Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzungsentschädigung für die Ehewohnung. Prozeßkostenhilfe. Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach dem Auszug eines Ehepartners aus der Ehewohnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Zieht ein Ehegatte aus der Ehewohnung, die zum Gesamtgut der Eheleute gehört, aus, so kann er von dem Ehepartner, der die Wohnung weiterhin benutzt, die Zahlung eines anteiligen Nutzungsentgeltes unmittelbar an sich selbst verlangen; auf den Umweg über das Gesamtgut braucht er sich nicht verweisen zu lassen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der die Zahlung fordernde Ehegatte für seinen Unterhalt auf ein solches Nutzungsentgelt angewiesen ist.

 

Normenkette

BGB §§ 535, 1416, 1420

 

Verfahrensgang

AG Forchheim (Beschluss vom 01.12.1986; Aktenzeichen 2 F 283/86)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts Forchheim vom 1. Dezember 1986 aufgehoben.

2. Der Antragstellerin wird ab 25. August 1986 Prozeßkostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt …, zur Vertretung beigeordnet. Zugleich wird angeordnet, daß die Antragstellerin aus ihrem Einkommen monatliche Raten von 120,– DM, fällig jeweils am 5. eines Monats, erstmals am 5. Februar 1987, an die Oberjustizkasse Bamberg zu leisten hat.

3. Im übrigen wird der Antragstellerin Prozeßkostenhilfe versagt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien sind seit 1958 verheiratet. Aufgrund Ehe- und Erbvertrages vom 12.3.1962 leben sie in Gütergemeinschaft. Das Gesamtgut wird von ihnen gemeinschaftlich verwaltet. Es besteht im wesentlichen aus einer im Jahre 1981 erworbenen, offensichtlich lastenfreien Eigentumswohnung, die die Parteien bis zum Auszug der Antragstellerin im August 1985 gemeinsam bewohnt hatten. Seit der Trennung der Parteien benutzt der Antragsgegner die Wohnung allein.

Unterhaltsberechtigte Kinder sind nicht vorhanden.

Die Antragstellerin begehrt nunmehr vom Antragsgegner für die Zeit ab 1.9.1985 für die Benutzung der Wohnung und der dazugehörigen Garage eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 200,– DM monatlich. Sie führt aus: Seit ihrem Auszug aus der Ehewohnung stehe ihr ein Entgelt in Höhe des halben Mietwertes der Wohnung und der Garage zu. Dieses belaufe sich nach Abzug der üblicherweise vom Vermieter zu tragenden Unkosten auf 247,50 DM. Hiervon mache sie mit der Klage 200,– DM geltend. Die Antragstellerin beruft sich vor allem auf eine Entscheidung des BGH vom 4.2.1982 (NJW 82, 1753), die zwar einen Fall des Miteigentums nach Bruchteilen betrifft, im vorliegenden Fall des Gesamthandseigentums nach Ansicht der Antragstellerin aber sinngemäß heranzuziehen ist.

Der Antragsgegner hält die beabsichtigte Klage für unbegründet. Er ist der Meinung, daß die von der Antragstellerin zitierte BGH-Entscheidung im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. Im übrigen sei es unbillig, wenn er ein Nutzungsentgelt entrichten müßte, obwohl er überhaupt nicht in der Lage sei, die ganze Wohnung zu benutzen. Außerdem sei es der Antragstellerin durchaus zuzumuten, innerhalb der Ehewohnung von ihm getrennt zuleben. Der Verzicht auf die Eigennutzung und die anschließende Forderung eines Nutzungsentgelts verstoße gegen Treu und Glauben. Vorsorglich rechnet der Antragsgegner mit einer Gegenforderung in Höhe von 2.000,– DM auf, die er aus der Verfügung der Antragstellerin über das gemeinsame Sparkonto der Parteien ableitet.

Mit Beschluß vom 1.12.1986 hat das Amtsgericht der Antragstellerin die beantragte Prozeßkostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsvervolgung versagt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragsgegner brauche eine etwaige Nutzungsentschädigung, die er dem Gesamtgut schulde, erst nach der Beendigung der Gütergemeinschaft zu leisten (§ 1468 BGB); erst dann sei die Gütergemeinschaft auseinanderzusetzen (§ 1471 BGB). Da die Gütergemeinschaft der Parteien aber bislang weder vertraglich aufgehoben noch aus einem anderen Grund beendet sei, könne die Antragstellerin eine Nutzungsentschädigung derzeit weder für sich persönlich noch zum Gesamtgut fordern.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 22.12.1986, zu deren Begründung sie im wesentlichen ihr früheres Vorbringen wiederholt. Im übrigen stützt sie ihr Klagebegehren nunmehr ausdrücklich auch auf § 1468 S. 2 BGB; danach sei der Antragsgegner dazu in der Lage und verpflichtet, das Nutzungsentgelt aus seinem laufenden Arbeitslohn, der als Sondergut anzusehen sei, zu entrichten. Die Leistung könne bereits jetzt verlangt werden, weil es sich um eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung und nicht um die Auseinandersetzung des Gesamtguts handele. Den ihr zustehenden Anteil könne sie unmittelbar und nicht erst auf dem Umweg über das Gesamtgut fordern.

Abschließend ersucht die Antragstellerin auch um Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das vorliegende Prozeßkostenhilfeverfahren einschließlich des Beschwerdeverfahrens.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluß vom 1.12.1986 ist zulässig (§ 127 ...

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