Verfahrensgang

LG Lüneburg (Entscheidung vom 24.03.1981; Aktenzeichen 5 O 637/80)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24. März 1981 verkündete Anerkenntnisurteil und Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, dem Kläger über die bereits gezahlten 50.000 DM hinaus weitere 30.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 30. Dezember 1980 zu zahlen. Die weitergehende Zahlungsklage wird abgewiesen.

2. Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 80 % seines künftigen materiellen Schadens aus dem Verkehrsunfall vom 6.7.1977 in ... zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf öffentlichrechtliche Versicherungsträger übergegangen sind. Die Haftung des Beklagten zu 2) ist auf die Deckungssumme von 2 Millionen DM beschränkt.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 5/9 und die Beklagten als Gesamtschuldner 4/9 zu tragen. Die Kosten des Berufungsrechtsstreits fallen dem Kläger zur Last.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000 DM abwenden, falls nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten. Die Sicherheitsleistung kann durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

5. Wert der Beschwer des Klägers: mehr als 40.000 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, wurde am 6. Juli 1977 als Radfahrer in ... von dem bei dem Beklagten zu 2) versicherten Personenwagen des Beklagten zu 1) erfaßt und schwer verletzt; insbesondere erlitt er ein schweres Schädelhirntrauma mit Stammhirnkontusion und anschließendem apallischen Syndrom, Tetraspastik und eine Parese des linken Armes, was eine lebenslange Pflege- und Hilfsbedürftigkeit zur Folge hat. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, daß die Beklagten wegen der vom Beklagten zu 1) begangenen Vorfahrtsverletzung für 80 % des Schadens des Klägers einzutreten haben, während dieser sich eine Mitverantwortung von 20 % anrechnen lassen muß. Demgemäß hat der Beklagte zu 2) vor Rechtshängigkeit einen Schmerzensgeldkapitalbetrag von 50.000 DM sowie rückwirkend ab 6.7.1977 eine monatliche Schmerzensgeldrente von 300 DM gezahlt.

Der Kläger hält die Beträge für nicht ausreichend. Er hat die Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes von 50.000 DM und die Erhöhung der von den Beklagten außergerichtlich anerkannten Geldrente von monatlich 300 DM um 300 DM monatlich sowie die Feststellung begehrt, daß die Beklagten zum Ersatz seines zukünftigen materiellen Schadens zu 80 % verpflichtet sind. Letzteren Anspruch haben die Beklagten anerkannt.

Mit dem am 24.3.1981 verkündeten Anerkenntnisteilurteil und Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, daß die Schwere der Verletzungen des Klägers und ihre Folgen die Zubilligung eines Schmerzensgeldes von insgesamt 100.000 DM und eine monatliche Schmerzensgeldrente von insgesamt 600 DM rechtfertigten.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Beklagten. Sie begehren die Herabsetzung des Schmerzensgeldes um 20.000 DM sowie die Abweisung der Schmerzensgeldrentenklage. Der Beklagte zu 2) möchte darüber hinaus erreichen, daß seine Einstandspflicht für die zukünftigen materiellen Schadensersatzansprüche auf die im Versicherungsvertrag mit dem Beklagten zu 1) vereinbarte Deckungshöchstsumme von 2 Millionen DM begrenzt wird.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Die Beschränkung der Einstandspflicht des Beklagten zu 2) hält er nicht mehr für möglich, weil der Beklagte zu 2) diesen Antrag in der 1. Instanz ohne Einschränkung anerkannt habe.

Wegen des Sach- und Streitstandes im einzelnen wird auf das angefochtene Urteil sowie auf den vorgetragenen Inhalt der im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet.

I.

Die Beklagten sind gemäß den §§ 823, 847 BGB, 3 Pflichtversicherungsgesetz verpflichtet, dem Kläger eine billige Entschädigung für die immateriellen Nachteile zu zahlen, die er aufgrund des Verkehrsunfalls vom 6. Juli 1977 erlitten hat und noch erleidet.

1. Der Kläger erlitt bei dem Unfall, das ergibt sich aus dem ärztlichen Bericht des Dr. med. ..., vom 19. Juni 1978, Bl. 10 ff d.A., ein schweres Schädelhirntrauma mit Stammhirnkontusion und anschließendem apallischem Syndrom, Tetraspastik, eine Parese des linken Armes und einen intercurrenten Harnwegsinfekt. Noch 2 Monate später, als der Kläger am 8.9.1977 von der Kinderklinik der ..., in die er unmittelbar nach dem Unfall gebracht worden war, in das ... verlegt wurde, reagierte er nicht auf Ansprache; er befand sich in einem schwer reduzierten Allgemeinzustand, es bestand eine Streckhemmung des im übrigen in einer Beugestellung von circa 60 Grad gehal...

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