Leitsatz (amtlich)
Kein Ausschluss der Verjährungseinrede gem. § 214 Abs. 2 BGB im Rückforderungsprozess des Hauptschuldners nach Inanspruchnahme eines Bürgen aufgrund einer Bürgschaft auf erstes Anfordern.
Normenkette
BGB § 214 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 30.10.2017; Aktenzeichen 12 O 804/17) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.10.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Osnabrück wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt bis zu 9.000 EUR.
Gründe
I. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte die im Wege der Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch genommene Mietsicherheit zurückzahlen muss.
Die Klägerin war Mieterin der von der Beklagten vermieteten Räumlichkeiten. Das Mietverhältnis endete am 31.05.2016. Das Objekt wurde vereinbarungsgemäß im Juni 2016 zurückgegeben, wobei am 27.06.2016 ein Übergabeprotokoll erstellt wurde.
Die Klägerin hatte gem. § 5 des Mietvertrages eine Mietsicherheit in Höhe der streitgegenständlichen Forderung von 8.526 EUR zu leisten. Sie hat die im Mietvertrag eingeräumten Möglichkeit in Anspruch genommen, diese Mietsicherheit durch eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft zu stellen, die folgende Eigenschaften aufweist: Betragshöhe 8.526 EUR, ohne Hinterlegungsklausel, Zahlung auf erste Anforderung, unter Verzicht auf die Einreden gem. § 768 BGB, der Anfechtung und der Aufrechnung gem. § 770 BGB und der Vorausklage gem. § 771 BGB (Bl. 8 d. A.). Die Klägerin legte der Beklagten eine dementsprechende Mietbürgschaft der Sparkasse vom 26.09.2016 vor (Bl. 5 d. A.).
Nach Beendigung des Mietverhältnisses war zwischen den Parteien streitig, ob die Klägerin den Verpflichtungen aus dem Mietvertrag auf Durchführung von Schönheitsreparaturen und Instandhaltung des Mietobjektes nachgekommen ist. Die Beklagte setzte der Klägerin mit Schreiben vom 27.12.2016 eine letzte Aufforderung zur Beseitigung der von ihr behaupteten Mängel an dem Mietobjekt mit einer letzten Nachfrist zum 06.01.2017 (Bl. 27 d. A.). Die Klägerin wies diese Ansprüche als insgesamt als unbegründet mit außergerichtlichem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 03.01.2017 zurück (Bl. 28ff d. A.).
Im Februar 2017 legte die Beklagte der Sparkasse die Bürgschaftsurkunde vor und erhielt von dieser unter Klarstellung, dass hiermit kein Verzicht auf Einwendungen und Einreden im Rahmen eines etwaigen Rückforderungsprozesses verbunden ist, den streitgegenständlichen Betrag ausgezahlt (Bl. 77 d. A.). Die Sparkasse belastete das Konto der Klägerin am 22.02.2017 in entsprechender Höhe (Bl. 76 d. A.).
Die Klägerin hat die Einrede der Verjährung erhoben. Sie meint, die streitigen Schadenersatzforderungen der Beklagten aus dem Mietverhältnis seien bereits am 27.12.2016 verjährt gewesen. Ihr stehe ein Anspruch auf Rückforderung der von der Beklagten zu Unrecht in Anspruch genommenen Bürgschaft zu. Der Ausschluss der Rückforderung nach § 214 Abs. 2 BGB gelte nicht bei unfreiwilligen Leistungen, worunter Leistungen aufgrund einer Bürgschaft auf erste Anforderung fielen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. an die Klägerin 8.526 EUR nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2017 zu zahlen,
2. an die Rechtsanwälte X......vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 339,55 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägern sei bereits nicht klagebefugt, da nicht diese, sondern der Bürge die Zahlung geleistet habe. Einem Mieter stehe allein ein Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde zu. Einem solchen Anspruch stehe entgegen, dass ihr zumindest ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden habe. Selbst wenn ihre Ansprüche verjährt gewesen seien, hindere dies nicht die Verwertung der Bürgschaft auf erstes Anfordern durch die Beklagte in unverjährter Zeit. Die jeweiligen Ansprüche hätten sich bereits in unverjährter Zeit gegenübergestanden. Einem Rückforderungsanspruch stehe § 214 Abs. 2 BGB entgegen.
Die Beklagte hat die Aufrechnung mit den streitigen Schadenersatzansprüchen wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen und Instandsetzungen erklärt.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 8.526 EUR nebst Zinsen zu zahlen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe die Sparkasse als Bürgin zu Unrecht in Anspruch genommen. Die Ansprüche der Beklagten seien zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Sparkasse bereits verjährt gewesen. Ansprüche wegen einer Verschlechterung oder Veränderung der Mietsache unterlägen der Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB, die mit der Rückgabe der Mietsache im Juni 2016 begonnen habe und im Dezember 2016 endete. Das von der Sicherungsabrede auch verjährte Ansprüche umfasst sein sollten, sei weder dargetan noch ersichtlich. Die Parteien hätten keine Barkaution als vorrangige Mietsicherheit vereinbart....