Leitsatz (amtlich)
Der Kommissionär haftet bei einem Wertpapiergeschäft in der Regel allein für die korrekte Ausführung des Geschäfts, nicht für eine Mistrade-Entscheidung der Börse oder für das Unterlassen eines Vorgehens hiergegen.
Normenkette
BGB § 280; HGB §§ 384, 394
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 25. Mai 2018 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz aufgrund vermeintlicher Pflichtverletzungen im Rahmen eines Wertpapier-Kommissionsgeschäfts.
Der Kläger ist beruflich mit dem Handel von Wertpapieren und Derivaten befasst und erwarb und veräußerte im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung zur Beklagten für seine private Vermögensverwaltung mehrfach Wertpapiere. Am Morgen des 3. Juni 2011 erteilte er der Beklagten über deren Mitarbeiter H. den Auftrag, 5.000 Stück des Wertpapiers mit der Bezeichnung "R.Silber" ("Silberzertifikate") der Emittentin M GmbH (ISIN: XXX) zu erwerben. Die Beklagte beauftragte die X AG mit der Ausführung. Diese führte den Auftrag aus und erwarb die Wertpapiere um 10:22 Uhr an der Frankfurter Wertpapierbörse im Freiverkehr (sogenanntes "Scoach Premium Trading") zum Preis von EUR 40,14 pro Stück.
Die Anbieterin des Wertpapiers stellte nach Abschluss des Geschäfts einen sogenannten "Mistrade-Antrag" bei der Frankfurter Wertpapierbörse mit der Begründung, das Geschäft sei zu einem offensichtlich nicht marktgerechten Preis zu Stande gekommen, der marktgerechte Preis habe EUR 51,50 pro Stück betragen. Die Börse gab dem Antrag statt und hob das Geschäft wegen offensichtlicher Preisabweichung nach § 25 der "Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse" auf. Nach Mitteilung der Entscheidung an ihn wies der Kläger den Mitarbeiter der Beklagten H. an, gegen diese Entscheidung vorzugehen, ohne konkretere Weisungen zu erteilen. Herr H. teilte der Frankfurter Wertpapierbörse noch am 3. Juni 2011 telefonisch und nochmals am 10. Juni 2011 mit vom Kläger vorgegebenem Text per E-Mail sowie ein Mitarbeiter der Beklagten am 23. November 2011 nach erneuter Aufforderung des Klägers mit, dass dieser mit der Aufhebung des Geschäfts nicht einverstanden sei, ohne dass eine Reaktion der Frankfurter Wertpapierbörse erfolgte. Am letzteren Tag erteilte der Kläger gleichzeitig einen Verkaufsauftrag zum aktuellen Kassakurs an der Frankfurter Wertpapierbörse von seinerzeit EUR 49,24.
Der Kläger verlangt von der Beklagten nunmehr Ersatz entgangenen Gewinns, den er aus der Differenz des Preises der Wertpapiere von EUR 40,14/ Stück am 3. Juni 2011 und EUR 49,25/ Stück am 23. November 2011 errechnet. Danach ergibt sich eine Differenz in Höhe von EUR 9,11/ Stück, ein errechneter Schaden in Höhe von EUR 45.550,00 (5.000 Stück × EUR 9,11/ Stück). Dazu macht er vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten geltend. Bei der staatlich anerkannten Gütestelle C in X reichte er am 30. Dezember 2014 einen am 12. Januar 2015 der Beklagten zugestellten Güteantrag ein (Anlage K 10, Blatt 64 d. A.). Mit Schreiben vom 20. April 2015 (Anlage K 12, Blatt 75 d. A.), das dem Kläger am 22. April 2015 zuging, bescheinigte die Gütestelle die Erfolglosigkeit des Güteverfahrens. Die Klage ist am 16. Oktober 2015 beim Landgericht eingegangen.
Der Kläger hat erstinstanzlich gemeint, er habe einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte, da diese es versäumt habe, gegen die Entscheidung der Frankfurter Wertpapierbörse durch Einlegung eines form- und fristgerechten Widerspruchs vorzugehen und so dem von ihm gewünschten Wertpapiergeschäft zur Durchführung zu verhelfen (§ 384 Abs. 1 und § 385 Abs. 1 HGB). Darüber hinaus habe sie ihm nicht gemäß § 384 Abs. 3 HGB zugleich mit der Anzeige von der Ausführung der Kommission den Dritten benannt, mit dem sie das Erwerbsgeschäft abgeschlossen habe und hafte sie nach Nr. 9 Satz 1 ihrer "Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte".
Die Beklagte hat sich im Wesentlichen lediglich zum Abschluss und zur Abwicklung des Geschäfts verpflichtet gesehen, nicht zum Vorgehen gegen die Mistrade-Entscheidung. Es fehle auch der Kausalzusammenhang zwischen dem unterbliebenen Widerspruch und dem geltend gemachten Schaden, da die Entscheidung auch bei Widerspruch nicht abgeändert worden wäre. Einem Schadensersatzanspruch stehe auch § 242 BGB entgegen, da der Kläger ein Geschäft habe ausführen lassen wollen, dessen Preis erkennbar auf einem Fehler des Vertragspartners...