Entscheidungsstichwort (Thema)

Pfändung eines Taschengeldanspruchs. Weitere sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 15. Januar 1988

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Taschengeldanspruch des Ehegatten ist bedingt (d.h. unter den Voraussetzungen des § 850b Abs. 2 ZPO) pfändbar, also nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Schuldners zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird und wenn nach Umständen des Falles die Pfändung der Billigkeit entspricht.

2. Darlegungs- und beweispflichtig für die Billigkeit der Pfändung ist der Gläubiger.

3. Die Billigkeitsprüfung nach § 850b Abs. 2 ZPO erfordert Mindestfeststellungen zur Höhe des pfändbaren Taschengeldbetrages.

 

Normenkette

ZPO § 850 ff.

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Entscheidung vom 15.01.1988; Aktenzeichen 4 T 3823/87)

AG Laufen (Entscheidung vom 07.10.1987; Aktenzeichen 2 M 816)

 

Tenor

I. Die weitere sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 15. Januar 1988 wird zurückgewiesen.

II. Die Gläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert wird auf DM 3.600,00 festgesetzt.

 

Gründe

I.

Auf Antrag der Gläubigerin erließ der Rechtspfleger am Amtsgericht Laufen am 28. Juli 1987 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, durch den wegen einer Forderung gegen die Schuldnerin in Höhe von DM 41.285,55 nebst Nebenkosten der Taschengeldanspruch der Gläubigerin gegen ihren Ehemann aufgrund gesetzlicher Unterhaltsverpflichtung nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet und der Schuldnerin zur Einziehung überwiesen wurde.

Zur Begründung ihres Antrags führte die Gläubigerin aus, daß die Schulden, deretwegen die Zwangsvollstreckung betrieben werde, aus dem Zusammenbruch der ehemaligen Firma der Schuldnerin resultierten. Die Firma sei von der gemeinsamen Tochter übernommen worden. Die Firma befinde sich im gleichen Haus und der Ehemann und Drittschuldner beziehe von ihr ein Nettoeinkommen von ca. DM 2.099,00 monatlich. Unter Berücksichtigung dieser Umstände entspreche es der Billigkeit, einen Taschengeldanspruch der Ehefrau, und Schuldnerin gegen den Drittschuldner zu pfänden. Die Pfändung des Taschengeldanspruchs werde heute allgemein für zulässig erklärt.

Die Pfändung des Taschengeldanspruches habe der Billigkeit entsprochen. Das monatliche Einkommen des Drittschuldners sei so bemessen, daß ihm und seiner Ehefrau auch nach Pfändung des Taschengeldanspruchs ein angemessenes Entgelt für den Lebensunterhalt verbleibe. Das Taschengeld der Ehefrau betrage 5% des monatlichen Nettoeinkommens des Drittschuldners in Höhe von ca. DM 2.100,00, also DM 105,00. Unter Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenzen verbleibe unter Zugrundelegung eines monatlichen Unterhalts von DM 900,00 (3/7 von DM 2.100,00) ein pfändbarer Taschengeldanspruch von DM 102,20 monatlich.

Gegen den Beschluß des Rechtspflegers erhob der Drittschuldner mit der Begründung „Einspruch”, daß er seiner Frau kein Taschengeld bezahle. Die Pfändbarkeit des Taschengeldanspruchs gegen den Ehegatten sei umstritten. Auch wenn man den Anspruch für bedingt pfändbar halte, müsse der Beschluß aufgehoben werden, weil die Gläubigerin nicht dargelegt und nicht belegt habe, daß die Pfändung der Billigkeit entspreche.

Über das Vermögen der Schuldnerin sei seinerzeit das Konkursverfahren eröffnet worden. Soweit die Tochter der Schuldnerin Gegenstände übernommen habe, seien diese entgeltlich vom Konkursverwalter erworben worden. Der Drittschuldner werde für seine Arbeit im Betrieb seiner Tochter leistungsentsprechend entlohnt.

Mit Beschluß vom 07. Oktober 1987 wies das Amtsgericht Laufen die Erinnerung des Drittschuldners zurück. Bei dem beizutreibenden Anspruch handele es sich um einen Zahlungsanspruch einer Krankenkasse, der nach dem unbestrittenen Vorbringen der Gläubigerin auf dem Konkurs der ehemaligen Firma der Schuldnerin resultiere. Die Firma sei von ihrer Tochter übernommen worden und der Drittschuldner sei jetzt dort angestellt. Die Schuldnerin sei trotz ihrer Schulden und obwohl sie von Beruf Verkäuferin sei und keine Kinder zu versorgen habe, Hausfrau. Bei diesem Sachverhalt wäre ihr zuzumuten, berufstätig zu sein. Das Nettoeinkommen des Drittschuldners von ca. DM 2.100,00 könne nicht als so gering angesehen werden, daß dies bei der Billigkeitsprüfung von Bedeutung wäre.

Mit seiner Beschwerde führte der Drittschuldner ergänzend aus, daß der Schuldnerin eine Berufstätigkeit nicht zugemutet werden könne. Sie habe ihren 78 Jahre alten und seit 4 Jahren gelähmten Vater sowie ihr 4½-jähriges Enkelkind zu versorgen.

Mit Beschluß vom 15. Januar 1988 hob das Landgericht Traunstein den Beschluß des Amtsgericht Laufen vom 07. Oktober 1987 sowie den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 28. Juli 1987 auf.

Die Kammer hält an ihrer in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung fest...

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