Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 26.04.1979; Aktenzeichen 2 O 355/78) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 26. April 1979 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von je 1.700 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit kann auch durch selbstschuldnerische, unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.
Wert der Beschwer: 45.000 DM.
Tatbestand
Am 14. April 1978 fanden Betriebsratswahlen statt. Im Betrieb der … in …, in dem die Kläger damals beschäftigt waren und mit Ausnahme des Klägers zu 2) noch beschäftigt sind, stellten die Vertrauensleute der Beklagten eine Wahlliste auf. Die Kläger unterstützten trotz ihrer Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht diese Liste, sondern kandidierten auf einer anderen, die sie – getrennt nach Arbeitern und Angestellten – zusammen mit nicht organisierten Betriebsangehörigen aufgestellt hatten. Wegen dieses Verhaltens leitete die Beklagte am 17. April 1978 das Ausschlußverfahren gegen die Kläger ein. Am 12. Juli 1978 beschloß der Hauptvorstand der Beklagten den Ausschluß der Kläger mit der Begründung, sie hätten durch ihre Kandidatur auf der nicht von den gewerkschaftlichen Vertrauensleuten aufgestellten Liste gegen § 7 Nr. 1 a) und b) der Satzung und Nr. 16 der vom Hauptvorstand erlassenen „Richtlinien für Betriebsrätewahlen” verstoßen.
§ 7 Nr. 1 der Satzung lautet:
„Ein Mitglied kann ausgeschlossen werden, wenn es
- die Gewerkschaft oder die Interessen der Mitglieder gröblich geschädigt hat;
- den Anordnungen des Hauptvorstandes, soweit diese auf der Satzung oder auf Beschlüssen der zuständigen Organe beruhen, nicht folgt;
…”
In Nr. 16 der genannten Richtlinien heißt es:
„Mitglieder der … kandidieren nur auf Listen, die von der Organisation bestätigt wurden. Sie dürfen keine andere Liste unterstützen. Das Kandidieren auf anderen oder gegnerischen Listen ist gewerkschaftsschädigendes Verhalten im Sinne des § 7 der Satzung und zieht das Ausschlußverfahren nach sich.”
Den Einspruch der Kläger gegen den Beschluß des Hauptvorstandes wies der Beschwerdeausschuß der Beklagten am 6. Oktober 1978 zurück.
Die Kläger haben Klage auf Feststellung erhoben, daß ihr Ausschluß unwirksam sei. Sie haben geltend gemacht: Die Beklagte habe sie unter Verstoß gegen § 20 Abs. 2 BetrVG in ihrer Wahlfreiheit beeinträchtigt. Eine Kandidatur auf der von der Beklagten unterstützten Liste sei ihnen nicht zuzumuten gewesen. Der Betriebsrat habe sich in der vorangegangenen Amtsperiode in zwei Gruppen gespalten gehabt, deren eine von den Klägern zu 1) und 2) und deren andere von dem späteren gewerkschaftlichen Spitzenkandidaten für die Betriebsratswahl 1978, …, angeführt worden sei. Es habe ständig Reibereien gegeben, in die die Beklagte sich über ihre zuständige Verwaltungsstelle eingemischt habe; eine sachliche Betriebsratsarbeit sei schließlich nicht mehr möglich gewesen. … sei für einen unnötigen Konfrontationskurs gegenüber der Betriebsleitung eingetreten, mit der … selbst fortlaufend Differenzen gehabt habe, die für eine am Interesse der Belegschaft orientierte Betriebsratsarbeit hinderlich gewesen seien.
Die Beklagte hat demgegenüber darauf hingewiesen, daß – dies ist unstreitig – dem Kläger zu 2) angeboten worden sei, auf Platz 1 der Gewerkschaftsliste zu kandidieren, und behauptet, auch den übrigen Klägern sei eine Kandidatur auf dieser Liste angetragen worden. Sie hat ferner vorgetragen, die Kläger hätten einen ihr gegenüber feindlichen Wahlkampf geführt; sie hätten das Auswahlverfahren für die gewerkschaftliche Kandidatenliste als undemokratisch bezeichnet und für ihre eigene Liste mit der Behauptung geworben, die Wahlbewerber der von den Vertrauensleuten aufgestellten Liste verträten nur die Interessen der Gewerkschaft und nicht die der gesamten Belegschaft.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Gegen dieses Urteil, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie beruft sich vor allem auf den in Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Schutz der Koalitionen, der sich auch gegen deren Bedrohung von innen her richte.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil und betonen, nach der in § 20 Abs. 2 BetrVG getroffenen Regelung hätten die Betriebsratswahlen innerbetrieblichen Charakter; das Interesse der Betriebsangehörigen an einem optimal besetzten Betriebsrat gehe demjenigen der Gewerkschaften, ihren Einfluß über die Betätigung in den Betrieben zu vergrößern, vor.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien...