Tenor
Die Gegenvorstellung der Beklagten vom 15. Juli 2002 gegen den ihren Antrag auf Prozeßkostenhilfe zurückweisenden Beschluß des Senats vom 10. April 2002 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Gegenvorstellung gibt dem Senat keinen Anlaß zu einer anderen Beurteilung. Mit der Verfahrensrüge fehlerhafter Ermittlung des ausländischen Rechts greift die Revision die Ansicht des Berufungsgerichts an, den Beklagten sei die Rückgabe des Hotels möglich gewesen, weil es nicht nur an der Erhebung der nach Art. 565 CPC erforderlichen Klage gefehlt habe, sondern bereits kein wirksamer, der Rückgabe entgegenstehender „acto de oposición” vorgelegen habe. Ob Letzteres zutrifft, kann dahinstehen. Denn im Ergebnis bietet die Revision nur Aussicht auf Erfolg, wenn sie eine verfahrensfehlerhafte Ermittlung des ausländischen Rechts auch im Hinblick auf die Hilfsbegründung darzulegen vermag, derzufolge es jedenfalls an der rechtzeitigen Erhebung der „demanda en validez” fehlt, ohne die ein „acto de oposición” seine Wirksamkeit verliert.
Auch die Gegenvorstellung ist indes nicht geeignet, die rechtzeitige Erhebung einer solchen Klage darzulegen. Soweit das Berufungsgericht Art und Voraussetzungen einer solchen Klage nach dominikanischem Recht nicht festgestellt hat, hat der Senat von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, die Schlüssigkeit der erhobenen Verfahrensrüge zu prüfen, indem er das insoweit maßgebliche ausländische Recht selbst feststellt (vgl. BGHZ 122, 373, 378; 118, 312, 319). Soweit die Gegenvorstellung diese im Senatsbeschluß vom 10. April 2002 getroffenen Feststellungen in Zweifel zieht, sieht der Senat auch nach erneuter Überprüfung keinen Anlaß, hiervon abzuweichen:
1. Nach wie vor nicht ausgeräumt sind die Bedenken des Senats gegen die Drittschuldnereigenschaft der Beklagten, die den Pachtvertrag mit den Klägern persönlich geschlossen haben, während Schuldnerin der Vollstreckungsgläubigerin O. die von der Klägerin zu 2 vertretene Besitzgesellschaft T. O. C. S.A. ist. Entgegen der von den Revisionsklägern im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung (S. 4 f. des Schriftsatzes vom 27. Oktober 1997 GA III 402 f) unterscheiden die dominikanischen Gerichte nämlich sehr wohl zwischen Privatpersonen und den von ihnen gegründeten Kapitalgesellschaften, da das Vermögen einer Aktiengesellschaft (compañia por acciones) auch nach dominikanischem Recht nicht zugleich persönliches Vermögen der Gesellschafter ist und die Aktiengesellschaft diesen gegenüber eine eigene Rechtspersönlichkeit darstellt (vgl. Art. 529 Código Civil; Entscheidung N° 7 der Suprema Corte vom 10. Januar 2001, Boletín Enero 2001 [amtliche Sammlung Januar 2001] Nr. 1082).
2. Selbst wenn gleichwohl ein wirksamer „acto de oposición” vorgelegen hätte, hätte dieser nach dem klaren Wortlaut des Art. 565 CPC mangels rechtzeitiger Erhebung der Validitätsklage seine Wirksamkeit verloren (vgl. zur Unwirksamkeit einer vorläufigen Vollstreckungsmaßnahme bei Überschreitung der Frist zur Erhebung der Validitätsklage auch Corte Suprema, Entscheidung N° 7 vom 14. Juli 1999, Boletín Juli 1999 N° 1064 – zum embargo conservatorio nach Art. 48 CPC –).
3. Der Senat bleibt auch dabei, daß die dominikanische Rechtspraxis – nicht nur, aber insbesondere – im Zivilprozeßrecht maßgeblich von der französischen Rechtsprechung und Lehre geprägt ist und diese wie eigene Rechtsquellen heranzieht und zitiert, so daß dominikanische Entscheidungen „in vielen Fällen beinahe exakte Kopien der wichtigen Entscheidungen der französischen Cour de Cassation” darstellen (vgl. Wenceslao Vega, La influencia del francés en nuestro derecho, Gaceta Judicial 83 [2000], Rubrik „Historia”; zur Zitierpraxis der dominikanischen Rechtswissenschaft siehe beispielsweise auch Victor Joaquín Castellanos, La acción pauliana, Gaceta Judicial 65 [1999]). Auch die Entscheidung der Suprema Corte vom 10. Januar 2001 aaO merkt beispielsweise an, daß die Vorinstanz mit ihrer einschränkenden Auslegung eines Artikels des Handelsgesetzbuches von einer gefestigten Rechtsprechung der französischen Gerichte abgewichen sei. Zudem wird in der mit der Gegenvorstellung überreichten Broschüre „Doing Business in the Dominican Republic” auf Seite 77 – u.a. in Bezug auf die Zivilprozeßordnung – ausgeführt, daß sich dominikanische Richter bei der Auslegung von Bestimmungen dieser Gesetze weitgehend an der französischen Rechtsprechung orientieren.
Im übrigen hat der Senat sich nicht etwa darauf beschränkt, das dominikanische Recht anhand des französischen Rechts festzustellen, sondern sich in erster Linie auf die von den Beklagten selbst vorgelegten dominikanischen Rechtsvorschriften gestützt und lediglich zur Erläuterung der Grundzüge des dominikanischen Vollstreckungsrechts leichter zugängliche französische Quellen herangezogen.
4. Der Senat bleibt dabei, daß die auf Seite 7 der Gegenvorstellung genannten beiden Verfahren keine „demanda en validez” darstellen. Welches Klageziel mit einer solchen Klage verfolgt wird, ergibt sich aus den in zahlreichen Entscheidungen der Corte Suprema wiedergegebenen, dem Sinne nach stets gleichlautenden Urteilsformeln, mit denen einer solchen Klage stattgegeben wird: Die näher bezeichnete vorläufige Pfändungsmaßnahme wird nämlich „hinsichtlich der Form für einwandfrei und wirksam” erklärt („El Juzgado … debe declarar y declara en cuanto a la forma [und gegebenenfalls: y cuanto al fondo] bueno y válido el embargo retentivo u oposición trabado por … en contra de …”), vgl. Corte Suprema, Entscheidungen N° 9 vom 10. Januar 2001, Boletín Januar 2001 N° 1082; N° 15 vom 21. April 1999, Boletín April 1999 N° 1061; N° 11 vom 16. Juni 1999, Boletín Juni 1999 N° 1063; N° 6 vom 8. März 2000 Boletín März 2000 N° 1072, gegebenenfalls verbunden mit der Verurteilung des Drittschuldners zur Leistung an den Vollstreckungsgläubiger. Insoweit hat sich an der üblichen Formulierung der Anträge und Entscheidungsformeln seit Inkrafttreten der napoleonischen Gesetzgebung nichts geändert (vgl. die Muster einer Validitätsklage und -entscheidung in Pigeau, La procédure civile des tribunaux en France [1808] Bd. 2 S. 57, 71). Ein dem auch nur ansatzweise entsprechender Antrag ist in keinem der beiden Schriftstücke enthalten, in denen die Revision die Erhebung einer Validitätsklage sehen möchte.
a) Zudem ist in dem als „Kaufpreisklage” bezeichneten Schriftstück vom 9. Januar 1995 die spätere Vollstreckungsmaßnahme vom 1. März 1995, um deren notwendige Bestätigung es hier geht, naturgemäß nicht einmal erwähnt. Das Begehren, diese Vollstreckungsmaßnahme für wirksam zu erklären, ist ihr nicht zu entnehmen.
b) Bei der als „Räumungsklage” bezeichneten „demanda en desalojo en referemiento” handelt es sich nicht um ein Verfahren der ordentlichen Zivilgerichtsbarkeit (vor der die Validitätsklage zu erheben wäre), sondern um ein vorläufiges, auf einstweiligen Rechtsschutz gerichtetes Verfahren; die in diesem Verfahren ergehenden vorläufigen Entscheidungen sind weder rechtskraftfähig noch für das ordentliche Verfahren zur Hauptsache bindend (Artt. 101, 104 des Gesetzes 834; vgl. Rodriguez Yangüela, Las ordenanzas de referimiento, Gaceta Judicial Nr. 64 [1999]). Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes kann allenfalls die Aufhebung der durch die Vollstreckungsmaßnahme erwirkten Verstrickung erreicht werden, nicht aber die allein mit der „demanda en validez” zu erwirkende Bestätigung der vorläufigen Vollstreckungsmaßnahme (vgl. Corte Suprema, Entscheidung N° 13 vom 14. März 2001, Boletín März 2001, N° 1084).
5. Daß die grundsätzlich acht Tage betragende Frist des Art. 563 CPC sich pro drei Meilen Entfernung zwischen den Wohnorten (domicilio) der Beteiligten um jeweils einen Tag verlängert, hat der Senat nicht übersehen. Auch diese Bestimmung geht im übrigen auf den ursprünglichen Text der französischen Zivilprozeßordnung zurück, die eine Verlängerung um einen Tag pro 30 km Entfernung vorsah (vgl. Berriat-Saint-Prix, Cours de procédure civile, 4. Aufl. 1821, Bd. 2 S. 519 Fn. 20).
Auf den Wohnsitz der Frau O. in M. kommt es aber schon deshalb nicht an, weil die Validitätsklage nicht von dieser zu erheben war, sondern von der C. C. C. C. por A. als Vollstreckungsgläubigerin; diese hat ausweislich des Grundbuchauszuges (GA II 333) ihren Sitz in der Stadt N. und hatte zudem für die Zwecke der Zwangsvollstreckung gemäß Art. 559 CPC ihren Wahlwohnsitz (Art. 111 Código Civil) in der Kanzlei ihres Anwalts in N. genommen. Die Schuldnerin (T. O. C. S.A.) hatte zwar ihren Sitz im 155 km entfernten P. P.; auch ihr ist indes die Aufforderung zur Zahlung von vier Raten, die die Revision als Zahlungsklage bezeichnet, in N. zugestellt worden, wo die Vizepräsidentin dieser Gesellschaft, die Klägerin zu 2, die die Revision als Schuldnerin der Vollstreckungsgläubigerin ansieht, ausweislich dieser Urkunde ihren Wohnsitz hatte (GA III 542).
Die Beklagten hingegen haben selbst den „acto de oposición” (GA III 510, 513) zu den Akten gereicht, aus dem sich ergibt, daß der als Drittschuldner allein in Anspruch genommene Beklagte zu 1 am 1. März 1995 seinen örtlichen Wohnsitz in dem streitbefangenen Hotel in N. hatte. Der Hinweis, er habe die Dominikanische Republik Anfang März 1995 verlassen, um seiner Arbeit in Deutschland nachzugehen (GA II 198), ist nicht geeignet, eine Aufgabe dieses Wohnsitzes darzulegen, zumal den Beklagten ausweislich einer weiteren von ihnen vorgelegten Urkunde (GA III 453 P) noch am 2. Dezember 1997 ein Herausgabeverlangen der Kläger in dem streitbefangenen Hotel in N. mit der ausdrücklichen Feststellung zugestellt wurde, daß sich dort deren vorläufiger Wohnsitz befinde.
Unterschriften
Hahne, Sprick, Wagenitz, Ahlt, Vézina
Fundstellen
Haufe-Index 846696 |
IPRspr. 2002, 2 |