Leitsatz
Die Parzellierung und Veräußerung land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke ist Hilfsgeschäft eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und nicht Gegenstand eines selbständigen gewerblichen Grundstückshandels. Dies gilt unabhängig von der Größe des Areals, der Anzahl der Parzellen und der Höhe des Gewinns. Die Grundstücksveräußerungen werden erst Gegenstand eines selbständigen gewerblichen Grundstückshandels, wenn der Landwirt Aktivitäten entfaltet, die über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehen und die darauf gerichtet sind, den Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige bewirtschaftete einen 130 ha großen land- und fortwirtschaftlichen Betrieb und verkaufte in den Wirtschaftsjahren 1994/1995 bis 1996/1997 insgesamt 59 Baugrundstücke, die bis dahin landwirtschaftlich genutzt worden waren. Für die Veräußerungsgewinne bildete er Rücklagen nach § 6b EStG. Das Finanzamt ging von einem gewerblichen Grundstückshandel des Steuerpflichtigen aus, weil er über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehende Aktivitäten entfaltet habe. So habe er insbesondere die Planung des Baugebiets intensiv begleitet und versucht, auf dessen optimale Ausnutzung Einfluss zu nehmen. Da die Grundstücke Umlaufvermögen des neu errichteten Gewerbebetriebs geworden seien, könne § 6b EStG angewandt werden.
Für den BFH indes war entscheidend, das der Steuerpflichtige keine kommunalen Aufgaben wie die Erstellung des Bebauungsplans, den Bau von Straßen oder die Verlegung von Versorgungsleitungen übernommen hatte, sondern lediglich, wenn auch sehr zielbewusst, im Rahmen seiner staatsbürgerlichen Mitwirkungsrechte tätig geworden ist. Mit der bloßen Übernahme von Planungs- und Erschließungskosten werde kein gewerblicher Grundstückshandel begründet. Die Veräußerung der Baugrundstücke führe deshalb zu Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft, weil sie ein Hilfsgeschäft der land- und forstwirtschaftlichen Betätigung sei.
Hinweis
Entfaltet der Landwirt über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehende Aktivitäten, sind die Grundstücksveräußerungen keine landwirtschaftlichen Hilfsgeschäfte mehr, sondern Gegenstand eines selbständigen gewerblichen Grundstückshandels. Solche schädlichen Aktivitäten hat der BFH, z.B. in der Beantragung eines Bebauungsplans und dessen Finanzierung oder in der Anlage von Straßen und Abwasserkanälen oder der Verlegung von Versorgungsleitungen gesehen.
Es ist nicht das Problem der Versteuerung des Veräußerungsgewinns oder die Gewerbesteuer, die den Landwirt belasten. Entscheidend ist vielmehr, dass die Grundstücke beim gewerblichen Grundstückshandel zum Umlaufvermögen gehören und daher die Reinvestitionsvergünstigung nach § 6b EStG nicht in Anspruch genommen werden kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 8.9.2005, IV R 38/03.