Entscheidungsstichwort (Thema)
In der Schweiz ansässiger Autoverkäufer eines Schweizer Unternehmens als Zollschuldner infolge vorschriftswidrigen Verbringens eines drittländischen Kraftfahrzeugs in das Zollgebiet der Union. bereits kurzzeitige oder geringfügige „Verwendung” schließt Erlöschen der Zollschuld nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK aus. Begriff der Verwendung
Leitsatz (redaktionell)
1. Verkauft ein in einem Drittland (hier: Schweiz) ansässiges Unternehmen ein Luxusauto, das der ebenfalls in dem Drittland ansässige Käufer während seines Urlaubs in einem EU-Staat nutzen will und das nach dem Kaufvertrag kurz nach der deutsch-schweizerischen Grenze in Deutschland an eine mit dem Weitertransport zum Urlaubsort des Käufers beauftragte Spedition übergeben werden soll, trägt bis zur Übergabe des Fahrzeugs das Schweizer Unternehmen die Gefahr für den Untergang oder die Wertminderung des Fahrzeugs und fährt der Autoverkäufer des in der Schweiz ansässigen Unternehmens das Fahrzeug selbst mit einem – nach der Übergabe wieder abmontierten – Garagenkennzeichen zum vereinbarten Übergabeort in Deutschland, so muss er das Fahrzeug an der Grenze nach Art 139 Abs. 1 UZK gestellen und nach Art. 158 Abs. 1 UZK eine ausdrückliche Zollanmeldung abgeben; es liegt insoweit kein Fall einer vorübergehenden Verwendung im Sinne des Art. 250 UZK vor.
2. Verletzt der Verkäufer des schweizerischen Unternehmens an der Grenze seine Verpflichtung zur Gestellung des Fahrzeugs und zur Abgabe einer Zollanmeldung, entsteht nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK eine Einfuhrzollschuld. Der Fahrer des Luxusautos, der das Fahrzeug unmittelbar in das Zollgebiet Union verbracht hat und dabei die Verpflichtungen in Bezug auf die Beförderung (Art. 135 Abs. 1 UZK) und die Gestellung der Ware (Art. 139 Abs. 1 Buchst. a UZK) selbst zu erfüllen hatte, ist – ggf. neben weiteren Personen – auch Zollschuldner nach Art. 79 Abs. 3 Buchst. a UZK.
3. Eine das Erlöschen der Zollschuld nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK ausschließende „Verwendung” von Waren liegt vor, wenn die Waren (teilweise) Eingang in den Wirtschaftskreislauf der Union gefunden haben. Eine Verwendung ist bereits anzunehmen, wenn die Ware im Zollgebiet der Union kurzzeitig genutzt wird, ohne dass sie ihrer Substanz nach verbraucht wird (im Streitfall: schädliche Verwendung dadurch, dass der Verkäufer und Zollschuldner das Fahrzeug auf eigener Achse von der Grenze 2 km bis zum Übergabeort in Deutschland gefahren hat). Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass nur geringfügige Verwendungen für das Erlöschen der Zollschuld unschädlich sein sollen (Abgrenzung zu FG München, Urteil v. 9.4.2019, 14 K 2649/16).
Normenkette
UZK Art. 5 Nr. 33, Art. 79 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 Buchst. a, b, Art. 124 Abs. 1 Buchst. k, Abs. 6, Art. 134 Abs. 1 Uabs. 1, Art. 139 Abs. 1, Art. 158 Abs. 2, Art. 250 Abs. 2 Buchst. d; UZK-DelVO Art. 141 Abs. 1 Buchst. b; UZK-DelVO Art. 139 Abs. 1; UZK-DelVO Art. 136 Abs. 1 Buchst. a; UZK-DelVO Art. 212 Abs. 2 S. 2; UZK-DelVO Art. 212 Abs. 3; UZK-DelVO Art. 218; ZollV § 7 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, der seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, wendet sich gegen die Festsetzung von Einfuhrabgaben für ein Kraftfahrzeug.
Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Einfuhr war er bei der Firma X. AG, A, Schweiz, als Autoverkäufer angestellt. In deren Namen verkaufte er mit Vertrag vom xx.xx. 2016 ein Luxus-Fahrzeug an den finnischen Staatsbürger F, der bis zum Jahr 2018 seinen ersten Wohnsitz ebenfalls in der Schweiz hatte. Der Kaufpreis betrug 267.690 CHF und sollte teilweise durch Inzahlunggabe eines gebrauchten BMW erbracht werden. F., der sich im Urlaub in Finnland aufhielt, hatte mit der Abwicklung des Kaufs die Firma C. in U., Finnland, beauftragt. Diese bzw. ihr Geschäftsführer Z verhandelte für F. die Konditionen des Kaufvertrages und stimmte Details wie die Zulassung und den Transport des Fahrzeugs telefonisch und per E-Mail mit dem Kläger ab (vgl. E-Mail-Schriftverkehr, Bl. 176 ff. FG-Akte). Der Kläger ließ das Luxusauto […] am xx.xx. 2016 auf F in der Schweiz zu (Fahrzeugausweis, Bl. 39 HZA-Akte Heft I). Die Zulassung erfolgte auf das Wechselkennzeichen […], auf das bereits der BMW zugelassen war. Da F. das Luxusauto an seinem Urlaubsort nutzen, dessen Laufleistung aber nicht erhöhen wollte, sollte das Fahrzeug nicht auf eigener Achse nach Finnland transportiert werden. C. beauftragte daher das estnische Speditionsunternehmen D. in N., Estland, mit der Durchführung des Autotransports (vgl. Frachtbrief, Bl. 131 FG-Akte). Im Kaufvertrag wurde diesbezüglich unter „Bemerkungen und spezielle Abmachungen” vereinbart, dass die Fahrzeugübergabe (erg. an den Spediteur) voraussichtlich in K. (Deutschland) stattfinde und das Luxusauto dorthin bewegt werde; der genaue Termin werde noch bekannt gegeben (Bl. 231 ...