Prof. Dr. Edeltraud Günther, Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Bei Haftungsinanspruchnahme eines GmbH-Geschäftsführers ist die Anwendung der verlängerten Festsetzungsfrist unzulässig.
Sachverhalt
Im Urteilsfall handelte es sich um den Geschäftsführer einer GmbH, der wegen rückständiger Umsatzsteuer nach §§ 34, 69 AO (Haftung des gesetzlichen Vertreters) in Haftung genommen wurde. Das Finanzamt kam zeitlich nur zur Haftungsinanspruchnahme, weil es von einer 5-jährigen Festsetzungsfrist wegen leichtfertiger Steuerverkürzung ausging. Der betroffene Geschäftsführer verwies dagegen auf § 191 Abs. 3 Satz 2 AO und vertrat die Auffassung, dass die 5-jährige Festsetzungsfrist nur bei Anwendung einer Haftung nach § 70 AO (Haftung des Vertretenen) greifen würde.
Der BFH gab ihm Recht und folgert dies aus der gesetzlichen Formulierung in § 191 Abs. 3 Satz 2 AO. Dort heißt es: "Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre." Bereits hieraus ergibt sich, dass diese besonderen (5 bzw. 10 Jahre betragenden) Verjährungsfristen ausschließlich die beiden besonderen Haftungsnormen der AO betreffen. Hierfür spricht auch die Gesetzesbegründung, die eindeutig davon ausgeht, dass die Festsetzungsfrist 4 Jahre beträgt, soweit nicht in den Fällen der §§ 70 und 71 AO die 5- oder 10-jährige Festsetzungsfrist in Betracht kommt. Von einer Verlängerung der Frist in anderen Fällen, insbesondere bei Geschäftsführerhaftung wegen leichtfertiger Steuerverkürzung, ist dort nicht die Rede.
Hinweis
Die verlängerte Festsetzungsfrist betrifft also nicht jeden Fall der Haftung, dem eine leichtfertige Steuerverkürzung zugrunde liegt, vielmehr regelt § 191 Abs. 3 Satz 2 AO die Länge der Festsetzungsfrist für Haftungsbescheide eigenständig und im Verhältnis zu Steuer- und Feststellungsbescheiden einschränkend.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 22.4.2008, VII R 21/07.