Rentner dürfen bei Wiedereinstellung gegenüber jüngeren Bewerbern benachteiligt werden
Die Wiedereinstellung eines Bewerbers, dessen Arbeitsverhältnis aufgrund einer tarifvertraglichen Altersgrenze beendet wurde, kann wegen seines Alters abgelehnt werden, falls ein jüngerer qualifizierter Bewerber zur Verfügung steht. Dies entspricht dem mit der Altersgrenze verfolgten Ziel der ausgewogenen Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen.
Hintergrund
Die Parteien stritten über einen Anspruch eines Lehrers auf Zahlung einer Entschädigung wegen Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens. Der 1952 geborene Kläger war nach langjähriger Tätigkeit bei dem beklagten Land wegen Erreichens der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung seit Anfang des Jahres 2018 im Altersruhestand. Seitdem war er wiederholt im Rahmen befristeter Arbeitsverhältnisse als Lehrer für das beklagte Land tätig.
Als er sich 2021 wieder auf eine Stelle als Vertretungslehrer bewarb, wurde die Schulleitung von der zuständigen Behörde darauf hingewiesen, dass bei einer beabsichtigten Einstellung eines Bewerbers, der die Regelaltersgrenze überschritten hat, zu bestätigen sei, "dass sich sonst niemand mit einer Lehramtsbefähigung beworben habe oder … sehr detailliert und nachvollziehbar dargelegt und begründet [werden müsse], warum ggf. vorhandene Mitbewerber/-innen trotz einer vorhandenen Lehramtsbefähigung für die Übernahme der Vertretungsstelle weniger bzw. nicht ausreichend qualifiziert sind". Hintergrund war ein entsprechender Erlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen. Die Schulleitung beantragte daraufhin die Besetzung der Vertretungsstelle mit einem jüngeren Mitbewerber, der diese sodann auch erhielt.
Entscheidung
Zwar sei der Kläger wegen seines Alters unmittelbar benachteiligt worden. Die unterschiedliche Behandlung des Klägers wegen seines Alters war aber zulässig. Sie ist entsprechend der Norm objektiv und angemessen sowie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt.
Legitime Ziele sind demnach nur solche, die mit der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung im Zusammenhang stehen, und damit nur rechtmäßige Ziele aus dem Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik. Sie stehen als "sozialpolitische Ziele" im Allgemeininteresse. Bezüglich der Beendigung von Arbeitsverhältnissen ist anerkannt, dass Altersgrenzen individualvertraglich oder kollektivrechtlich wirksam vereinbart werden können. Das legitime Ziel liegt insoweit in der besseren Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen mittels einer Förderung des Zugangs jüngerer Menschen zur Beschäftigung. Diesen solle es ermöglicht werden, Arbeitserfahrung zu sammeln und in höhere Vergütungsgruppen aufzusteigen.
Das legitime Ziel der ausgewogenen Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen kann auch die Verweigerung der Wiedereinstellung eines aufgrund einer Altersgrenze bereits ausgeschiedenen Beschäftigten rechtfertigen. Die Zielsetzung ist identisch. Die einschlägige Regelung des geltenden Tarifvertrags entspricht insoweit dieser Zielsetzung.
Außerdem würde die kurze Kündigungsfrist des geltenden Tarifvertrags verdeutlichen, dass die Tarifvertragsparteien keine dauerhafte Weiterbeschäftigung bereits ausgeschiedener Beschäftigter vor Augen hatten, sondern nur eine vorübergehende Weiterbeschäftigung bei besonderem Bedarf. Der Tarifvertrag eröffnet demnach die Wiedereinstellung bereits ausgeschiedener Beschäftigter bei einem solchen Bedarf und fehlenden – hinreichend qualifizierten – jüngeren Bewerbern. Sind jedoch jüngere Bewerber vorhanden, so dürfen diese bevorzugt werden. Eine Auswahlentscheidung nach den Kriterien der Bestenauslese ist insoweit nicht vorzunehmen.