Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuchberichtigung. Nacherhebung von Grundbuchgebühren
Leitsatz (redaktionell)
Nur ein vollzugsfähiger Antrag kann nach § 60 Abs. 4 KostO zur Gebührenbefreiung führen.
Normenkette
KostO § 60 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Konstanz (Beschluss vom 12.06.1986; Aktenzeichen 1 T 78/86) |
Tenor
1. Auf die weitere Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Konstanz wird der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 12. Juni 1986 – 1 T 78/86 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde – an das Landgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Namens und im Auftrage der befreiten Vorerbin … stellte Rechtsanw … als Testamentsvollstreckerin am 26.7.1983 beim Notariat – Nachlaßgericht – … einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins auf Ableben der am 18.11.1981 verstorbenen … Zum Nachlaß gehörten auch diverse Grundstücke.
Mit Schriftsatz ihre Prozeßbevollmächtigten vom 7.11.1983, beim Nachlaßgericht eingegangen am 10.11.1983, bat die Vorerbin, die Erteilung des Erbscheins zurückzustellen, bis über den zwischenzeitlich streitig gewordenen Wirkungskreis der Testamentsvollstreckerin entschieden sei.
Nach erstinstanzlicher Erledigung dieses Zwischenstreits kam die Vorerbin mit Anwaltsschreiben vom 4.4.1984 auf ihren Antrag zurück. Der Erbschein wurde schließlich am 12.9.1984 erteilt.
Bereits mit Anwaltsschreiben vom 15.11.1983, beim Grundbuchamt eingegangen am 17.11.1983, hatte die Vorerbin mit dem Versprechen, den Erbschein nachzureichen, die Berichtigung des Grundbuchs beantragt. Die Ausfertigung des Erbscheins ging am 17.9.1984 beim Grundbuchamt ein. Über die am 6.11.1984 erfolgte Eintragung der Vorerbin erteilte das Grundbuchamt unter dem 31.7.1985 eine Kostenrechnung.
Hiergegen hat die Vorerbin Erinnerung eingelegt mit der Begründung, sie genieße Kostenbefreiung nach § 60 Abs. 4 KostO. Der Antrag vom 15.11.1983 sei aufgrund einer Auskunft des Grundbuchbeamten gefertigt und zur Post gegeben worden. Er habe den Anforderungen vollständig genügt. Falls dies wider Erwarten nicht der Fall sein sollte, seien die Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung niederzuschlagen.
Das Amtsgericht … hat durch Beschluß vom 17.2.1986 die Erinnerung zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Vorerbin hat das Landgericht Konstanz am 12.6.1986 unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ausgesprochen, daß für die Grundbuchberichtigung – anders für die Eintragung des Nacherbenvermerks – keine Gebühren zu erheben seien. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Vorerbin genieße Gebührenbefreiung nach § 60 Abs. 4 KostO. Es komme allein darauf an, daß der Eintragungsantrag binnen der dort vorgesehenen zweijährigen Frist bei dem Grundbuchamt eingereicht werde. Daß der Antrag vollzugsfähig – also unter gleichzeitiger Vorlage des Erbscheins gestellt – sein müsse, könne dem Gesetz nicht entnommen werden.
Hiergegen richtet sich die – vom Landgericht zugelassene – weitere Beschwerde der Staatskasse.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige (vgl. § 14 Abs. 3 S. 2 KostO) weitere Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Die Gebührenbefreiung nach § 60 Abs. 4 KostO kommt der Vorerbin nicht zustatten.
Nach der genannten Vorschrift wird die Gebühr für die Eintragung eines Eigentümers (§ 60 Abs. 1 KostO) nicht erhoben bei Eintragung von Erben des eingetragenen Eigentümers, wenn der Eintragungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei dem Grundbuchamt eingereicht wird.
Dem Landgericht ist zuzugeben, daß nach dem Wortlaut auch ein nicht vollzugsfähiger Antrag genügen könnte; Sinn und Zweck der Vorschrift ergeben indessen, daß nur ein „vollständiger” Antrag, dem die erforderlichen Nachweise beigefügt sind und der mithin „vollzugsfähig” ist, die Gebührenbefreiung auslösen kann.
Der Gesetzgeber wollte – wie die Begründung des Entwurfs sowie die Stellungnahme des Bundesrates dazu (BT-Drucks. IV/351 S. 7, 19, 23) ausweisen – mit der Einführung des § 60 Abs. 4 KostO für die Erben des eingetragenen Eigentümers einen Anreiz schaffen, die Berichtigung des Grundbuchs alsbald nach Eintritt des Erbfalles herbeizuführen. Die Berichtigung des Grundbuches durch Eintragung der Erben des Eigentümers – die oft unterbleibt, weil die Beteiligten die damit verbundenen Kosten scheuen – liegt auch und gerade im öffentlichen Interesse. Denn das Grundbuch hat die Aufgabe, dem Immobiliarverkehr eine sichere Grundlage zu geben (Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 8. Aufl. 1986, RNr. 2). Durch die Bereinigung unrichtig gewordener Einträge wird also der wert des Grundbuches für den Rechtsverkehr erhöht. Außerdem entsteht durch die unterbliebene Berichtigung überholter Eintragungen unnötiger Verwaltungsaufwand, der vermieden werden kann (OLG Karlsruhe, Die Justiz 1966, 155/156; Wedewer, JVBl. 1964, 89; Epple, BWNotZ 1964, 45; Tropf, BWNotZ 1964, 318 f.; Stöber, JVBl. 1966, 123). So...