Vorsteuerabzug bei Teilleistungen
Hintergrund
Vor Erbringung der Leistung (Teilleistung) steht dem Empfänger der Vorsteuerabzug nur zu, wenn er zuvor Zahlung geleistet hat. Vor Zahlung kann - bei Vorliegen der Rechnung - die Vorsteuer nur geltend gemacht werden, wenn bereits geleistet wurde. Im Streitfall lag nur die Rechnung ohne Zahlungen vor. Zu entscheiden war daher, ob bereits Teilleistungen erbracht wurden.
X war Geschäftsführer einer GmbH, der von einer GbR eine Lizenz eingeräumt wurde. Die GmbH hatte dafür jährlich "Mindestlizenzgebühren" (unabhängig von der Produktion) zu entrichten. Im Dezember 2000 stellte die GbR der GmbH Mindestlizenzgebühren zuzüglich USt für 2000 in Rechnung. Im Februar 2001 reichte X für die GmbH eine USt-Voranmeldung für Dezember 2000 ein und machte den Vorsteuerabzug geltend. Das FA zahlte den Vorsteuerüberhang im Februar 2001 aus. Als sich herausstellte, dass das Patent der GbR zu Unrecht bestand, kündigte die GmbH den Lizenzvertrag. Die Rechnung vom Dezember 2000 bezahlte sie nicht. Der Rückforderungsanspruch des FA wurde nicht beglichen und 2004 wurde die GmbH insolvent.
In 2006 nahm das FA X wegen Steuerhinterziehung für die rückständige USt 2000 in Anspruch. Die Mindestlizenzgebühren stellten, da noch nicht produziert worden sei, einen Abschlag auf erst künftig zu erbringende Leistungen und kein Entgelt für bereits erbrachte Teilleistungen dar. Somit sei der Vorsteuerabzug wegen fehlender Zahlung ausgeschlossen. Die Klage des X gegen den Haftungsbescheid wurde vom FG mit der Begründung abgewiesen, X habe es pflichtwidrig unterlassen, die USt-Voranmeldung Dezember 2000 zu berichtigen.
Entscheidung
Der BFH entschied zugunsten des X. Die Abgabe der USt-Voranmeldung Dezember 2000 hat zu keiner Steuerverkürzung geführt. Denn - entgegen der Auffassung des FG - hat die GbR Teilleistungen erbracht, sodass der GmbH der Vorsteuerabzug auch ohne Bezahlung der Rechnung zustand. Das FG-Urteil und der Haftungsbescheid wurden daher aufgehoben.
Zum Vorsteuerabzug berechtigende Teilleistungen liegen vor, wenn für bestimmte Teile einer teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird. Solche Teilleistungen sind z.B. bei Mietverträgen über eine bestimmte Laufzeit gegeben, wenn sie in monatliche Zahlungs- und Leistungsabschnitte untergliedert sind und durch monatliche Zahlungsaufforderungen oder Zahlungsbelege konkretisiert werden.
Dementsprechend führte im Streitfall - ebenso wie bei einem Mietvertrag - die Vereinbarung der für einzelne Jahre geschuldeten Mindestlizenzgebühr zu Teilleistungen. Für einzelne Zeiträume der Gesamtlaufzeit war (unabhängig von der Produktion) jeweils ein eigenständiges Entgelt zu entrichten. Es kommt daher - anders als beim Vorsteuerabzug vor Ausführung der Leistung - nicht auf die Bezahlung, sondern lediglich auf die Erstellung der Rechnung, die hier vorlag, an. Für den Vorsteuerabzug für Dezember 2000 war X somit nicht zur Berichtigung verpflichtet, auch wenn die Lizenz wirtschaftlich wertlos war und der Lizenzgeber in Betrugsabsicht gehandelt hat.
Hinweis
X war zuerst 2004 und nach Wiederaufnahme des Verfahrens erneut 2009 wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden. Auch das FG hatte in seinem 2011 ergangenen Urteil eine Steuerhinterziehung bejaht. Dass der BFH nunmehr eine Steuerverkürzung verneint, verdeutlicht das Dilemma steuerstrafrechtlicher Verfahren: Einerseits wird auf ein rasches Tätigwerden der Strafgerichte gedrungen, andererseits wird moniert, dass diese (vorschnell) vor Abschluss des steuerlichen Verfahrens entscheiden. So kann es - wie im Streitfall - zu einer unterschiedlichen Beurteilung derselben Steuerfrage im Strafprozess und im Finanzgerichtsprozess kommen. Ebenso besteht keine Bindungswirkung im Haftungsverfahren.
BFH, Urteil v. 18.4.2013, V R 19/12 (veröffentlicht am 31.7.2013)
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