Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagebefugnis eines das Erbe nach der Ehefrau ausschlagenden Witwers
Leitsatz (amtlich)
Der das Erbe nach der Ehefrau ausschlagende Witwer ist durch einen die verstorbene Ehefrau betreffenden Gewinnfeststellungsbescheid nicht beschwert.
Normenkette
AO § 350; FGO § 40 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger berechtigt ist, die für seine im Februar/März 1995 verstorbene Ehefrau (Verstorbene) durchgeführte gesonderte Gewinnfeststellung 1993 anzufechten.
Die Verstorbene hatte im Jahre 1993 einen Gemüsehandel erworben und ab dem 01.12.1993 als Einzelunternehmerin betrieben. Die Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung 1993 gab die Verstorbene am 1. Juli 1994 beim Beklagten ab (Gewerbesteuerakte Blatt 19). Der Erklärung war eine Einnahmeüberschussrechnung für den Zeitraum 01.12. bis 31.12.1993 beigefügt, die einen Verlust von 13.825,20 DM auswies (GewSt-A Blatt 24). Am 30.01.1994 verkaufte die Verstorbene den Betrieb wieder. Im Fragebogen zur Betriebsveräußerung wurde ein Veräußerungserlös von 40.000 DM angegeben. Der Kläger weiß nicht, warum die Verstorbene den Betrieb veräußert hat, er vermutet der Betrieb habe sich nicht rentiert.
Der Kläger lebte seit März 1993 von der Verstorbenen getrennt. Er beantragte bei dem für die Einkommensbesteuerung zuständigen Finanzamt A im Rahmen der Zusammenveranlagung die Berücksichtigung eines Verlustes aus Gewerbebetrieb der Verstorbenen in Höhe von 75.710 DM (Rechtsbehelfsakte Blatt 2). Der Kläger hat das Erbe nach der Verstorbenen ausgeschlagen. Alleinerbin der Verstorbenen ist deren in Amerika lebende Mutter.
Mit Bescheid vom 17.04.2002 erfolgte die gesonderte Feststellung des Gewinns der Verstorbenen aus dem Betrieb des Gemüsehandels für 1993 (Gewerbesteuerakte Blatt 65). Dieser Bescheid wurde der Alleinerbin in den USA laut Mitteilung des dortigen Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland am 13. Mai 2002 zugestellt (Gewerbesteuerakte Blatt 70). Die Alleinerbin legte keinen Einspruch ein.
Mit Schreiben vom 22. Mai 2002 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Einspruch ein (Rechtsbehelfsakte Blatt 2). Der festgestellte Verlust von 13.825 DM sei nicht zutreffend, der Verlust betrage in Wirklichkeit 75.710 DM. Das ergebe sich aus der zusätzlich eingereichten überarbeiteten Einnahmeüberschussrechnung.
Mit Einspruchsentscheidung vom 25.09.2003 wurde der Einspruch zurückgewiesen. Es bestünden Zweifel an der Zulässigkeit des Einspruches, auf jeden Fall sei der Einspruch aber unbegründet, denn der Kläger sei durch den gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid für die Verstorbene nicht beschwert.
Mit der Klage vom 25.10.2003 begehrte der Kläger zunächst die Feststellung eines Verlustes aus Gewerbebetrieb 1993 in Höhe von 75.710 DM. Nach der am 07.09.2004 vorgelegten Einnahmeüberschussrechnung soll der Verlust 85.793,70 DM betragen haben. Die bisherige Berechnung sei um das in den Steuerakten enthaltene Zahlenwerk ergänzt worden. Die Einspruchsbefugnis des Klägers ergebe sich aus der Tatsache, dass er mit der Verstorbenen für das Jahr 1993 zusammen veranlagt werde. Damit würden auch die vom Beklagten festgestellten Einkünfte der Verstorbenen dem Kläger mit allen steuerlichen Folgen zugerechnet. Wenn der von dem Kläger errechnete Verlust nicht in der erklärten Höhe festgestellt werde, ergebe sich bei seiner Einkommensbesteuerung ein unmittelbarer steuerlicher Nachteil von 2.833,48 EUR sowie zusätzliche Steuererstattungsansprüche, die aus dem Verlustabzug nach § 10d EStG folgten (FG Akte Blatt 2). Ausschließlich der Kläger sei durch den Feststellungsbescheid beschwert, denn die Verstorbene habe keine Einkommensteuervorauszahlungen geleistet. Sämtliche Steuererstattungsansprüche für 1993 aus der Zusammenveranlagung beruhten auf Steuerabzugsbeträgen des Klägers. Damit stünden sämtliche Steuererstattungsansprüche, die sich auf Grund der festgestellten Einkünfte ergeben, allein dem Kläger zu (Hinweis auf Kirchhof EStG § 26b Tz. 35).
Dem Kläger hätte auch zu Lebzeiten der Verstorbenen ein Anfechtungsrecht zugestanden, denn er hätte ihr gegenüber einen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Geltendmachung eines höheren Gewerbeverlustes gehabt. Außerdem verlange § 350 AO keine rechtliche Beschwer des Anfechtenden, sondern nur eine Beschwer. Dementsprechend werde auch im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 350 unter Ziffer 5 gesagt, dass nicht nur derjenige beschwert sein könne, für den ein Verwaltungsakt bestimmt sei, sondern auch derjenige, der vom ihm betroffen sei. Der Kläger sei im Rahmen der Zusammenveranlagung von dem angegriffenen Feststellungsbescheid auf jeden Fall wirtschaftlich betroffen. Da im Steuerrecht die wirtschaftliche Betrachtungsweise gelte, müssten auch verfahrensrechtliche Fragen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ge...