Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung. Zweckwidrige Verwendung eines Lkw durch Binnentransport. Einfuhrabgaben
Leitsatz (redaktionell)
1. Will ein tschechisches Speditionsunternehmen die Bewilligung zur vorübergehenden Verwendung gewerblich genutzter Straßenfahrzeuge in der Gemeinschaft unter vollständiger Befreiung von Einfuhrabgaben in Anspruch nehmen und erfolgt aber auf Veranlassung eines inländischen Speditionsunternehmen, desssen Gesellschafter an dem tschechischen Unternehmen ebenfalls beteiligt sind, im Inland unter vollständiger Be- und Entladung die Aufnahme von Gemeinschaftsware und eine innergemeinschaftliche Beförderung, so entstehen die Eingangsabgaben in der Person des tschechischen Unternehmen; denn diesem ist grobe Fahrlässigkeit anzulasten, wenn es als international tätiges und täglich mit Aus- und Einfuhranmeldungen umgehendes Speditionsunternehmen nicht ausnahmslos für die Einhaltung der ihr für den Sattelzug bewilligten vorübergehenden Verwendung durch den Fahrer sorgt. Zollschuldner ist das tschechische Unternehmen als Inhaber des Zollverfahrens auch dann, wenn der Fahrer eigenmächtig den Binnentransport vorgenommen haben sollte oder abredewidrig von dem inländischen Auftraggeber des Transports zu der Be- und Entladung angewiesen worden ist.
2. Der Zollwert ist in einem solchen Fall mangels anderer Anhaltspunkte anhand von kaufmännischen oder sachlich begründeten Kriterien zu schätzen (hier: auf deutschen Kostenfaktoren und Berechnungsgrundlagen beruhende Schätzung anhand des Marktwerts vergleichbarer gebrauchter Fahrzeuge).
Normenkette
ZK Art. 204 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3; EWGV 2913/92 Art. 204 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3; ZK Art. 4 Nr. 16 Buchst. f.; EWGV 2913/92 Art. 4 Nr. 16 Buchst. f.; ZKDV Art. 558 Abs. 1 Buchst. c; EWGV 2454/93 Art. 558 Abs. 1 Buchst. c; ZKDV Art. 234 Abs. 1; EWGV 2454/93 Art. 234 Abs. 1; ZKDV Art. 233; EWGV 2454/93 Art. 233 Abs. 1; ZK Art. 31 Abs. 1, Art. 4 Nr. 21; EWGV 2913/92 Art. 4 Nr. 21, Art. 31 Abs. 1; ZKDV Art. 859 Nr. 4; EWGV 2454/93 Art. 859 Nr. 4; ZKDV Art. 718 Abs. 7 Buchst. c; EWGV 2454/93 Art. 718 Abs. 7 Buchst. c
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob für eine im Verfahren der vorübergehenden Verwendung in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführte Sattelzugmaschine Eingangsabgaben entstanden sind, weil mit ihr ein innergemeinschaftlicher Transport durchgeführt wurde.
Die Klägerin, eine Spedition, hat ihren Sitz in Tschechien. Gesellschafter sind u. a. auch Gesellschafter der in Deutschland ansässigen Fa. X Spedition GmbH in B (X Deutschland).
Die mobile Kontrollgruppe des Beklagten überprüfte am 19. September 2001 den auf die Klägerin zugelassenen Sattelzug. Dabei wurde – unstreitig – festgestellt, dass der Sattelzug am 14. September 2001 12 Paletten Transportgut bei der Firma C in A-Stadt (Saarland) abgeholt hatte. Ursprünglich sollte der Lkw auf seinem Rückweg in die Tschechei noch Sammelgut im Lager der Fa. X Deutschland aufnehmen. Auf Anweisung der Disposition der Fa. X Deutschland erfolgte jedoch in B dessen vollständige Entladung. Danach wurde das Fahrzeug zur Aufnahme einer Komplettladung nach D zur Fa. AA geschickt, um von dort nach Tschechien zurückzufahren.
Nach Auffassung der mobilen Kontrollgruppe des Beklagten hat die Klägerin mit der streitigen Zugmaschine einen in C beginnenden und in B endenden nicht bewilligten innergemeinschaftlichen Verkehr durchgeführt. Der Beklagte folgte dieser Rechtsauffassung. Die Zugmaschine sei entgegen den Bestimmungen über die vorübergehende Verwendung von Beförderungsmitteln gem. Art. 558 Abs. 1 Buchst. c) der Verordnung Nr. 2454/93 (EWG) der Kommission mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (EWG) des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK-DVO) zu einem unerlaubten innergemeinschaftlichen Verkehr genutzt worden. Aus diesem Grund sei für sie nach Art. 204 Abs. 1 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 2913/92 (EWG) des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK) die Einfuhrabgaben entstanden. Der Beklagte schätzte den Warenwert der Zugmaschine mit 60.000 DM und setzte Einfuhrabgaben von insgesamt 24.912 DM fest. Auf die Tarifierung und die Berechnungen im Bescheid vom 25. Oktober 2001, Blatt 17 der Akte des Hauptzollamtes (HZA), wird Bezug genommen.
Den hiergegen gerichteten Einspruch vom 30. Oktober 2002 wertete der Beklagte zugleich als Antrag auf Erlass der Eingangsabgaben gem. Art. 236 Abs. 2 ZK, den er mit Bescheid vom 11. März 2002 ablehnte. Das Fahrzeug sei innerhalb des bewilligten Zollverfahrens zweckwidrig verwendet worden. Die Zollschuldnerschaft der Klägerin, die für ihren LKW das Zollverfahren der „vorübergehenden Verwendung” in Anspruch genommen habe, ergäbe sich aus Art. 204 Abs. 3 ZK. Di...