Marc Dreßler, Frode Hobbelhagen
Zusammenfassung
Auch kleine Unternehmen (KMU) sollten ESG-Controlling nutzen. Es verbessert die strategische Situation der Unternehmen und erhöht die Resilienz in den aktuell schwierigen Zeiten. Im Beitrag wird die Vorgehensweise zur Einrichtung eines ESG-Controllings Schritt für Schritt dargestellt. Ein Schwerpunkt ist die Ableitung geeigneter Kennzahlen. Der Ablauf wird anhand der Weinbau-Branche erläutert, ist aber allgemeingültig und kann ohne Probleme auf andere Branchen übertragen werden.
1 Warum ein ESG-Controlling für Kleinbetriebe Sinn ergibt
Kleine Unternehmen sollten ESG-Controlling (Environment – Social – Governance) als strategisches Instrument verstehen und nutzen. Nachhaltiges Unternehmertum sichert die angestrebte Transformation zu nachhaltigem Wirtschaften und verbessert die strategische Steuerung von Kleinunternehmen. In aktuell fordernden Zeiten können kleine Betriebe ihre Resilienz durch strategisches Nachhaltigkeitsmanagement stärken, was angesichts der Relevanz von KMU (Klein- und Mittelständische Unternehmen) für die Wirtschaft und die Gesellschaft dringend geboten ist.
Im Folgenden wird ein Leitfaden zum ESG-Controlling am Beispiel der Weinbranche vorgestellt, wobei die grundlegenden Überlegungen für alle Branchen adaptierbar sind. Die Weinproduktion in Deutschland ist mit über 10.000 Erzeugerbetrieben nicht konzentriert und durch überwiegend kleine Familiebetriebe geprägt, die insbesondere im lokalen Umfeld eine Beschäftigungsrolle spielen, für regionale Identifikation, ein für Einheimische und Touristen attraktives Landschaftsbild und für Genusswelten sorgen.
2 Fünf Vorteile von ESG-Controlling für KMU
ESG ist kein Trend. Es ist eine Frage der unternehmerischen Verantwortung, was sich in Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen, Produkten und gelebter Unternehmensethik niederschlägt. Es geht darum, langfristig Werte zu schaffen, Ressourcen zu schonen und Risiken zu minimieren. Nachhaltigkeit bietet dabei die Möglichkeit zur Differenzierung im Markt. Ein strategisch fundiertes, in operativen Maßnahmen verankertes Nachhaltigkeitsengagement erlaubt eine belastbare Kommunikation mit Kunden und Partnern, um deren steigendes Interesse an Nachhaltigkeit und Transparenz zu befriedigen. ESG-basierte Betriebssteuerung sollte mit einer betriebsindividuellen Analyse der Motivation starten: Was wollen wir mit ESG-Controlling erreichen und mit welchen Zielen führen wir ESG-Controlling ein?
- Obwohl es für kleinere Unternehmen keine Berichtspflicht gibt, erreichen auch sie Kundenanfragen zu Nachhaltigkeitsthemen, wie zum Beispiel der CO2-Emmission in Verbindung mit den angebotenen Produkten oder Dienstleistungen. Mit einem funktionierenden ESG-Controlling kann man derartige Anfragen beantworten. Gleiches gilt für Anfragen über die Lieferkette.
- Die Erwartungen der Kunden an das Unternehmen sollten das Geschäftsmodell bestimmen. Man muss die Kunden "verstehen". So können Innovationen frühzeitig angegangen werden.
- Die Kreditgeber können mit Informationen zur nachhaltigen Entwicklung versorgterden und das Unternehmen erreicht dadurch eine günstigere Finanzierung.
- Nachhaltige Unternehmen haben weniger Probleme Fachkräfte zu finden, die Mitarbeiterbindung ist höher und das Betriebsklima kann gesteigert werden.
- Keine Angst vor Stakeholder-Dialogen mit Kunden, Lieferanten, Behörden oder Investoren.
Aufbauend auf den Zielen wird eine ESG-Strategie abgeleitet. Hierbei wird die Positionierung im Sinne von Nachhaltigkeit konkretisiert, das Ambitionsniveau in den Nachhaltigkeitsbereichen festgelegt und die angestrebten Zielzustände mit grundlegenden Eckpfeilern zur Erreichung dieser Ambitionen festgelegt. Die ESG-Strategie bestimmt auch, welche unternehmerischen Wertschöpfungspotenziale gesehen werden und was davon in welchem Zeitraum wie abgeschöpft werden soll. Strategien sichern die Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen als Voraussetzung für eine nachhaltige Existenz.
Empirische Analysen untermauern, dass sich Nachhaltigkeit für Weinerzeuger auszahlen kann (Abb. 1): Weingüter, die der ökologischen Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert beimessen, warten bei den Erfolgskennzahlen mit höherer Zufriedenheit auf und sind erfolgreicher bei der Gewinnung neuer Märkte. Betriebe, die sich besonders der sozialen Nachhaltigkeit verschreiben, weisen bei den Erfolgskriterien Neukundengewinnung und Bestandskundensicherung, die im zunehmenden Verdrängungsmarkt für eine Betriebssicherung ausschlaggebend sind, die besten Ergebnisse aus. Wenn Produzenten hingegen der ökonomischen Nachhaltigkeit weniger Beachtung schenken, dann sind die Betriebsergebnisse und die Kostensituation nicht zufriedenstellend.
Abb. 1: Bedeutung der 3-Säulen von Nachhaltigkeit und Erfolgsindikatoren am Beispiel der Weinwirtschaft (Befragungsergebnisse)
3 Implementierung eines ESG-Controllings: Nachhaltigkeitsindikatoren
Die in der ESG-Strategie festgelegten Leitplanken sind über konkrete Maßnahmen zu operationalisieren und hinsichtlich der Implementierung und der Zielerreichung durch ein ESG-Controlling zu steuern. ESG-Controlling konkretisiert und misst die Verfolgung des 3-Säulen-Modells der Nachhaltigkeit (Ökologie – Soziale...