Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung und Herausgabe
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 21 C 3688/82) |
LG München I (Aktenzeichen 14 S 15563/82) |
Tenor
Der Mieter ist ohne Erlaubnis des Vermieters in der Regel nicht berechtigt, seinen Bruder auf Dauer in die Mietwohnung aufzunehmen.
Tatbestand
I.
1. Der Beklagte ist Mieter einer in München, …, gelegenen Dreizimmerwohnung. Der Mietvertrag vom 20.8.1980 enthält u.a. die Abrede, daß eine andere Untervermietung oder Gebrauchsüberlassung als an … – „auch an Familienmitglieder –” der gesonderten Zustimmung durch den Vermieter bedürfe.
Mit Schreiben vom 22.4.1982 kündigte der Bevollmächtigte der Klägerin das Mietverhältnis zum 31.5.1982. Zur Begründung machte er geltend, der Bruder des Beklagten sei vertragswidrig in die Wohnung eingezogen.
Da der Beklagte die Wohnung nicht räumte, erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 19.5.1982 Klage zum Amtsgericht München. Der Beklagte wandte gegen die auf Räumung und Herausgabe gerichtete Klage insbesondere ein, sein Bruder habe sich nur besuchsweise in der Wohnung aufgehalten, sei also nicht vertragswidrig in die Wohnung eingezogen.
Das Amtsgericht hielt es für unerheblich, ob sich der Bruder des Beklagten nur besuchsweise in der Wohnung aufgehalten oder ob er sie mitbewohnt hat. Es vertrat die Ansicht, ein Grund zur fristlosen Kündigung läge keinesfalls vor, weil der Mieter nächste Angehörige, zu denen auch ein Bruder gehöre, in die Mietwohnung aufnehmen dürfe. Es wies deshalb die Klage mit Urteil vom 23.7.1982 ab.
2. Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch unter Wiederholung ihres Sachvortrags aus dem ersten Rechtszug weiter, wobei sie insbesondere betont, der Beklagte habe die Wohnung trotz Abmahnung unbefugt seinem Bruder überlassen.
Das Landgericht München I hat am 8.12.1982 beschlossen, einen Rechtsentscheid zu folgender Frage zu erholen:
Stellt es eine vertragswidrige Nutzung der Mietsache nach § 553 BGB oder einen Kündigungsgrund nach § 564 b Abs. 2 Nr. 1 BGB dar, wenn der Mieter zusätzlich seinen Bruder als nahen Familienangehörigen in die Wohnung aufnimmt, ohne daß die Wohnung dadurch überbelegt wird?
In den Gründen hierzu ist ausgeführt, die Frage betreffe die Aufnahme naher Angehöriger in die Mietwohnung. In Rechtsprechung und Kommentierung sei unbestritten, daß Ehegatten und Kinder aufgenommen werden dürften. Ob der Mieter berechtigt sei, sonstige Angehörige aufzunehmen, sei hingegen ungeklärt.
Nach Anhörung der Parteien hat das Landgericht die Frage dem Bayer. Obersten Landesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
A. Die Vorlage, über die das Bayer. Oberste Landesgericht zu entscheiden hat (BayObLGZ 1980, 360/363 und ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt BayObLGZ 1983, Nr. 54), ist zulässig.
1. Wie der Begründung des Vorlagebeschlusses zu entnehmen ist, geht es dem Landgericht um die Frage, ob ein Mieter ohne Erlaubnis des Vermieters berechtigt ist, einen Bruder in die Mietwohnung aufzunehmen. Entsprechend ist die vom Landgericht vorgelegte Frage aufzufassen, auch wenn sie anders formuliert ist. Weitergehende Fragen – etwa nach dem Vorliegen eines Kündigungsgrundes – wollte das Landgericht erkennbar nicht zur Entscheidung vorlegen. Es hat zur Begründung seiner Vorlage ausgeführt, daß es im Falle der Verneinung der vorgelegten Rechtsfrage durch Beweisaufnahme zu klären beabsichtige, ob sich der Bruder des Beklagten nur besuchsweise in der Wohnung aufgehalten habe. Das Landgericht will also noch feststellen, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Kündigung vorliegen, sofern der Aufenthalt des Bruders in der Mietwohnung des Beklagten nicht auf jeden Fall als vertragsgemäß anzusehen sein sollte. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, das Landgericht habe die Frage vorlegen wollen, ob die hinsichtlich Beginn und Dauer nicht näher geklärte Aufnahme des Bruders in die Wohnung eine Kündigung rechtfertigen könne.
Die vorgelegte Frage geht auch nicht etwa dahin, ob ein Kündigungsgrund nach § 553 BGB gegeben ist, wenn der Mieter den Gebrauch der Mietsache unbefugt einem anderen überläßt. Diese Frage ist bereits durch Rechtsentscheid (vgl. OLG Hamburg WM 1982, 41) dahin geklärt, daß ein Vermieter das Mietverhältnis in der Regel gemäß § 553 BGB fristlos kündigen kann, wenn der Mieter den Gebrauch einer Mietsache unbefugt einem Dritten überläßt, ohne auf die Untervermietung einen Anspruch zu haben. Es besteht kein Grund zu der Annahme, das Landgericht habe diese Frage erneut aufwerfen wollen.
2. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Vorlage sind gegeben.
a) Die vom Landgericht als Berufungsgericht vorgelegte Rechtsfrage ergibt sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum (Art. III Abs. 1 Satz 1 des 3. MietRÄndG).
b) Sie hat grundsätzliche Bedeutung, da zu erwarten ist, daß die bisher weder durch die Rechtsprechung noch in der Literatur eindeutig beantwortete Frage auch künftig wiederholt auftritt (vgl. BayObLGZ 1981, 300/302 m. Nachw.). Die...