Verfahrensgang
Tenor
Die Nichtigkeitsklage des Klägers gegen das Senatsurteil vom 21. August 2023 - NotZ(Brfg) 4/22 - wird auf seine Kosten verworfen.
Der Streitwert wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
I. Der Kläger hat die Feststellung begehrt, dass sein Amt als Anwaltsnotar nicht mit dem Ablauf des Monats erlischt, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet (§§ 48a, 47 Nr. 1 BNotO). Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Der Senat hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 21. August 2023 (NotZ(Brfg) 4/22, BGHZ 238, 131) zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Nichtigkeitsklage.
Rz. 2
II. Die Nichtigkeitsklage ist unzulässig (§ 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 153 VwGO, § 579 ZPO). Der Kläger hat einen Nichtigkeitsgrund nicht in dem für die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage erforderlichen Maße dargelegt. Die Nichtigkeitsklage war daher im Beschlusswege zu verwerfen (vgl. § 125 Abs. 2 Satz 2 VwGO; BGH, Beschluss vom 22. Juni 2022 - RiZ 2/16, juris Rn. 12 f.).
Rz. 3
1. Zur Begründung wird zunächst auf den Beschluss des Senats vom 13. November 2023 (NotZ(Brfg) 4/22, NotZ 1/23 unter III) Bezug genommen. Dagegen hat sich der Kläger innerhalb der ihm eingeräumten Frist zur Stellungnahme hinsichtlich der von ihm zunächst geltend gemachten Nichtigkeitsgründe nicht gewendet.
Rz. 4
2. Soweit er mit Schriftsätzen vom 7., 12., 19. und 26. Februar, 6., 11. und 18. März, 5., 8., 21. und 29. April, 2., 6. und 31. Mai sowie 3. Juni 2024 nunmehr geltend macht, das gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BNotO im Hauptsacheverfahren erstattete Gutachten der Bundesnotarkammer sei teilweise unrichtig, der Beklagte habe das klageabweisende Urteil erschlichen, es bestehe der Tatverdacht der falschen uneidlichen Aussage gemäß § 153 StGB durch den Präsidenten der Bundesnotarkammer sowie der Beihilfe zu diesem Delikt durch eine Vielzahl weiterer benannter Personen, der Senat für Notarsachen habe einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, bei Kenntnis der wahren Sachlage hätte eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erfolgen müssen, der Senat habe sich mit der unzutreffenden Bestätigung der Richtigkeit des Vorbringens des Beklagten und der Bundesnotarkammer bewusst auf die Seite des Beklagten und der Bundesnotarkammer geschlagen und sowohl willkürlich gegen Art. 267 Abs. 3 AEUV verstoßen als auch das Recht des Klägers auf ein faires Verfahren verletzt; sowie, die Nichtigkeitsklage sei wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs begründet, weil der Kläger erst nach Zurückweisung der Anhörungsrüge festgestellt habe, dass sein Recht auf rechtliches Gehör durch die ungeprüfte Übernahme des unrichtigen Tatsachenvortrags der Bundesnotarkammer unterlaufen und die Bundesnotarkammer als vom Gericht möglicherweise befangen erkannter Sachverständiger ausgewählt und zugelassen worden sei, ohne den Kläger zuvor anzuhören, wird auch mit diesem Vortrag ein Nichtigkeitsgrund gemäß § 579 Abs. 1 ZPO nicht dargelegt.
Rz. 5
a) Der Kläger hat auf den ihm erteilten Hinweis vom 13. Februar 2024, dass sein Vorbringen keinen Bezug zu dem bisher geltend gemachten Nichtigkeitsgrund des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO habe, und daher eine Behandlung seiner Schriftsätze als Restitutionsklage beabsichtigt sei, sein Vorbringen weiterhin ausdrücklich nur im Rahmen der Nichtigkeitsklage wiederholt und vertieft.
Rz. 6
b) Die Nichtigkeitsklage ermöglicht die Aufhebung eines durch rechtskräftiges Endurteil abgeschlossenen Verfahrens wegen der Verletzung wichtiger, in § 579 ZPO abschließend aufgezählter Verfahrensvorschriften (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2017 - 1 BvR 2762/12, NVwZ 2018, 582 Rn. 28; Musielak/Sponheimer in Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl., § 579 Rn. 1). Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 579 Abs. 1 ZPO macht der Kläger aber nicht geltend. Er wendet sich vielmehr gegen die tatsächlichen Grundlagen des angegriffenen Urteils, die er für unrichtig hält. Sodann unterstellt er den von ihm lediglich behaupteten sachlichen Fehler als zutreffend. Auf der Grundlage der von ihm so ausgetauschten Sachverhaltsgrundlage des angegriffenen Urteils behauptet er eine Verletzung der Vorlagepflicht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV und einen daraus folgenden Besetzungsmangel gemäß § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, sowie, es habe eine Gehörsverletzung vorgelegen, die einen Verstoß analog § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO begründe. Das reicht zur Darlegung eines Verfahrensverstoßes unabhängig von der Frage, ob eine Verletzung der Vorlagepflicht einen Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO darstellen kann, und ob eine analoge Anwendung von § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO bei einer Gehörsverletzung in Betracht kommt (vgl. Jacobs in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 579 Rn. 9; Braun/Heiß in MünchKommZPO, 6. Aufl., § 579 Rn. 26 bis 30), nicht aus. Dass ein rechtskräftiges Urteil auf unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen beruht, kann nur in den von § 580 ZPO vorgesehenen Fällen mit der Restitutionsklage geltend gemacht werden. Eine solche hat der Kläger aber nicht erhoben; sie wäre auch unzulässig (§ 581 Abs. 1 ZPO).
Rz. 7
c) Im Übrigen beruht das angegriffene Urteil entgegen der Behauptung des Klägers auch nicht auf einer unrichtigen Sachverhaltsgrundlage. Es ist unerheblich, ob die beim Ausscheiden eines Anwaltsnotars laufenden Notariatsgeschäfte durch einen Notariatsverwalter gemäß § 56 Abs. 2 BNotO, durch die Notarkammer gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 BNotO oder einen Aktenverwahrer gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 BNotO beendet werden. Es kommt auch nicht darauf an, ob ihre Abwicklung durch lebensjüngere Notare erfolgt, die entweder bereits zuvor mit dem ausscheidenden Notar in Sozietät tätig waren, erst nach dem Ausscheiden aufgrund einer Vereinbarung mit ihm die Geschäftsstelle übernehmen, oder die Geschäftsstelle geschlossen wird. In allen Fällen geht das Urkundsaufkommen auf lebensjüngere Notare über, denen dadurch die Führung eines wirtschaftlich leistungsfähigen Notariats ermöglicht wird. Das wäre ohne die Altersgrenze nicht im erforderlichen Umfang gewährleistet.
Rz. 8
d) Zu Unrecht verlangt der Kläger in diesem Zusammenhang die Aufnahme von Feststellungen gemäß § 183 Satz 1 GVG in das Verhandlungsprotokoll des Senats vom 7. August 2023. Die Vorschrift ist hier nicht anwendbar. Sie gilt nur für sich manifest und originär in der Sitzung ereignende Straftaten (Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl., § 183 Rn. 2; Nierwetberg, NJW 1996, 432, 434). Dessen ungeachtet ist der vom Kläger erhobene Vorwurf eines Aussagedelikts - wie sich bereits aus den obigen Ausführungen ergibt - auch in der Sache haltlos. Überdies entbehrt die vom Kläger zur Begründung seines Vorwurfs unterstellte Gleichsetzung von Aktenverwahrung und Amtsnachfolge in sprachlich-tatsächlicher Hinsicht der Evidenz (vgl. KG, RNotZ 2014, 570 [juris Rn. 10 f.]; Frisch in Schippel/Eschwey, BNotO, 11. Aufl., § 51 Rn. 60) und übergeht die zwischen dem hauptberuflichen Notariat und dem Anwaltsnotariat bestehenden Unterschiede (Frisch, aaO, Rn. 9 ff.).
Rz. 9
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 111g BNotO i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Der Streitwert des Nichtigkeitsverfahrens entspricht im Regelfall und so auch hier dem Streitwert des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme begehrt wird (BVerwG, Beschluss vom 17. März 2015 - 5 A 1/15, juris Rn. 16).
Herrmann Roloff Böttcher
Brose-Preuß Hahn
Fundstellen
Dokument-Index HI16707300 |