Ertragsteuerliche Behandlung der Kindertagespflege

Selbstständige Kindertagesmütter und -väter können ab 2023 eine höhere Betriebsausgabenpauschale abziehen. Die Finanzämter erkennen nun 400 EUR pro betreutem Kind und Monat an. Das BMF hat in einem neuen Schreiben die Details dargelegt.

Die Kindertagespflege ist als familiennahe Betreuungsform in Deutschland nicht mehr wegzudenken. Insbesondere für die Betreuung ganz junger Kinder ist sie wegen kleiner Gruppengrößen und der engen Bindung zur Betreuungsperson eine attraktive und flexible Betreuungsform.

Mit Schreiben vom 6.4.2023 hat das BMF nun die ertragsteuerlichen Grundsätze für Berufstätige in der Kindertagespflege aktualisiert und die abziehbaren Betriebsausgabenpauschalen angehoben. Die Aussagen des BMF im Überblick:

Selbstständiger oder Arbeitnehmer?

Eine Kindertagespflegeperson erzielt Einkünfte aus einer selbstständigen erzieherischen Tätigkeit (i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG), wenn sie

  • die Kinderbetreuung in ihrem Haushalt, im Haushalt der Personensorgeberechtigten (z.B. der Eltern) oder in anderen geeigneten Räumen (z.B. extra angemieteten Räumlichkeiten außerhalb der Privatwohnung) vornimmt und
  • die Kinder verschiedener Personensorgeberechtigter eigenverantwortlich betreut.

Erfolgt die Betreuung eines oder mehrerer Kinder hingegen in dessen/deren Familien nach den Weisungen der Personensorgeberechtigten, ist die Kindertagespflegeperson regelmäßig als Arbeitnehmer anzusehen. In diesem Fall erzielt sie Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Arbeitslohn) und kann von ihren Einnahmen entweder die tatsächlich angefallenen Werbungskosten oder den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.230 EUR abziehen.

Im Falle der Selbstständigkeit gelten für Tagesmütter und -väter folgende Grundsätze:

Betriebseinnahmen

Kindertagespflegepersonen erhalten laufende Geldleistungen, die neben der Erstattung des Sachaufwands ihre erbrachten (Förder-)Leistungen anerkennen sollen (§ 23 SGB VIII). Das BMF weist darauf hin, dass diese Gelder als steuerpflichtige Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit angesetzt werden müssen. Unerheblich ist, von wem die Gelder gezahlt werden und wie viele Kinder betreut werden.

Hinweis: Die steuerfreie Übungsleiterpauschale von 3.000 EUR pro Jahr (§ 3 Nr. 26 EStG) kann auf die Gelder nicht angewandt werden. Ebenso wenig die Steuerbefreiung für Bezüge und Beihilfen aus öffentlichen Mitteln zur Erziehungsförderung (§ 3 Nr. 11 EStG).

Erstattet der Träger der öffentlichen Jugendhilfe der Kindertagespflegeperson die Beiträge zu einer Unfallversicherung, zu einer angemessenen Alterssicherung und zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung (nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB VIII), bleiben diese Erstattungen jedoch nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei.

Betriebsausgaben

Selbstständig tätige Kindertagespflegepersonen können wählen, ob sie von ihren steuerpflichtigen Einnahmen die tatsächlich angefallenen (nachgewiesenen) Betriebsausgaben oder pauschale Betriebsausgaben abziehen wollen. Das BMF erklärt aber, dass ein pauschaler Betriebsausgabenabzug für Kindertagespflegeperson ausgeschlossen ist, wenn sie die Kinderbetreuung im Haushalt der Personensorgeberechtigten (z.B. der Eltern) oder in kostenlos überlassenen Räumlichkeiten durchführen. Sie müssen die Betreuung also in ihrem eigenen Haushalt oder in entgeltlich angemieteten Räumlichkeiten anbieten, um den pauschalen Betriebsausgabenabzug nutzen zu können.

Tatsächlicher Betriebsausgabenabzug

Als tatsächliche Betriebsausgaben sind folgende (nachgewiesene) Kosten abziehbar:

  • Kosten für Nahrungsmittel, Ausstattungsgegenstände (Mobiliar), Beschäftigungsmaterialien, Fachliteratur, Hygieneartikel, 
  • Miete und Betriebskosten der Betreuungsräumlichkeiten,
  • Kommunikationskosten,
  • Weiterbildungskosten,
  • Beiträge für Versicherungen, die unmittelbar mit der Tätigkeit zusammenhängen,
  • Fahrtkosten,
  • Kosten für Freizeitgestaltung.

Hinweise: Beiträge zur Alterssicherung, Unfallversicherung und zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung der Tagespflegeperson können hingegen nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Pauschaler Betriebsausgabenabzug

Das BMF weist darauf hin, dass im Falle des pauschalen Betriebsausgabenabzugs ab dem Veranlagungszeitraum 2023 ein Betrag von 400 EUR je Kind und Monat als Betriebsausgaben abgezogen werden darf.

Hinweis: Bis einschließlich 2022 gilt noch die alte Pauschale von 300 EUR je Kind und Monat, die das BMF mit Schreiben v. 11.11.2016 festgelegt hatte.

Anders als beim tatsächlichen Betriebsausgabenabzug darf sich durch den Pauschalabzug aber nach wie vor kein steuerlicher Verlust ergeben.

Hinweis: Bewegt sich eine Kindertagespflegeperson mit ihrer Tätigkeit nahe an der Verlustgrenze, kann sich für sie daher ein Abzug der tatsächlichen Betriebsausgaben lohnen. 

Kinderbetreuungspersonen sollten ferner beachten, dass der 400-EUR-Pauschale eine wöchentliche Betreuungszeit von 40 Stunden zugrunde liegt. Fällt die tatsächlich vereinbarte Betreuungszeit für ein Kind geringer aus, muss die Pauschale zeitanteilig nach folgender Formel gekürzt werden:

400 EUR x vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit (max. 40 Stunden)/ 40 Stunden = gekürzte Monatspauschale

Corona-Zwangspausen

Das BMF erklärt, dass die Betriebsausgabenpauschale auch für Zeiten abgezogen werden kann, in denen die Kindertagespflege aufgrund von Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) zwischenzeitlich geschlossen war und die Tagesmutter bzw. der Tagesvater für diese Schließzeit keine steuerpflichtigen Geldleistungen erhalten hat.

Wurden Verdienstausfall-Entschädigungen (nach § 56 Abs. 1 bis 4 IfSG) an die Tagespflegeperson gezahlt, müssen weder die tatsächlichen noch die pauschalen Betriebsausgaben gekürzt werden (aufgrund des Bezugs steuerfreier Leistungen nach § 3c Abs. 1 EStG).

Ausfall der Kindertagespflegeperson

Fällt die Kindertagespflegeperson beispielsweise aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Fortbildung aus, kann sie die Betriebsausgabenpauschale für diese Zeiten gleichwohl abziehen, sofern ihr das Betreuungsgeld fortgezahlt wird.

Betriebsausgabenpauschale für Freihalteplätze

Hält die Kindertagespflegeperson sogenannte Freihalteplätze vor, die bei Krankheit, Urlaub oder Fortbildung einer anderen Kindertagespflegeperson kurzfristig belegt werden können und erhält sie für diese "Reserveplätze" laufende Geldleistungen (nach § 23 SGB VIII), so kann sie von den erhaltenen Einnahmen für diese Plätze eine besondere Betriebsausgabenpauschale abziehen.

Das BMF hat die Pauschale ab 2023 von 40 EUR auf 50 EUR je Platz und Monat angehoben. Werden Freihalteplätze tatsächlich von Kindern in Anspruch genommen, müssen bei der Ermittlung der Betriebsausgabenpauschalen allerdings folgende Besonderheiten beachtet werden:

  • Für die Belegungstage darf die (ggf. wegen geringer Betreuungswochenstunden gekürzte) 400 EUR-Monatspauschale zeitanteilig abgezogen werden (anzuwendende Quote: Zahl der Belegungstage/ 20 Arbeitstage im Monat).
  • Im Gegenzug muss die 50 EUR-Pauschale für Freihalteplätze zeitanteilig gekürzt werden (anzuwendende Quote: Zahl der freigehaltenen Tage/ 20 Arbeitstage im Monat).

Zur Veranschaulichung der vorgenannten Grundsätze hat das BMF ein umfassendes Fallbeispiel entwickelt, das im Folgenden mit ergänzenden Erläuterungen dargestellt wird.

Beispiel: Eine Kindertagespflegeperson betreut vier Kinder und hält einen Freihalteplatz vor. Im Jahr 01 ergibt sich bei ihr folgende Betreuungssituation:

  • Kind 1 wird von Januar bis Dezember für jeweils 40 Wochenstunden betreut.
  • Kind 2 wird von Februar bis November für 20 Wochenstunden betreut. Im Juni wird es für drei Wochen krankheitsbedingt nicht betreut; die Zahlungen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bleiben jedoch unverändert.
  • Kind 3 wird von August bis Dezember für 45 Wochenstunden betreut.
  • Kind 4 wird von Januar bis Dezember betreut, jedoch nur an zwei Tagen in der Woche für jeweils neun Stunden. 
  • Der Freihalteplatz ist nur im November für zwölf Tage mit jeweils sechs Stunden (mit Kind 5) und im Dezember für vier Tage mit jeweils acht Stunden (mit Kind 6) belegt.

Die pauschal abziehbaren Betriebsausgaben errechnen sich somit wie folgt:

Kind

 Berechnung

abziehbar

Bemerkung

Kind 1

400 EUR

x 12 Monate =

4.800 EUR

Grundfall

Kind 2

400 EUR x 20 Stunden

       40 Stunden  

x 10 Monate =

2.000 EUR

Zeitanteilige Kürzung wegen geminderter Wochenstundenzahl; krankheitsbedingter Ausfall unerheblich wegen Fortzahlung.

Kind 3

400 EUR x 40 Stunden

       40 Stunden  

x 5 Monate =

2.000 EUR

Wochenstundenzahl ist auf maximal 40 Stunden beschränkt; keine Erhöhung wegen 45 Wochenstunden.

Kind 4

400 EUR x 18 Stunden

       40 Stunden  

x 12 Monate =

2.160 EUR

18 Wochenstunden sind zugrunde zu legen.

Kind 5

400 EUR x 30 Stunden

       40 Stunden  

x 12/20 tel


x 1 Monat =

180 EUR

Wegen sechsstündiger Betreuung pro Tag sind 30 Wochenstunden zugrunde zu legen. Zeitanteiliger Ansatz wegen zwölf Betreuungstagen.

Kind 6

400 EUR x 40 Stunden

       40 Stunden  

x 4/20 tel


x 1 Monat =

80 EUR

Wegen achtstündiger Betreuung pro Tag sind 40 Wochenstunden zugrunde zu legen. Zeitanteiliger Ansatz wegen vier Betreuungstagen.

Freihalteplatz im Januar bis Oktober

50 EUR

x 10 Monate =

500 EUR

Für durchgängigen „Leerstand“.

Freihalteplatz im November

50 EUR x 8/20tel

x 1 Monat =

20 EUR

Für anteiligen „Leerstand“. Kürzung wegen zwölf Belegungstagen.

Freihalteplatz im Dezember

50 EUR x 16/20tel

x 1 Monat =

40 EUR

Für anteiligen „Leerstand“. Kürzung wegen vier Belegungstagen.

Pauschaler Betriebsausgabenabzug für das Jahr 01 somit

11.780 EUR


Anwendungsregelung

Das BMF erklärt in seinem neuen Schreiben, dass die vorgenannten Grundsätze ab dem Veranlagungszeitraum 2023 anwendbar sind. Die allermeisten Aussagen des BMF waren aber bereits im vorangegangenen, bis einschließlich 2022 geltenden Schreiben v. 11.11.2016 enthalten, sodass sich im Ergebnis wenige Änderungen ergeben. Neu und damit erst ab 2023 anwendbar sind damit lediglich die angehobenen Betriebsausgabenpauschalen und die Aussagen zu coronabedingten Schließzeiten.

Fazit: Da Kindertagespflegepersonen in der Regel zwischen dem tatsächlichen und dem pauschalen Betriebsausgabenabzug wählen können, sind sie nach wie vor gut beraten, wenn sie sich nicht schon zu Jahresbeginn auf eine Methode festlegen. Das steuerlich günstigste Ergebnis erzielen sie, wenn sie am Jahresende zunächst ihre tatsächlich entstandenen Werbungskosten zusammenrechnen und dann mit den pauschal abziehbaren Betriebsausgaben vergleichen; die Berechnung mit dem höchsten Kostenabzug kann dann der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde gelegt werden. Um sich die Möglichkeit dieser (Schatten-)Berechnung offen zu halten, müssen Kindertagespflegepersonen während des Jahres aber zunächst sämtliche Rechnungen und Quittungen über abziehbare Kosten sammeln.

BMF, Schreiben v. 6.4.2023, IV C 6 - S 2246/19/10004 :004

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