Leitsatz
Hat das Finanzamt einen Schenkungsteuerbescheid in der Annahme aufgehoben, der betreffende Erwerb sei der Erbschaftsteuer zu unterwerfen, hebt es jedoch später auch diesen Aufhebungsbescheid auf, weil es nunmehr doch Schenkungsteuer meint beanspruchen zu können, so wird dadurch die Festsetzung der Schenkungsteuer wieder in Kraft gesetzt.
Sachverhalt
Gegen die Kläger waren Schenkungsteuerbescheide ergangen, die bestandskräftig wurden. Die Steuern wurden von den Klägern bezahlt. Später änderte das Finanzamt die rechtliche Beurteilung der den Bescheiden zugrundeliegenden Vorgänge und setzte Erbschaftsteuer fest, indem es die gegen die Kläger bereits ergangenen Erbschaftsteuerbescheide änderte. Die Schenkungsteuerbescheide hob es auf. Die Kläger erhoben gegen die Erbschaftsteueränderungsbescheide Klage, die vor dem BFH Erfolg hatte. Noch während des Revisionsverfahrens hob das Finanzamt jedoch die Aufhebungsbescheide zu den Schenkungsteuerbescheiden auf, die ebenfalls bestandskräftig waren. Als die Kläger beantragten, die in den Erbschaftsteueränderungsbescheiden festgesetzten Steuermehrbeträge zu erstatten, erließ das Finanzamt einen Abrechnungsbescheid, in dem es davon ausging, dass die Kläger neben der von Anfang an festgesetzten Erbschaftsteuer aufgrund der Schenkungsteuerbescheide Schenkungsteuer schuldeten; denn diese Bescheide seien infolge der Aufhebung der zu ihnen ergangenen Aufhebungsbescheide wieder wirksam. Dagegen richtet sich die Klage.
Entscheidung
Der Regelungsgehalt der Aufhebungsbescheide war darauf gerichtet, den Schenkungsteuerbescheiden erneut Wirksamkeit zu verschaffen. Sie richteten sich damit nicht, wie die Kläger meinten, auf etwas rechtlich Unmögliches. Denn ein Verwaltungsakt bleibt nach § 124 Abs. 2 AO nur solange wirksam, wie er nicht zurückgenommen, widerrufen oder anderweitig aufgehoben wird. Wird ein Verwaltungsakt aufgehoben, dessen Rechtswirkung darin besteht, einen anderen Verwaltungsakt aufzuheben, so fällt diese Wirkung weg, sobald jener Verwaltungsakt aufgehoben wird. Die Aufhebung eines Verwaltungsakts lässt sich deshalb nicht als dessen – gleichsam unumkehrbare – "Zerstörung" oder "Vernichtung" begreifen, sondern suspendiert lediglich seine Rechtswirksamkeit solange, wie der betreffende Aufhebungsakt selbst Rechtswirksamkeit hat. Das BFH-Urteil vom 22.5.1979 steht dem nur scheinbar entgegen, denn es betrifft einen Fall, in dem die Aufhebungsentscheidung gerade nicht auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Rechtszustands gerichtet war.
Praxishinweis
Im Abrechnungsverfahren sind nur die Rechtsfolgen der ergangenen Steuerbescheide zu untersuchen, nicht deren Rechtmäßigkeit. Dementsprechend hatte der BFH nicht zu erörtern, ob den Aufhebungsbescheiden möglicherweise der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegengestanden hat.
Link zur Entscheidung
BFH-Beschluss vom 9.12.2004, VII R 16/03