Formale und materielle Anforderungen, die beim Bauen zu beachten sind, regelt die Bauordnung. Die gesetzgebende Kompetenz hierfür liegt bei den Ländern.
In allen daraus resultierenden 16 Landesbauordnungen finden sich an unterschiedlichen Stellen Regelungen zum barrierefreien Bauen.
Im Folgenden wird die Systematik anhand der Musterbauordnung (MBO), auf der alle Landesbauordnungen basieren, erläutert:
Allgemeines
Gemäß § 1 Abs. 1 der MBO gelten die gesetzlichen Bestimmungen der Bauordnungen " ... für bauliche Anlagen, Bauprodukte und Grundstücke sowie für andere Anlagen und Einrichtungen, an die in den Bauordnungen oder nachfolgenden Vorschriften Anforderungen gestellt werden.".
Grundsätzlich gilt es, " ... sie so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden." (§ 3 Abs. 1 MBO)
Aus diesem Generalanspruch ergeben sich u.a. die Anforderungen hinsichtlich der Standsicherheit, des Brandschutzes und der Flucht- und Rettungswege. Aber auch Anforderungen an die Energieeinsparung, Belichtung und Belüftung und auch die Barrierefreiheit lassen sich darunter subsumieren.
Begriffsdefinitionen wie z. B. zur Barrierefreiheit von baulichen Anlagen, finden sich im § 2 Abs. 9 der MBO, in Anlehnung an die bereits bekannte Definition aus dem Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes (BGG):
"Barrierefrei sind bauliche Anlagen, soweit sie für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind."
Barrierefreies Bauen gemäß § 50 Musterbauordnung (MBO)
Abb. 1 Öffentlich zugängliches Gebäude über Rampe
Der Paragraph bestimmt in Abs. 2, dass
"Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein müssen. Dies gilt insbesondere für
1. |
Einrichtungen der Kultur und des Bildungswesens, |
2. |
Sport- und Freizeitstätten, |
3. |
Einrichtungen des Gesundheitswesens, |
4. |
Büro-, Verwaltungs- und Gerichtsgebäude, |
5. |
Gast- und Beherbergungsstätten, |
6. |
Stellplätze, Garagen und Toilettenanlagen." |
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es " ... für die der zweckentsprechenden Nutzung dienenden Räume und Anlagen genügt, wenn sie in dem erforderlichen Umfang barrierefrei sind. Toilettenräume und notwendige Stellplätze für Besucher und Benutzer müssen in der erforderlichen Anzahl barrierefrei sein.".
Zu beachten ist, dass mit " ... Besuchern und Benutzern ...", Personen erfasst werden, die die Anlage zwar ständig nutzen, aber nicht dort beschäftigt sind (z. B. Schüler, Studierende an Hochschulen, Eltern).
Beschäftigte sind von der Vorschrift nicht erfasst. Für diese gelten die Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes und der Arbeitsstättenverordnung.
Welche Personen innerhalb eines Gebäudes dieses nur ständig nutzen oder wer beschäftigt i.S. des Arbeitsschutzgesetzes ist, ist im Einzelfall festzustellen.
In der Praxis ist es oft schwierig, genau festzulegen, welche Gebäude oder Gebäudeteile öffentlich zugänglich sind und welche Gebäude und Gebäudeteile dem allgemeinen Benutzerverkehr dienen.
Zur Erlangung größtmöglicher Flexibilität wie auch entsprechender Rechtssicherheit empfiehlt es sich hier keine Unterscheidungen vorzunehmen und möglichst alle Bereiche eines Gebäudes für eine barrierefreie Nutzbarkeit vorzusehen.
Der Abs. 2 gilt nicht, " ... soweit die Anforderungen wegen schwieriger Geländeverhältnisse, wegen des Einbaus eines sonst nicht erforderlichen Aufzugs, wegen ungünstiger vorhandener Bebauung oder im Hinblick auf die Sicherheit der Menschen mit Behinderungen oder alten Menschen nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können.".
In der folgenden Tabelle finden sich die einzelnen Paragraphen der Musterbauordnung und der 16 Landesbauordnungen, in denen die Barrierefreiheit von baulichen Anlagen geregelt wird. In den einzelnen Landesbauordnungen können abweichende Regelungen zur Musterbauordnung getroffen sein. Dies liegt in der Regelungshoheit der Bundesländer.