So skurril die Vorwürfe auch anmuten, der 42-jährige Angeklagte befindet sich im Hinblick auf die erheblichen Folgen für die Geschädigten in Freiburg in Untersuchungshaft. Dem ehemaligen Spitzensportler im Ringkampf wird laut Anklage vorgeworfen, einen Mann mit einem tiefgefrorenen Hähnchenschenkel am Kopf verletzt und einem anderen einen Teil des linken Ohres abgebissen zu haben.
Vorwurf schwerer Körperverletzung
Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen den Angeklagten haben es trotz der etwas kuriosen Umstände in sich: Im April 2024 soll der Angeklagte in Pfaffenweiler bei Freiburg private Schulden bei einem Bekannten eingetrieben haben. Hierbei kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Beide Beteiligte stürzen dabei eine Treppe hinunter. Der im Ringkampf erprobte Angeklagte soll seinen Gegner zu Boden gebracht und diesen mehrfach mit einem tiefgefrorenen Hähnchenschenkel auf den Kopf geschlagen und dabei erheblich verletzt haben.
Bei Schlägerei Teil der Ohrmuschel abgebissen
Einige Wochen später kam es in der Wohnung einer Bekannten des Angeklagten zu einer weiteren tätlichen Auseinandersetzung mit einer anderen männlichen Person. Die StA wirft dem Angeklagten vor, seinem Gegner einen Teil des linken Ohres abgebissen haben. Dies soll zu einer dauerhaften Einschränkung der Hörfunktion des Verletzten geführt haben.
Abbeißen der Ohrmuschel ohne Absicht?
Der Angeklagte räumt die ihm vorgeworfenen Taten zum Teil ein. Er bestreitet jedoch, bei der Schlägerei im April mit einem tiefgefrorenen Hähnchenschenkel gegen den Kopf des Opfers geschlagen zu haben. Den tiefgefrorenen Hähnchenschenkel habe der Gegner selbst aus dem Gefrierschrank seines Kühlschranks genommen und damit eine Wunde an seinem Kopf gekühlt. Dass er im Mai seinem Gegner einen Teil des linken Ohres abgebissen hat, bestreitet der Angeklagte nicht. Dies habe er aber ohne Absicht getan. Er verwies auf seine Drogenabhängigkeit und darauf, dass er die Taten unter erheblichem Alkoholeinfluss begangen habe.
Tiefgefrorener Hähnchenschenkel als gefährliches Werkzeug?
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten schwere Körperverletzung gemäß §§ 223 Abs. 1, 226 Abs. 1 StGB vor. Juristisch etwas kniffliger ist die Frage, ob ein Schlag mit einem tiefgefrorenen Hähnchenschenkel eine gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB sein kann. Dann müsste das Gericht den tiefgefrorenen Hähnchenschenkel als gefährliches Werkzeug qualifizieren. Dies ist nicht ausgeschlossen, denn für die Beurteilung eines Tatmittels als gefährliches Werkzeug kommt es nicht nur auf dessen Bestimmung oder Beschaffenheit, sondern auch auf die Art der Verwendung an.
- So kann eine geworfene Bierflasche im Zuge einer Schlägerei ein gefährliches Werkzeug sein (BGH, Urteil v. 26. 4. 2012, 4 StR 51/12).
- Das Gleiche gilt bei der Verwendung eines Mobiltelefons als Schlagwerkzeug (OLG Brandenburg, Beschluss v. 15.8.2022, 1 OLG 53 Ss 59/22).
Ende Januar wird weiterverhandelt
Ob dem Angeklagten die Schläge mit dem tiefgefrorenen Hähnchenschenkel nachgewiesen werden können und ob das Gericht dies als gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB bewertet, wird sich zeigen. Die nächste mündliche Verhandlung vor dem LG ist auf den 28.1.2025 terminiert.
(LG Freiburg, Strafverfahren 16 KLs 860 Js 24044/24)