Verfahrensgang
AG Bruchsal (Aktenzeichen A 1 VI 155/18) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Bruchsal vom 28.04.2020, Az. A 1 VI 155/18, aufgehoben.
Das Amtsgericht - Nachlassgericht - Bruchsal wird angewiesen, auf den Antrag der Beteiligten zu 1 vom 05.04.2017 einen gemeinschaftlichen Erbschein des Inhalts zu erteilen, dass die Beteiligte zu 1 den Erblasser auf Grund gesetzlicher Erbfolge mit einer Erbquote von 1/2 und die Beteiligten zu 2 und zu 3 den Erblasser auf Grund gesetzlicher Erbfolge mit einer Erbquote von je 1/4 beerbt haben.
2. Die Gerichtskosten für das Verfahren in erster Instanz trägt die Beteiligte zu 1. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten in erster und zweiter Instanz werden nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 350.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der im Juni 2016 verstorbene Erblasser war in erster Ehe mit Frau N. verheiratet; die Ehe wurde 1984 rechtskräftig geschieden. Am 29.06.2011 heiratete der Erblasser seine langjährige Lebensgefährtin, die Beteiligte zu 1. Der Beteiligte zu 3 ist der Sohn des Erblassers und seiner ersten Ehefrau; die Beteiligte zu 2 ist die Tochter des Erblassers und der Beteiligten 1.
Letztwillige Verfügungen im Original liegen nicht vor. Im September 2016 legte der Beteiligte zu 3 dem Nachlassgericht die Kopie eines auf den 05.04.2010 datierten handschriftlichen Testaments vor. Er erklärte, diese gemeinsam mit anderen Unterlagen in einer Plastiktüte in der Werkstatt des Elternhauses des Erblassers gefunden zu haben (vgl. I, 341). Dort hätten sich die Unterlagen in einer Schublade eines Schrankes befunden.
Die Testamentskopie hatte folgenden Wortlaut:
5.4.10
Testament
Das Haus am K. vermache ich meiner Tochter.
J. bekommt zur Auflage, dass ihre Mutter ein lebenslanges Wohnrecht in diesem Haus hat.
Die beiden Eigentumswohnungen in B. Str. u. wählbar je das alte Haus meiner Eltern oder den zu erwarteten in Bauerwartungsland stehenden Bauplatz vermache ich meinem Sohn aus erster Ehe.
Da die Eigentumswohnungen noch nicht vollständig bezahlt sind Restschuld derzeit ca. 60 000 EUR bei der VoBa-B., verpflichte ich meine Tochter diese aus dem sonstigen Erbteil auszugleichen.
Die vorhandenen Grundstücke (Äcker), Versicherungen u. restliches Barvermögen vermache ich zu gleichen Teilen meinen beiden Kindern.
Meiner Lebensgefährtin vermache ich ein Barvermögen zu Lasten von meinen beiden Kindern (Erben) in Höhe von 50 000 EUR.
Am 29.06.2011 heiratete der Erblasser die Beteiligte zu 1. Mit Vertrag vom 18.05.2012 schenkte der Erblasser dem Beteiligten zu 3 einen Betrag von 50.000,00 EUR mit der Auflage, damit bis zum 31.12.2013 einen Bauplatz, eine Eigentumswohnung oder ein Wohnhaus zu erwerben und mit der Bestimmung, dass dieser Betrag auf seinen Erbteil anzurechnen sei.
Auf der Grundlage der vorgelegten Kopie beantragte der Beteiligte zu 3 die Erteilung eines Erbscheins, der ihn und die Beteiligte zu 2 als Erben zu je 1/2 ausweisen sollte (AS I, 215). Er gab an, die Testamentskopie ein bis zwei Wochen nach dem Tod des Erblassers in dessen Werkstatt gefunden zu haben.
Die Beteiligte zu 1 geht hingegen von einer Vernichtung des verschwundenen Originals durch den Erblasser aus (AS I, 219). Denn der Erblasser habe eine letztwillige Verfügung diesen Inhalts noch im April 2010 nach Beratung durch den Notar verworfen und angekündigt, ein neues Testament zu errichten. Auch eine weitere, in ihrer Anwesenheit im Juni 2010 erfolgte Beratung durch Frau Rechtsanwältin habe ihn in diesem Entschluss bestärkt. Dem Erblasser sei es maßgeblich um ihre Absicherung gegangen. Er habe sie nur geheiratet, um ihr den Status einer gesetzlichen Erbin zu verschaffen. Sie beantragte die Erteilung eines Erbscheins, der sie und die weiteren Beteiligten als gesetzliche Erben im Verhältnis 1/2 (Beteiligte zu 1) zu je 1/4 (Beteiligte zu 2 und zu 3) ausweisen soll (AS I, 171).
Mit Beschluss vom 29.12.2017 (I, 267) erachtete das Nachlassgericht unter Zurückweisung des Erbscheinsantrags des Beteiligten zu 3 die zur Erteilung des von der Beteiligten zu 1 beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3 hob der Senat den Beschluss des Nachlassgerichts vom 29.12.2017 auf [11 W 75/18 (Wx)] und verwies die Sache zu erneuten Entscheidung an das Nachlassgericht zurück.
Das Nachlassgericht habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, Feststellungen zu der Errichtung eines Testaments durch den Erblasser zu treffen. Eine entsprechende Feststellung erfordere regelmäßig eine förmliche Beweisaufnahme. Die Angaben der Beteiligten gäben Anlass zu weiterer Aufklärung, ob der Erblasser tatsächlich unter dem 05.04.2010 eine Urkunde errichtet habe, die er bereits als seine rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen habe. Sofern der Beweis einer formgültigen Errichtung mit Testierwil...