Verfahrensgang
LG Dortmund (Beschluss vom 26.02.1987; Aktenzeichen 9 T 143/87) |
AG Unna (Beschluss vom 10.10.1986; Aktenzeichen 6 VI 162/86) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Auf die erste Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluß des Amtsgerichts (Rechtspflegerin) von 10. Oktober 1986 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht (Rechtspfleger) zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde beträgt 2.000,–DM.
Tatbestand
Der Beteiligte zu 1) hat unter Hinweis auf einen gerichtlichen Vergleich vom 21. August 1985, in dem sich die Erblasserin zur Zahlung von 1.555,– DM an ihn verpflichtet hatte, die Anordnung einer Nachlaßpflegschaft beantragt. Das Amtsgericht hat sie mit dem Wirkungskreis „Ermittlung unbekannter Erben und Verwaltung und Sicherung des Nachlasses” angeordnet und den Beteiligten zu 2) zum Nachlaßpfleger bestellt. Dessen Ermittlungen nach Nachlaßwerten verliefen weithin ergebnislos; auch die Erben sind nicht festgestellt worden. Als der Beteiligte zu 1) mit der Forderung nach Zahlung der Vergleichssumme an ihn herantrat, beantragte der Nachlaßpfleger die Eröffnung des Nachlaßkonkurses, die mangels Masse abgelehnt wurde. Darauf hat das Amtsgericht mit Beschluß der Rechtspflegerin vom 10. Oktober 1986 die Nachlaßpflegschaft aufgehoben, da der Grund für ihre Anordnung nicht mehr bestünde. Der Erinnerung des Beteiligten zu 1) haben die Rechtspflegerin und der Richter des Amtsgerichts nicht abgeholfen. Das Landgericht hat sie als Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluß als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, der Beteiligte zu 1) sei nicht beschwerdeberechtigt, da er kein rechtliches, sondern allenfalls ein tatsächliches und wirtschaftliches Interesse am Fortbestand der Nachlaßpflegschaft habe.
Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 1) mit der weiteren Beschwerde, die er mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten beim Oberlandesgericht eingelegt hat.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig und auch in der Sache begründet; die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 FGG).
Entgegen der Auffassung des Landgerichts stand dem Beteiligten zu 1) ein Beschwerderecht gegen die Aufhebung der Nachlaßpflegschaft durch das Amtsgericht zu, so daß seine erste Beschwerde zulässig war. Die Beschwerdebefugnis des Nachlaßgläubigers gegen die Aufhebung einer Nachlaßpflegschaft wird in Rechtsprechung und Literatur teilweise schlechthin bejaht (Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 12. Aufl., Rn 92 zu § 20; Palandt-Edenhofer, BGB, 46. Aufl., Anm. 5 g zu § 1960; Soergel-Stein, BGB, 11. Aufl., Rn. 43 zu § 1960, jeweils m.w.N.). Die Gegenmeinung (KGJ 22, 71; OLG Colmar, OLGE 30, 173; Leipold in Münchener Kommentar, Rn. 72 zu § 1960; Staudinger-Otte/Marotzke, BGB, 12. Aufl., Rn. 58 zu § 1960) spricht dem Nachlaßgläubiger zwar die Beschwerdebefugnis ab, wenn die Anordnung der Nachlaßpflegschaft allein auf § 1960 BGB beruhte, da es dann allein Aufgabe des Nachlaßpflegers sei, im Interesse der Erben deren Person zu ermitteln und den Nachlaß zu sichern. Auch die Vertreter dieser Meinung ziehen aber die Beschwerdebefugnis dann nicht in Zweifel, wenn die Pflegschaft auf Antrag des Gläubigers unter den Voraussetzungen des § 1961 BGB angeordnet worden ist (so auch Jansen, FGG, 2. Aufl., Rn. 6 zu § 75). Denn dann dient die Anordnung der Nachlaßpflegschaft offensichtlich gerade auch den rechtlichen Interessen des Gläubigers, der ohne sie seine Ansprüche weder im Erkenntnisverfahren noch, sofern er nicht bereits vor dem Tode des Erblasser mit der Zwangsvollstreckung begonnen hatte, im Wege der Zwangsvollstreckung gegen den Nachlaß verfolgen könnte. Sind die Erben unbekannt oder haben sie die Erbschaft noch nicht angenommen, ist somit dem Nachlaßgläubiger die Rechtsverfolgung gegen den Nachlaß zunächst verwehrt, so muß das Nachlaßgericht auf seinen Antrag die Nachlaßpflegschaft anordnen, wenn er einen Anspruch gegen den Nachlaß gerichtlich geltend machen will. Daß die Anordnung im Falle des § 1961 BGB zwingend vorgeschrieben und nicht, wie im Falle des § 1960 BGB, in das Ermessen des Nachlaßgerichts gestellt ist, zeigt bereits, daß die Eröffnung des Zugriffs im Gläubigerinteresse nicht zufällige Nebenwirkung, sondern Zweck der Vorschrift ist. Dann aber muß der Gläubiger auch befugt sein, im Wege der Beschwerde geltend zu machen, daß die Voraussetzungen der Pflegschaft fortbestehen, ihre Aufhebung verfrüht erfolgt ist. Der angefochtene Beschluß war mithin aufzuheben, da die Erstbeschwerde zulässig war.
Sie war auch in der Sache begründet, weil die Voraussetzungen für die Aufhebung der Nachlaßpflegschaft nach den bisherigen Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht nicht bejaht werden können. Die Anordnung der Nachlaßpflegschaft ist im vorliegenden Falle jedenfalls auch auf der Grundlage des § 1961 BGB erfolgt. Das ergibt sich daraus, daß der Beteiligte zu 1) sie bea...