Entscheidungsstichwort (Thema)
Filialbetrieb als Teil des produzierenden Backwarenherstellungsbetriebes
Leitsatz (redaktionell)
- Die durch selbstständige Gewerbetreibende in Kommission betriebenen Filialen einer Großbäckerei sind nicht Teil des zum produzierenden Gewerbe gehörenden Backwarenherstellungsbetriebes und werden daher nicht von einer der Großbäckerei für ihre eigenen betrieblichen Zwecke erteilten Erlaubnis zum Betrieb von steuerbegünstigten Strom umfasst.
- Die Entnahme des Stroms in den Filialen erfolgt durch rechtlich selbstständige Unternehmer für deren eigene betriebliche Zwecke, auch wenn die Großbäckerei die Lieferverträge mit dem Energieversorgungsunternehmen geschlossen hat.
- Im Rahmen der Begriffsbestimmung des § 2 Nr. 4 StromStG ist auf die rechtliche Selbstständigkeit eines Unternehmens, wie sie in der jeweiligen zivilrechtlichen Organisationsform zum Ausdruck kommt abzustellen.
Normenkette
StromStG § 2 Nr. 4, § 9 Abs. 4, 3, § 2 Nr. 3
Streitjahr(e)
1999
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist eine bekannte deutsche Großbäckerei. Sie vertreibt ihre Backwaren in Filialen, die - soweit sie im vorliegenden Verfahren noch streitgegenständlich sind - durch selbständige Kommissionäre betrieben werden.
Streitig ist, ob die Klägerin berechtigt ist, für diese Filialbetriebe die Erteilung von Erlaubnisscheinen gemäß § 9 Abs. 4 Stromsteuergesetz zum Bezug von steuerbegünstigtem Strom im Rahmen eines Betriebes des produzierenden Gewerbes zu beanspruchen. Da die hier maßgeblichen Bestimmungen des Stromsteuergesetzes nicht von Änderungen betroffen waren, ist eine Abgrenzung hinsichtlich der jeweiligen Geltungsdauer nicht erforderlich.
Unter dem 29. März 1999 beantragte die Klägerin die Erlaubnis zur Entnahme von ermäßigt versteuertem Strom gemäß § 9 Abs. 3 Stromsteuergesetz (Verwaltungsakten Blatt 1). Dieser Antrag ist ausdrücklich nur für den Produktionsbetrieb X ohne Filialen gestellt worden.
Mit Verfügung vom 14. April 1999 erteilte das damals zuständige Hauptzollamt Y widerruflich den Erlaubnisschein Nr. … rückwirkend zum 1. April 1999. Auf den weiteren Inhalt dieser Verfügung wird in Zusammenhang mit verfahrensrechtlichen Fragen einzugehen sein.
Noch im April 1999 muss es zwischen Herrn A als Assistenten der Geschäftsleitung der Klägerin sowie Herrn B als mit der Angelegenheit befasstem Sachbearbeiter auf Seiten der damals zuständigen Verwaltungsbehörde Gespräche gegeben haben, in denen es um die Filialbetriebe ging. Dies ergibt sich aus dem in den Verwaltungsunterlagen befindlichen Schreiben der Klägerin vom 20. April 1999, in dem auf ein solches Telefongespräch Bezug genommen wird. In dem genannten Schreiben wird als Sachverhalt bestätigt, dass die Klägerin Mieterin von ca. 230 Standorten sei, die im weiteren Einzugsgebiet betrieben würden. In dem Schreiben wird weiter die Verschmelzung mit den Firmen C-GmbH sowie D-GmbH beschrieben. Danach heißt es dann „ .... es wird daher (in wenigen Wochen) nur noch eine Gesellschaft geben, nämlich die „E-GmbH”, die entsprechend als einzige juristische Person Mieter aller unserer Filialen sein wird.”
Nachdem die Klägerin eine Filialliste übersandt hatte, erfolgte am 30. April 1999 die Nachfrage, ob die Filialen Zweigstellen der Firma (angemietete Räume und eigenes Personal) seien oder rechtlich selbständig betrieben würden.
Die Klägerin teilte dazu unter dem 4. Mai 1999 mit, dass die Räumlichkeiten der Filialen von ihr angemietet und auch unterhalten würden. Die in den Filialen tätigen Arbeitskräfte zählten nicht zum Personal der Klägerin. Die Filialen würden selbständig betrieben.
Mit Schreiben vom 7. Mai 1999 legte die Verwaltungsbehörde ihre Rechtsauffassung dar. Selbständig betriebene Filialen seien als Unternehmen im Sinne des Stromsteuergesetzes anzusehen und müssten demzufolge selbst jeweils einen separaten Antrag stellen, sofern die Voraussetzungen, die in einem Zusatz genannt werden, erfüllt seien. Daraufhin beschrieb Herr A die firmenrechtliche Konstruktion dahingehend, dass die Kommissionäre - nunmehr wird dieser Begriff in Anführungszeichen gesetzt - „als Betreiber” von der Klägerin eingesetzt würden, um „auf Rechnung der E-GmbH” (diese Unterstreichung ist nicht hinzugefügt) als selbständige Gewerbetreibende die Filialen zu führen. Weiter heißt es in diesem Schreiben dann, dass daher die E-GmbH die kleinste bilanzierende rechtliche Einheit sei, die die Stromrechnung aller Filialen auch tatsächlich bezahlen würde.
In der Folgezeit stellte die Verwaltungsbehörde 92 Mehrstücke des Erlaubnisscheines aus. Einzelnen Mehrstücken sind Listen angeheftet, auf denen mehrere Filialbetriebe genannt sind.
Im Januar 2001 erbat die Klägerin die Ausstellung eines neuen Erlaubnisscheines, weil künftig die Stromversorgung des Hauptwerkes in X und alle Filialen durch einen einzigen Stromlieferanten erfolgen solle. Dies führte zu einer erneuten Rückfrage der Verwaltungsbehörde im Hinblick auf die Frage, ob bei dieser...