Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
Ausgewählte Literaturhinweise:
von Arps-Aubert, Aktuelle Brennpunkte bei der Bewertung von Mietwohngrundstücken nach dem BewG/Eine Betrachtung der wesentlichen Stellschrauben der Grundstückswertermittlung, NWB 2020, 3819; Eisele, Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz/Änderungen beim reformierten Bewertungs- und Grundsteuerrecht sowie bei der Grundbesitzbewertung, NWB 2021, 2903; Eisele, Steueränderungsgesetz 2015: Änderung des erbschaftsteuerlichen Bewertungsrechts/Verfahrensrechts, Betriebs- und Immobilienvermögen, NWB 2015, 3751; Ramb, Die Bedarfsbewertung der bebauten Grundstücke im Grundvermögen – Teil 1 und 2: Aktueller Überblick über das Ertragswert- und Sachwertverfahren, NWB 2016, 2453 und 2525.
1 Allgemeines
Rz. 1
Das Vergleichswertverfahren kommt nur für Grundstücke in Betracht, die mit weitgehend gleichartigen Gebäuden bebaut sind und bei denen sich der Grundstücksmarkt an Vergleichswerten orientiert. Es ist daher i. d. R. für Wohnungseigentum, Teileigentum sowie Ein- oder Zweifamilienhäuser anzuwenden (§ 182 Abs. 2 BewG).
Der gemeine Wert (Marktwert) wird dabei grds. aus tatsächlich realisierten Kaufpreisen von anderen Grundstücken abgeleitet, die hinreichend mit dem zu bewertenden Grundstück vergleichbar sind, bspw. hinsichtlich Lage, Nutzung, Bodenbeschaffenheit, Zuschnitt (Vergleichsgrundstücke, § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG). Diese Vorgehensweise trägt einer typisierenden und pauschalierenden Wertermittlung Rechnung. Das Erfordernis hinreichender (nicht absoluter) Übereinstimmung der Vergleichsgrundstücke mit dem zu bewertenden Grundstück dient nicht nur der Verwaltungsvereinfachung, sondern auch dazu, den Kreis der Vergleichsgrundstücke nicht über Gebühr einzuengen.
Rz. 2
Bei der Anwendung des Vergleichswertverfahrens wird der Grundbesitzwert des zu bewertenden bebauten Grundstücks entweder aus Vergleichspreisen für vergleichbare Grundstücke oder aus Vergleichsfaktoren abgeleitet. Beide Verfahren stehen gesetzessystematisch gleichrangig nebeneinander; es besteht ein Auswahlermessen. Der so ermittelte Vergleichswert bebauter Grundstücke umfasst den Boden- und Gebäudewert.
Rz. 3
vorläufig frei
2 Vergleichspreise (§ 183 Abs. 1 BewG)
Rz. 4
Im Vergleichspreisverfahren wird der Vergleichswert aus einer ausreichenden Zahl von geeigneten Vergleichspreisen ermittelt. Für die Ableitung der Vergleichspreise sind die Kaufpreise solcher Grundstücke heranzuziehen, die mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmende Grundstücksmerkmale aufweisen (Vergleichsgrundstücke). Ausnahmsweise kann auch ein Vergleichspreis genügen, wenn das Vergleichsgrundstück eine hinreichende Übereinstimmung aufweist (s. a. FG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 26.05.2020, s. Rn. 7).
Rz. 5
Eine hinreichende Übereinstimmung der Grundstücksmerkmale der Vergleichsgrundstücke liegt vor, wenn sie insb. hinsichtlich ihrer Lage, Art und ihrem Maß der baulichen Nutzung, Größe, des Erschließungszustands, der Gebäudeart und des Alters des Gebäudes mit dem zu bewertenden Grundstück weitgehend übereinstimmen bzw. die Abweichungen in sachgerechter Weise berücksichtigt werden können.
Rz. 6
Vorrangig ist auf die von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte mitgeteilten Vergleichspreise zurückzugreifen. Liegen mehrere Vergleichspreise vor, soll der Durchschnittswert angesetzt werden. Sofern der Gutachterausschuss nur Durchschnittskaufpreise (Kaufpreismittel) aus einer Vielzahl von Kauffällen einer Grundstücksart ohne Berücksichtigung unterschiedlicher wertbeeinflussender Grundstücksmerkmale abgeleitet hat, sind diese nach Verwaltungsauffassung als Vergleichspreise nicht geeignet (R B 183 Abs. 2 ErbStR).
Nachrangig kann auch auf andere der FinVerw vorliegende geeignete Unterlagen (z. B. aussagekräftige Kaufpreissammlungen) zu vergleichbaren Kauffällen zurückgegriffen werden (§ 183 Abs. 1 Satz 2 BewG).
Rz. 7
Als ein Vergleichspreis kann auch nach Auffassung der FinVerw der für das zu bewertende Grundstück tatsächlich innerhalb eines Jahres vor dem Bewertungsstichtag unter fremden Dritten erzielte Kaufpreis gelten, sofern zwischenzeitlich keine Änderungen der Wertverhältnisse eingetreten sind und dem Verkauf keine ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnisse zugrunde gelegen haben (H B 183 Abs. 2 ErbStH).
Wird ein Grundstück im Wege der sog. mittelbaren Grundstücksschenkung (R E 7.3 ErbStR) zugewandt, kann nach Meinung des FG Düsseldorf dessen tatsächlich zu zahlender Kaufpreis der Vergleichswert i. S. d. § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG sein (Gerichtsbescheid vom 26.05.2020, 11 K 3447/19 BG).
Begründung: § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG ist, so das FG Düsseldorf, dahingehend zu verstehen, dass ein einzelner Verkaufspreis als Vergleichswert ausreicht, wenn er das zu bewertende Grundstück selbst betrifft und zeitnah im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt wurde. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der tatsächliche Wert eines Grundstücks nur zugunsten der Steuerpflichtigen im Wege der Öffnungsklausel (§ 198 BewG) zu berücksichtigen sein sollte, aber nicht i. R.d. Vergleichswertverfahrens. Der Wortlaut des Gesetzes ...