Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Anerkennung von zwischen nahen Angehörigen abgeschlossenen Miet- und Darlehensverträgen bei zuvor unentgeltlich eingeräumtem Wohnrecht, fehlender Sicherung des Baudarlehens, Auszahlung des Darlehens vor Vertragsabschluss und gegenseitiger Verrechnung der Ansprüche aus den Verträgen
Leitsatz (redaktionell)
1. Der steuerlichen Anerkennung eines zwischen Angehörigen abgeschlossenen Mietvertrages über eine Wohnung steht nicht entgegen, dass den Mietern zuvor ein unentgeltliches Wohnungsrecht über diese Wohnung eingeräumt worden ist, welches nach der Vereinbarung der entgeltlichen Nutzungsüberlassung die Gewährung des Mietrechts auf Lebenszeit sichert.
2. Einer bürgerlich-rechtlich wirksam unter nahen Angehörigen abgeschlossenen Darlehensvereinbarung ist bei ansonsten dem Fremdvergleich standhaltenden Zins-, Tilgungs- und Zahlungsmodalitäten nicht deshalb die einkommensteuerrechtliche Anerkennung zu versagen, weil das Darlehen nicht verkehrsüblich gesichert ist, wenn das Darlehen von Volljährigen und voneinander insbesondere wirtschaftlich unabhängigen Verwandten zur Finanzierung eines Bauvorhabens und damit wie von Fremden hingegeben wird (hier: Finanzierung der Herstellung eines Zweifamilienhauses, in welchem die Darlehensgläubiger eine der beiden Wohnungen von dem Darlehensschuldner mieten).
3. Wird das Darlehen bereits vor Abschluss des Darlehensvertrages ausgezahlt und verwendet, liegt darin keine steuerlich unwirksame Rückwirkung, wenn der zivilrechtlich wirksame und dem Fremdvergleich standhaltende Darlehensvertrag für den Zeitraum der Geltendmachung steuerlicher Konsequenzen - Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften - vorliegt.
4. Eine zivilrechtlich mögliche Aufrechnung der unter nahen Angehörigen gegenseitig bestehenden, aus wirksamen und steuerrechtlich anzuerkennenden Miet- und Darlehensverträgen resultierenden Ansprüche ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn zwei wirtschaftlich unterschiedliche Rechtsverhältnisse vorliegen, so dass darin kein wirtschaftlich sinnloses Hin und Her zu sehen ist.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AO 1977 § 42; EStG § 9 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Verträgen unter nahen Angehörigen.
Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren (1994 und 1995) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Auf Grund des notariellen Vertrages vom 7. Juli 1992 erwarben der Kläger und seine Eltern, Hans und Birgit Müller das Grundstück in A-Stadt, Veilchenweg 6 zum Miteigentum zu je 1/3 (Bl. 11 der Vertragsakten des Beklagten). Die Erwerber wurden am 04.05.1993 in das Grundbuch eingetragen. Durch notariellen Vertrag vom 7. Juni 1993 (Bl. 19 ff der Vertragsakten) überließen die Eltern des Klägers ihren Miteigentumsanteil am Grundstück Veilchenweg 6 den Klägern, und zwar in der Weise, dass die Kläger am Grundstück Miteigentum zu gleichen Teilen erhielten. Zugleich verpflichteten sich die Kläger, den Eltern des Klägers ein Wohnungsrecht für diese als Berechtigte auf Lebenszeit einzuräumen und grundbuchlich sichern zu lassen. Schuldrechtlich vereinbarten die Beteiligten in gleicher Urkunde, dass dieses Wohnungsrecht für den Berechtigten unentgeltlich sein sollte. Der Eigentümerwechsel wie auch das Wohnungsrecht wurden am 14. Juli 1993 in das Grundbuch eingetragen.
Die Kläger bebauten das Grundstück mit einem Zweifamilienhaus und bezogen es am 30.12.1994. Zur Finanzierung des Bauvorhabens nahmen sie am 03.06.1994 bei der Sparkasse ein Darlehen von 250.000 DM auf, das durch eine Buchgrundschuld gesichert wurde (Vertragsakten, Bl. 35 ff). Zuvor, nämlich bereits am 30.04.1994, schlossen die Kläger mit den Eltern des Klägers einen Vertrag über ein Tilgungsdarlehen in Höhe von 300.000 DM ab. Es wurde eine Tilgung von 1. v.H. jährlich des Darlehensbetrags und ein Zinssatz von 5 v.H. vereinbart. Die jährlichen Leistungsraten von 18.000 DM sollten in monatlichen Teilbeträgen von 1.500 DM gezahlt werden, und zwar ab dem 01.01.1995. Zur Sicherheit sollte den Darlehensgebern ein Wohnrecht auf Lebenszeit gewährt werden (Bl. 45 u. 46 der Vertragsakte des Beklagten). Die Eltern des Klägers zahlten das Darlehen in Teilbeträgen – je nach Baufortschritt – bereits am 26. 8. 1993 in Höhe von 30.000 DM, am 10. 9. 1993 in Höhe von 225.000 DM und am 30. 9. 1993 in Höhe von 45.000 DM aus.
Seit dem 01.01.1995 bewohnen die Eltern des Klägers die zweite Wohnung des Hauses. In Bezug auf diese Wohnung hatten die Kläger mit den Eltern des Klägers am 30.12.1994 einen Mietvertrag abgeschlossen. Es sollte ein Mietrecht auf Lebenszeit gewährt werden, gesichert durch das eingetragene Wohnrecht (vgl. im Einzelnen den Mietvertrag, Bl. 42 ff der Vertragsakte).
In den Einkommensteuererklärungen 1994 und 1995 machten die Kläger Werbungskostenüberschüsse aus Vermietun...