Das steht im Urteil
Der Formunwirksamkeit eines unter nahen Angehörigen abgeschlossenen Vertrags kommt eine Indizwirkung gegen dessen steuerrechtliche Anerkennung zu.
Der Sachverhalt
Im Streitfall ging es um einen Zahnarzt (A), der im Jahre 1998 mit seinen minderjährigen Kindern Darlehensverträge über je 50.000 DM abgeschlossen hatte. Die Kinder wurden dabei von ihrer Mutter vertreten. Nachträglich – im Jahre 2001 – wurden die Verträge durch einen vom Vormundschaftsgericht bestellten Ergänzungspfleger genehmigt. Mit dem Geld tilgte A ein Bankdarlehen i.H.v. 250.000 DM, das er zur Finanzierung eines vermieteten Objekts aufgenommen hatte. Die an seine Kinder im Jahr 1998 gezahlten Schuldzinsen – insgesamt 12.500 DM – machte A als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus der Vermietung geltend. Das Finanzamt ließ die Schuldzinsen nicht zum Abzug zu, weil die ohne Einschaltung eines Ergänzungspflegers abgeschlossenen Darlehensvertrage zivilrechtlich nicht wirksam seien. Die Einwendung des A, er habe auf die Bestellung des Ergänzungspflegers zunächst aus Unkenntnis verzichtet, führte zu keinem anderen Ergebnis.
Die Meinung des BFH
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH hängt die steuerrechtliche Anerkennung von Vertragsverhältnissen zwischen nahen Angehörigen u.a. davon ab, dass die Verträge bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist. Dabei sind an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernsthaftigkeit von Verträgen zwischen nahen Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen. Lassen die Vertragsbeteiligten zivilrechtliche Formerfordernisse unbeachtet, so liegt darin ein Beweisanzeichen (Indiz), das gegen die Ernsthaftigkeit der getroffenen Vereinbarung spricht. Diese Indizwirkung wird noch verstärkt, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften insbesondere bei klarer Zivilrechtslage angelastet werden kann. So lag es nach Auffassung des BFH auch im Streitfall, in dem die Darlehensverträge mit den Kindern zunächst schwebend unwirksam waren, weil die bei Vertragsabschluss in Vertretung der Kinder handelnde Mutter keine Vertretungsvollmacht hatte (§ 1629 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Die nachträgliche Genehmigung der Verträge durch einen Erganzungspfleger hat die Verträge zwar zivilrechtlich wirksam werden lassen; dies reichte jedoch – unter den im Streitfall gegebenen Verhältnissen – für deren steuerrechtliche Anerkennung nicht aus.
Kommentar
Das Ergebnis überrascht. Der über den Streitfall entscheidende IX. Senat des BFH hatte erst vor kurzem in einem nahezu gleich gelagerten Fall im gegenteiligen Sinne entschieden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 22.2.2007, IX R 45/06