Leitsatz
Bei einem zinslosen Darlehen ist Gegenstand der Zuwendung die unentgeltliche Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital zu nutzen. Soll das Darlehen nach dem Willen des Darlehensgebers der Finanzierung eines Grundstückskaufs dienen, scheidet im Hinblick auf den eingeräumten Nutzungsvorteil eine mittelbare Grundstücksschenkung aus, weil dem Darlehensnehmer die Vorteile hieraus regelmäßig erst nach der Zahlung der Kaufpreise zufließen und diese deshalb nicht mehr mittelbarer Teil des bereits abgeschlossenen Grundstückserwerbs sein können.
Sachverhalt
A erhielt von B ein unverzinsliches Darlehen, das der Anschaffung eines Grundstücks dienen und "zu gegebener Zeit" zurückgezahlt werden sollte. Am 19.9.1991 kaufte A das Grundstück. Der Kaufpreis war am 31.12.1991 fällig. Aufgrund einer "Schenkungsvereinbarung" vom 12.10.2000 verzichtete B auf die Rückzahlung des Darlehens. Das Finanzamt besteuerte den in der Unverzinslichkeit liegenden Nutzungsvorteil; A meint, der Zinsvorteil aus dem unverzinslichen Darlehen stelle eine mittelbare Grundstücksschenkung dar.
Entscheidung
Eine durch die Hingabe des Darlehenskapitals vermittelte Zuwendung des von A erworbenen Grundstücks scheidet aus, weil die Darlehensgewährung den Darlehensgeber nicht entreichert hat. Denn der Verpflichtung des B zur Darlehensgewährung steht die Verpflichtung des Darlehensnehmers A gegenüber, das Darlehen bei Fälligkeit zurückzuerstatten. Die Darlehenshingabe führte bei A und B zunächst nur zu einer Vermögensumschichtung. Darauf, dass A nach dem Willen der B gehalten war, den Darlehensbetrag für den Erwerb des Grundstücks einzusetzen, kommt es nicht an, weil ein solcher Wille allein keinen Schenkungsteuertatbestand erfüllt.
Auch eine durch die unentgeltliche Kapitalnutzungsmöglichkeit vermittelte – und deswegen mittelbare – Zuwendung des von A erworbenen Grundstücks liegt nicht vor. Die Voraussetzungen einer mittelbaren Grundstücksschenkung sind nämlich nur dann erfüllt, wenn der Schenker dem Bedachten den für den Grundstückskauf bestimmten Geldbetrag bis zum Abschluss des Kaufvertrags zusagt und bis zur Tilgung der Kaufpreisschuld zur Verfügung stellt. Werden die Gelder erst nach Abschluss des Kaufvertrags zugesagt oder erhält sie der Bedachte erst nach Bezahlung des Kaufpreises, scheidet eine mittelbare Grundstücksschenkung aus.
Eine mittelbare Grundstücksschenkung scheitert hier daran, dass die Vorteile aus der unentgeltlichen Kapitalnutzungsmöglichkeit dem A im Wesentlichen erst nach der Zahlung des Kaufpreises zugeflossen sind. Der Zuwendungsgegenstand "Kapitalnutzungsmöglichkeit" konnte und sollte von A nicht dazu verwendet werden, die Anschaffungskosten für das Grundstück zu begleichen. Dies sollte vielmehr mit dem Kapital, das A von B lediglich darlehensweise und damit nicht freigebig zugewendet wurde, geschehen. Die A erst nach der Tilgung der Kaufpreisschuld zugeflossenen Vermögensvorteile in Form der unentgeltlichen Kapitalnutzung können deshalb nicht mehr mittelbarer Teil des bereits abgeschlossenen Grundstückserwerbs sein.
Praxishinweis
Auch der erst nach der Tilgung der Kaufpreisschuld erklärte Verzicht auf die Darlehensrückzahlung kann nicht als mittelbarer Teil einer Grundstücksschenkung bewertet werden, da es an einer rechtzeitigen Geldzusage und -hingabe in Form des Darlehensverzichts fehlt.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 29.6.2005, II R 52/03