Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für Kranunfall bei Ausführung von Baurbeiten
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.09.2019; Aktenzeichen 2-13 O 23/17) |
Tenor
Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Das nachgehende Schlussurteil vom 11.7.2022 ist ebenfalls veröffentlicht.
Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.9.2019 abgeändert und die Klage gegen die Beklagte zu 2) abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten zu 2) wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten zu 1) wird hinsichtlich der Drittwiderklage zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten haben die Widerklägerinnen zu tragen.
Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Widerklägerinnen dürfen die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Drittwiderbeklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin als Haftpflichtversicherer der Bauherrin (A GmbH) nimmt die Beklagten für einen Teil des Schadens eines Kranunfalls vom XX.XX.2013 in Stadt1 in Anspruch. Ein auf einer Baustelle der Bauherrin, B-Straße, betriebener Turmdrehkran stürzte während der Ausführung von Bauarbeiten auf einen benachbarten "C"-Markt und durchschlug die Decke. Es entstand dort Personenschaden, Sachschaden am Gebäude und am Inventar. Der Betrieb des Supermarktes war mehrere Wochen unterbrochen. Der Personenschaden ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
Die Klägerin macht vorliegend den von ihr auf 736.038,13 EUR bezifferten Sachschaden am C-Markt und am Sortiment und dessen auf 127.522,16 EUR bezifferten entgangenen Gewinn mit der Behauptung geltend, diesen für die Bauherrin reguliert zu haben. Ferner begehrt sie Feststellung.
Die Beklagte zu 1) war Generalunternehmerin der Bauherrin und von dieser mit der Errichtung eines Bürogebäudes beauftragt worden. Der Generalunternehmer-Vertrag vom 20.6.2013 (Anlage HWH3 im Anlagenband I) enthält unter Z. 3.8 (Seite 12) eine Freistellung der Bauherrin von Ansprüchen von Nachbarn oder Dritter wegen von dem Auftragnehmer oder seiner Erfüllungsgehilfen schuldhaft verursachter Schäden. Gemäß Z. 3.9 (Seite 12) war die Beklagte zu 1) zur Absicherung u. a. der Nachbarbebauung verpflichtet.
Die Beklagte zu 2) war Eigentümerin und Vermieterin des umgestürzten Turmdrehkrans. Sie vermietete den Kran am 1.8.2013 an die Beklagte zu 1) einschließlich Montage (Anlage HWH8 im Anlagenband I) zum Betrieb auf der Baustelle.
Die Drittwiderbeklagte "D GmbH" stellte aufgrund einer Vereinbarung, die sie mit dem Nachunternehmer Rohbau der Beklagten zu 1) (E GmbH, Streithelferin zu f) getroffen hatte, für diese den Kranführer.
Mit ihrer Drittwiderklage (Bd. I, Bl. 125 ff.) gegen die Drittwiderbeklagte, die ebenfalls Versicherungsnehmerin der Klägerin ist, begehrt die Beklagte zu 1) Freistellung von den Forderungen der Klägerin.
Die Beklagte zu 2) hat sich der Drittwiderklage angeschlossen (Bd. I, Bl. 206 ff.).
Die Ursache des Umsturzes des Krans ist zwischen den Parteien umstritten. Nach dem Gutachten F vom 18.3.2014 im Strafverfahren der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Stadt2 (...) soll sich ein Verbindungsbolzen im rechten Untergurt zwischen dem 2. und 3. Bauteil des Kranauslegers gelöst haben, was zum Umsturz des Krans geführt habe. Nach Auffassung dieses Sachverständigen war der zur Sicherung des Bolzens erforderliche Federstecker entweder nicht vorhanden, nicht richtig montiert oder defekt.
Die Klägerin hat behauptet, der Umsturz des Krans beruhe auf unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen der Beklagten und wäre bei Anwendung der erforderlichen Betriebssicherheit vermeidbar gewesen. Die Beklagte zu 2) habe trotz gegenteiliger Betriebsanweisung der Herstellerin nicht die originalen Federstecker zur Sicherung der Verbindungsbolzen verwendet. Der Kranführer habe den Kran ordnungsgemäß bedient und überprüft und dies im Kranbuch dokumentiert.
Die Beklagte zu 1) hat einen Konstruktionsfehler des Krans vorgetragen und eine fehlerhafte Montage ausgeschlossen, weil der Kran bis zum Umsturz drei Monate störungsfrei betrieben worden sei. Der Unfall beruhe auf unzureichender fortlaufender Überprüfung der Bolzen durch den Kranführer. Sie selbst habe daher keine Verkehrssicherungspflichten verletzt. Verkehrssicherungspflichtig seien die Drittwiderbeklagte und die E1 GmbH (Streithelferin zu f) gewesen. Die Beklagte zu 1) hafte nicht gemäß § 278 BGB für Fehler der Beklagten zu 2). Die Klägerin habe nicht hinreichend dargelegt, ob und aufgrund welches Versicherungsverhältnisses sie geleistet habe. Als Versicherer der "D GmbH" sei sie alleine einstandspflichtig, weil diese Gesellschaft den fahrlässig arbeitenden Kranführer gestellt habe; er habe weder einen im Inland gültigen Befähigungsnachw...