetzungen wie das inländische Vermögen erfüllen. Den Steuerpflichtigen treffen diesbezüglich erhöhte Nachweispflichten nach § 13a Abs. 8 ErbStG (vgl. Jülicher in T/G/J/G, ErbStG § 13b, Rz. 15).
Rz. 17
Begünstigungsfähig ist jedoch nur der Wirtschaftsteil eines land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, der im Zusammenhang mit dem Erwerb des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder einer Beteiligung an einer land- und forstwirtschaftlich tätigen Personengesellschaft nach § 158 Abs 2 BewG auf den Erwerber übergeht. Es ist auch möglich, einen verkleinerten Betrieb begünstigt zu übertragen. Betriebsteile oder einzelne Wirtschaftsgüter sind hingegen nicht begünstigungsfähig, wenn sie für sich betrachtet kein land- und forstwirtschaftliches Vermögen bilden (vgl. R E 13b.4 Abs. 4 S. 1 und 2 ErbStR).
Rz. 18
Zudem stellte der BFH in einer jüngeren Entscheidung klar (BFH vom 25.11.2020, DStRE 2021, 740), dass sich der Umfang des steuerbegünstigten Vermögens eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gemäß §§ 13a, 13b ErbStG ausschließlich an bewertungsrechtlichen Kriterien orientiert. Der bewertungsrechtliche Begriff eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ist tätigkeitsbezogen, so dass auch derjenige einen solchen Betrieb unterhält, dem weder Eigentum am Grund und Boden noch am Besatz zusteht. Werden die Betriebsmittel folglich aufgrund von Nießbrauchsrechten genutzt, können diese Rechte zum Wirtschaftsteil seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gehören und sind somit begünstigungsfähig. Folglich kommt es nicht auf die ertragsteuerliche Qualifizierung als land- und forstwirtschaftliches Vermögen an (vgl. R E 13b.4 Abs. 1 S. 2 ErbStR), so dass auch ein begünstigungsfähiger land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegen kann, der im Ertragssteuerrecht mangels Gewinnerzielungsabsicht als steuerlich irrelevante Liebhaberei zu qualifizieren ist (vgl. Korezkij in BeckOK, ErbStG § 13b Rz. 14).
Rz. 19
Nicht begünstigungsfähig sind nach R E 13b.4 Abs. 3 ErbStR die Teile des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, die nicht unmittelbar der landwirtschaftlichen Wertschöpfung dienen:
- die Betriebswohnungen (vgl. § 160 Abs. 1 Nr. 2 BewG iVm § 160 Abs. 8 BewG n. F.) und
- der Wohnteil (vgl. § 160 Abs. 1 Nr. 3 BewG iVm § 160 Abs. 9 BewG n. F.),
- Stückländereien iSd § 160 Abs. 7 BewG und
- Mietwohngrundstücke oder
- erbbaurechtsbelastete Flächen.
Rz. 20
Unter Stückländereien versteht man land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen, die vom Verpächter nicht selbst genutzt werden und am Bewertungsstichtag für mindestens 15 Jahre an einen anderen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verpachtet sind. Keine Stückländereien sind dagegen land- und forstwirtschaftliche Flächen, die nicht fest für mindestens 15 Jahre verpachtet sind, sondern für die z. B. der Pachtvertrag jährlich verlängert wird. Unschädlich sind auch automatische Verlängerungsklauseln, die zum Bewertungsstichtag eine feste Pacht von weniger als 15 Jahre vorsehen (vgl. Stalleiken in von Oetzen/Loose ErbStG § 13b Rz. 27). Grundsätzlich unterliegen Stückländereien der vollständigen Besteuerung.
Rz. 21
Nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören u. a. Geschäftsguthaben, Wertpapiere, Überstände an Betriebsmitteln oder Geldforderungen und Zahlungsmittel (vgl. § 158 Abs. 4 BewG), die somit nicht von der Begünstigung umfasst sind vgl. Korezkij in BeckOK, ErbStG § 13b Rz. 16). Es ist möglich, Wirtschaftsgüter, die nach § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht begünstigungsfähig sind, unter das Verschonungssystem zu subsumieren, indem der land- und forstwirtschaftliche Betrieb in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft oder in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird. Dann richtet sich der Umfang des begünstigungsfähigen Vermögens nicht mehr nach § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, sondern nach Nr. 2 oder Nr. 3 (vgl. Stalleiken in von Oertzen/Loose ErbStG, § 13b Rz. 25).