vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [III R 7/24)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Begriffe der erstmaligen Berufsausbildung im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG und der Erstausbildung in § 9 Abs. 6 Satz 2 EStG sind einheitlich auszulegen.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 9 Abs. 6 S. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Ausbildung der Tochter des Klägers zur Rettungssanitäterin eine Ausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) darstellt.

Der Kläger erhielt für seine am 2. Mai 2002 geborene Tochter T Kindergeld. Diese bestand im Juni 2021 ihr Abitur. Anschließend leistete sie von August 2021 bis einschließlich Juli 2022 den Bundesfreiwilligendienst bei der Malteserhilfsdienst gGmbH (MHD) in L. In dieser Zeit entwickelte sie den Berufswunsch, zur Polizei zu gehen. Daher bewarb sie sich Anfang 2022 um einen Studienplatz bei der Polizei in N. Im Anschluss absolvierte sie mehrtägige Einstellungstests bei der Polizei in M.

Da eine verbindliche Einstellungszusage der Polizei nicht zeitnah erfolgte, begann T zunächst zum 1. Oktober 2022 eine Ausbildung als operationstechnische Assistentin im Klinikum O. Nachdem sie Anfang Februar 2023 eine Einstellungszusage der Polizei erhalten hatte, brach sie umgehend ihre Ausbildung während der laufenden Probezeit ab und absolvierte in der Zeit vom 6. Februar 2023 bis zum 15. Mai 2023 einen Lehrgang zur Rettungssanitäterin beim MHD. Diesen Lehrgang schloss sie mit dem Zeugnis über die staatliche Abschlussprüfung für Rettungssanitäterinnen am 13. Mai 2023 mit der Gesamtnote „gut“ ab. Unmittelbar daran anschließend schloss sie mit dem MHD am 15. Mai 2023 einen bis zum 31. August 2023 befristeten Arbeitsvertrag ab, mit dem sie als Rettungssanitäterin in Vollzeit angestellt wurde. Die Vergütung beträgt ca. 2.000 € netto.

Mit Bescheid vom 22. Mai 2023 hob die Beklagte die Festsetzung des Kindergelds für T gegenüber dem Kläger ab dem Monat Juni 2023 vollständig auf. Im Rahmen des anschließenden Einspruchsverfahrens erließ die Beklagte am 12. Juni 2023 einen Bescheid, mit dem Kindergeld für T ab September 2023 (Aufnahme des Studiums) erneut festgesetzt wurde. Für die verbleibenden Monate Juni bis August 2023 wies die Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 14. Juni 2023 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie an, dass T von Februar 2023 bis Mai 2023 eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin absolviert habe und danach Vollzeit erwerbstätig gewesen sei. Dies schließe nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG eine Berücksichtigung als Kind bei der Kindergeldfestsetzung aus.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der daraufhin erhobenen Klage. Er ist der Ansicht, dass ihm Kindergeld für seine Tochter T auch im Zeitraum Juni bis August 2023 zustehe, da T in diesem Zeitraum eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht habe beginnen können (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c EStG). Die Berücksichtigung sei auch nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ausgeschlossen, da die Ausbildung seiner Tochter zur Rettungssanitäterin keine erstmalige Berufsausbildung im Sinne der Norm darstelle. Insoweit müsse der Begriff der ersten Ausbildung einheitlich mit der Definition der Erstausbildung gemäß § 9 Abs. 6 Satz 2 EStG ausgelegt werden, nach der eine solche Erstausbildung nur dann vorliege, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt worden sei. Diese Voraussetzungen erfülle die Ausbildung seiner Tochter jedoch nicht, da sie nur gut 3 Monate angedauert habe. Mangels Abschlusses einer erstmaligen Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG komme es somit auf die Erwerbstätigkeit von T im Streitzeitraum nicht mehr an.

Während des Klageverfahrens änderte T ihren Berufswunsch erneut. Wie T in der mündlichen Verhandlung mitteilte, habe sie durch ihre Tätigkeit im Rettungsdienst auch Einblick in die Tätigkeit der Polizei erhalten. Dies habe ihr nicht so gut gefallen wie ihre Tätigkeit als Rettungssanitäterin. Ihr Berufsziel sei es nunmehr, Notfallsanitäterin zu werden. Sie habe sich ab August 2023 für eine dreijährige Ausbildung bei verschiedenen Stellen in Deutschland beworben, u. a. auch beim MHD im Landkreis V. Eine mündliche Zusage zum Beginn der Ausbildung für den 1. April 2025 habe sie bereits erhalten. Verschiedene Verfahren zu einem früheren Ausbildungsbeginn liefen aber noch. Zurzeit arbeite sie weiterhin Vollzeit als Rettungssanitäterin. Der (ursprünglich befristete) Vertrag mit dem MHD sei in einen unbefristeten umgewandelt worden.

Das duale Studium bei der Polizei zum 1. September 2023 hat T dementsprechend nicht aufgenommen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2023 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juni 2023 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer in der Einspruch...

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