Kommentar
Der BFH hatte im September 2009 festgestellt, dass eine natürliche Person einen Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke bereits dann hat, wenn der Antragsteller ernsthaft erklärt, ein selbstständiges gewerbliches oder berufliches Tätigwerden zu beabsichtigen. Da die Erteilung der Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke regelmäßig Voraussetzung für ein solches Tätigwerden ist, kann sie nicht davon abhängig gemacht werden, dass eine entsprechende Tätigkeit bereits aufgenommen wurde. Etwas anderes kann nach Auffassung des BFH nur dann gelten, wenn es sich um offensichtliche Missbrauchsfälle handelt (z. B. zur Erschleichung eines Vorsteuerabzugs für zu privaten Zwecken bezogene Leistungen).
Das Urteil wurde jetzt im BStBl veröffentlicht. Gleichzeitig stellt das BMF in seinem Schreiben aber klar, dass es bei der bisherigen Verwaltungspraxis bleiben will und zur Verhinderung der umsatzsteuerrechtlichen Registrierung nicht existenter Unternehmen die Anträge auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke weiterhin auf Schlüssigkeit und Ernsthaftigkeit prüfen will.
Die Prüfung ist unabhängig davon, ob es sich um natürliche Personen oder um Personen- oder Kapitalgesellschaften handelt.
Das Finanzamt soll Anträge auf Erteilung einer Steuernummer für umsatzsteuerrechtliche Zwecke zeitnah und umfassend prüfen. Soweit Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Ausführung unternehmerischer Tätigkeiten bestehen, soll durch weitere Maßnahmen (z. B. Anforderung weiterer Unterlagen oder Durchführung einer unangekündigten Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b UStG) überprüft werden, ob die Voraussetzungen der Unternehmereigenschaft nach § 2 UStG gegeben sind.
Die Unternehmereigenschaft besteht nicht erst ab Ausführung eigener entgeltlicher Leistungen, sondern schon mit dem ersten nach außen hin in Erscheinung treten (Abschn. 19 Abs. 1 UStR). Ein "nach außen in Erscheinung treten" wird sich im Regelfall auch schon durch die Inanspruchnahme von Leistungen am Markt ergeben.
Konsequenzen für die Praxis
Tatsächliche Änderungen in der Verwaltungspraxis bei der Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke werden sich aller Voraussicht nach nicht ergeben. Auch bisher schon hat die Finanzverwaltung geprüft, ob eine ernsthafte Einnahmeerzielungsabsicht vorliegt und damit die Unternehmereigenschaft glaubhaft nachgewiesen werden kann.
Auch unter Berücksichtigung des Urteils des BFH wird sich kaum etwas anderes ergeben, da der BFH die Versagung der Erteilung einer Steuernummer in offensichtlichen Missbrauchsfällen bejaht hatte.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 1.7.2010, IV D 3 – S 7420/07/10061, BStBl 2010 I S. 625.