Normenkette
ZGB POL Art. 405; ZGB POL Art. 410
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. November 2017 verkündete Urteil der Zivilkammer 3 des Landgerichts Stendal wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.825,34 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1, 543 Abs. 1, 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO abgesehen.
II. Die Berufung der Beklagten hat im Ergebnis keinen Erfolg.
1. Die Klägerin hat nach Art. 405 und Art. 410 des polnischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) einen Anspruch gegen die Beklagte wegen ungerechtfertigter Bereicherung i.H.v. 8.300,59 EUR.
a) Wie die Beklagte bereits mit der Klageerwiderung zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen "Bauvertrag" vom 6. September 2014 nicht um einen Werkvertrag, sondern um einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, denn seitens der Beklagten war nicht die Herstellung eines bestimmten Werks geschuldet sondern lediglich die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften, die von der Beklagten im Bau eingesetzt wurden. Die gewählte Bezeichnung als "Bauvertrag" ändert an diesem Vertragsinhalt nichts.
b) Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vom 6. September 2014 ist unwirksam.
Zwar kennt das polnische Recht keine dem § 9 Nr. 1 AÜG entsprechende Rechtsnorm und geht auch bei einer fehlenden Registrierung des Verleihers nach Art. 18 des polnischen Gesetzes vom 20. April 2004 über die Förderung der Beschäftigung und Arbeitsmarktsituation von der grundsätzlichen Wirksamkeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages aus. Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, ergibt sich jedoch die Unwirksamkeit des Vertrages beim Einsatz der überlassenen Arbeitnehmer im Inland aus § 9 Nr. 1 AÜG, der hier als Eingriffsnorm im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 593 / 2008 des europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-I VO) zur Anwendung kommt. Der Charakter einer Eingriffsnorm ergibt sich in diesem Fall aus § 2 Nr. 4 AEntG, nach welchem die in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften enthaltenen Regelungen über die Bedingungen für die Überlassung von Arbeitskräften, insbesondere durch Leiharbeitsunternehmen, auch auf Arbeitsverhältnisse zwischen einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber und seinen im Inland beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zwingend Anwendung findet (vgl. Beschluss des BAG vom 21.03.2017, 7 AZR 207/15, NJOZ 2018, 1744, 1754).
c) Der sich aus der Unwirksamkeit des Vertrages vom 6. September 2014 ergebende bereicherungsrechtliche Anspruch der Klägerin unterliegt dem polnischen Recht und folgt aus Art. 405, 410 ZGB.
aa) Bereicherungsrechtliche Ansprüche unterfallen dem akzessorischen Vertragsstatut gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864 / 2007 des europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II VO). Hinsichtlich nichtiger, unwirksamer und fehlerhafter Verträge sind daher Art. 3 ff. i.V.m. Art. 12 Abs. 1 Buchst. e) Rom-I VO Leges speciales zu Art. 10 Rom-II VO für die Anknüpfung von Bereicherungsansprüchen (MüKo-Junker, BGB 7. Aufl. 2018, Art. 10 Rom-II VO Rn. 15 f.). Mangels Rechtswahl der Vertragsparteien ist auf den unwirksamen Vertrag gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. b) Rom-I VO das polnische Recht anzuwenden, weil die Klägerin als Dienstleisterin ihren Sitz in Polen hat (vgl. MüKo-Spellenberg, Art. 12 Rom-I VO, Rn. 164 f.).
Die zentrale Rechtsnorm des polnischen Bereicherungsrechts ist Art. 405 BGB, der folgenden Wortlaut hat:
"Wer auf Kosten eines anderen einen Vermögensvorteil ohne rechtliche Grundlage erlangt hat, ist zur Herausgabe des Vorteils in Natur und, wenn dies nicht möglich ist, zur Herausgabe seines Wertes verpflichtet."
Die Leistungskondiktion regelt Art. 410 ZGB, dessen § 1 und § 2 folgenden Inhalt haben:
"§ 1. Die Vorschriften der vorstehenden Artikel sind insbesondere auf eine jemandem nicht zustehende Leistung anzuwenden.
§ 2. Eine Leistung steht jemandem nicht zu, wenn derjenige, der sie erbracht hat, zu ihr allgemein oder gegenüber demjenigen, dem er sie erbracht hat, nicht verpflichtet gewesen ist oder wenn die Rechtsgrundlage der Leistung entfallen ist oder wenn der mit der Leistung beabsichtigte Zweck nicht erreicht worden ist oder wenn das zur Vornahme der Leistung verpflichtende Rechtsgeschäft nichtig gewesen und nach Erfüllung der Leistung nicht wirksam geworden ist."
bb) Der Bereicherungsanspruch der Klägerin besteht in Höhe der Aufwendungen, die die Beklagte durch erspart hat, dass sie die Arbeitnehmer bei der Klägerin entlieh.
(1) Das Berufungsgericht hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 26. Juni 2018 nach § 293 ZPO eine Rechtsauskunft des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg vom 22. Januar 2019 eingeholt zu...