Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Beihilferegelung der Bundesrepublik Deutschland zugunsten bestimmter stromintensiver Unternehmen. Netzentgeltbefreiung für den Zeitraum 2012-2013. Beschluss, mit dem die Beihilferegelung für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird. Nichtigkeitsklage. Klagefrist. Zulässigkeit. Begriff der staatlichen Beihilfe. Staatliche Mittel. Parafiskalische Abgabe oder andere Zwangsabgaben
Normenkette
AEUV Art. 107 Abs. 1
Beteiligte
Deutschland/ Infineon Technologies Dresden u.a. |
Tenor
1.Die Rechtsmittel und die Anschlussrechtsmittel werden zurückgewiesen.
2.Die Bundesrepublik Deutschland, die Infineon Technologies Dresden GmbH & Co. KG, die Infineon Technologies AG und die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen C-794/21 P und C-800/21 P
betreffend zwei Rechtsmittel gemäß Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingereicht am 16. Dezember bzw. 17. Dezember 2021,
Bundesrepublik Deutschland,vertreten durch J. Möller und R. Kanitz als Bevollmächtigte,
Rechtsmittelführerin in der Rechtssache C-794/21 P,
andere Parteien des Verfahrens:
Infineon Technologies Dresden GmbH & Co. KGmit Sitz in Dresden (Deutschland),
Infineon Technologies AGmit Sitz in Neubiberg (Deutschland),
vertreten durch Rechtsanwälte L. Assmann und M. Peiffer,
Klägerinnen im ersten Rechtszug,
Europäische Kommission,vertreten durch K. Herrmann, C. Kovács und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
und
Infineon Technologies AGmit Sitz in Neubiberg,
Infineon Technologies Dresden GmbH & Co. KGmit Sitz in Dresden,
vertreten durch Rechtsanwälte L. Assmann und M. Peiffer,
Rechtsmittelführerinnen in der Rechtssache C-800/21 P,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission,vertreten durch K. Herrmann, C. Kovács und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt H. Heinrich,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Bundesrepublik Deutschland,vertreten durch J. Möller und R. Kanitz als Bevollmächtigte,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe (Berichterstatterin), des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Dritten Kammer sowie der Richter N. Piçarra, N. Jääskinen und M. Gavalec,
Generalanwältin: L. Medina,
Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2023,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 9. November 2023
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C-794/21 P beantragt die Bundesrepublik Deutschland die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 6. Oktober 2021, Infineon Technologies Dresden und Infineon Technologies/Kommission (T-233/19 und T-234/19, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:647), mit dem das Gericht die von der Infineon Technologies Dresden GmbH & Co. KG und von der Infineon Technologies AG (im Folgenden zusammen: Infineon-Gesellschaften) erhobene Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2019/56 der Kommission vom 28. Mai 2018 über die staatliche Beihilfe SA.34045 (2013/C) (ex 2012/NN) Deutschlands für Bandlastverbraucher nach Paragraf 19 StromNEV (ABl. 2019, L 14, S. 1, im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat.
Rz. 2
Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C-800/21 P beantragen die Infineon-Gesellschaften die Aufhebung des angefochtenen Urteils.
Rz. 3
Mit ihren Anschlussrechtsmitteln in den Rechtssachen C-794/21 P und C-800/21 P beantragt die Europäische Kommission ebenfalls die Aufhebung des angefochtenen Urteils.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 4
Der 39. Erwägungsgrund der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) lautet:
„Im Interesse der Transparenz und Rechtssicherheit sollten die Beschlüsse der Kommission der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden; gleichzeitig gilt weiterhin der Grundsatz, dass Beschlüsse über staatliche Beihilfen an den betreffenden Mitgliedstaat gerichtet werden. Deswegen ist es zweckmäßig, alle Beschlüsse, die die Interessen der Beteiligten beeinträchtigen könnten, in vollständiger oder zusammengefasster Form zu veröffentlichen oder für die Beteiligten Kopien derjenigen Beschlüsse bereitzuhalten, die nicht veröffentlicht oder nicht in vollständiger Form veröffentlicht wurden.“
Rz. 5
Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 bestimmt:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
h) ‚Beteiligte‘ Mitgliedstaaten [und] Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere de[n] Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände.“
Rz. 6
Art. 32 („Veröffentlichung der Beschlüsse“) Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 sieht vor:
„Die Kommission veröffentlicht imA...