Leitsatz (amtlich)
Für - von dem zuständigen Familiensenat nicht veranlasste - Aktivitäten auf eine noch gar nicht begründete Beschwerde, deren Ziel unklar ist, entsteht keine Vergütung des Verfahrensbeistandes.
Normenkette
FamFG §§ 58-60, 158, 158c Abs. 1, 3, § 292 Abs. 1
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 555 F 12390/21) |
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I. Das Rechtsmittel betrifft die Frage, ob die Verfahrensbeiständin eine Vergütung für Aktivitäten in der Beschwerdeinstanz beanspruchen kann.
Mit Beschluss vom 17.07.2023 hat das Amtsgericht eine umgangsrechtliche Regelung getroffen, wobei der Umgang des Antragsgegners mit den Kindern bis zum 16.10.2023 ausgeschlossen wurde. In Ziffer 2. ist näher bestimmt, welche Maßnahmen im Falle einer zu vertretenden Zuwiderhandlung ergriffen werden, in Ziffer 3. werden die Gerichtskosten der Antragstellerin und dem Antragsgegner je zur Hälfte auferlegt. Der Antragsgegner hat dagegen mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 08.08.2023 Beschwerde eingelegt und eine Begründung mit separatem Schriftsatz angekündigt. Mit Verfügung vom 10.08.2023 legte das Amtsgericht die Akten dem OLG München vor, wobei es diese Verfügung und die Beschwerdeschrift auch der Verfahrensbeiständin der Kinder mitteilte.
Beim OLG wurde hierauf von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Eröffnungsverfügung erstellt; die Vorsitzende des 16. Zivilsenats (Familiensenat) nahm Kenntnis und setzte dem Antragsgegnervertreter eine Frist zur Beschwerdebegründung. Dieser nahm das Rechtsmittel mit Schreiben vom 12.09.2023 zurück. Mit Beschluss vom 13.09.2023 legte ihm das OLG die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf.
Am 15.09.2023 beantragte die Verfahrensbeiständin eine Vergütung für das Beschwerdeverfahren in Höhe von EUR 1.650,- (drei Kinder). Zur Begründung gab sie an: "Kontaktaufnahme mit Jugendamt am 24.08.2023". Die angehörte Bezirksrevisorin begründete am 17.10.2023 ihre Auffassung, wonach ein Vergütungsanspruch hier nicht entstanden sei. Auf diese, der Verfahrensbeiständin bekannte Stellungnahme wird Bezug genommen, ebenso auf die weitere Äußerung der Bezirksrevisorin vom 07.02.2024, mit der sie insbesondere darauf hinweist, die vom Antragsgegner erhobene Beschwerde sei noch nicht begründet worden.
Die Rechtspflegerin wies den Vergütungsantrag mit Beschluss vom 03.07.2024 zurück. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen an, die Bestellung zum Verfahrensbeistand wirke zwar grundsätzlich in die zweite Instanz fort und ein Vergütungsanspruch entstehe auch für jeden Rechtszug gesondert. Ein solcher sei hier jedoch nicht angefallen, da eine Beschwerdebegründung nie erfolgt sei. Ein Gespräch mit dem Jugendamt genüge in diesem Fall nicht, um den Vergütungsanspruch entstehen zu lassen, insbesondere, da noch nicht bekannt gewesen sei, was im Interesse der Kinder gelegen hätte. Dagegen wendet sich die Verfahrensbeiständin mit ihrer "Erinnerung", mit der sie geltend macht, nach dem Einreichen der Beschwerde mit dem Jugendamt inhaltlich darüber gesprochen zu haben, ob bzw. in welcher Form der Kontakt zwischen Vater und Kindern wieder angebahnt werden könne. Sie habe sich "inhaltliche Gedanken" gemacht und geprüft, wer als (neue) Umgangsbegleiterin in Frage kommen könne; auf die Begründung im Einzelnen wird Bezug genommen.
II. Die Beschwerde - als solche ist die "Erinnerung" anzusehen - ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere wird auch der Beschwerdewert erreicht (§ 61 Abs. 1 FamFG). In der Sache bleibt sie ohne Erfolg, weil hier ein Vergütungsanspruch nicht entstanden ist.
1. Dabei wird nicht verkannt, dass die Vergütung der Verfahrensbeistände nach den Vorstellungen des Gesetzgebers und der Rechtsprechung des BGH auf einer "Mischkalkulation" beruht, die insbesondere dem Verfahrensbeistand eine "auskömmliche Vergütung" sichern soll (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 09.10.2013 - XII ZB 667/12 Tz. 14 ff.). Grund hierfür ist weiter, wie auch der Senat mehrfach betont hat, der Gesichtspunkt einer unaufwändigen, unbürokratischen und damit praxisfreundlichen Handhabung der Berechnung (etwa BGH, Beschl. v. 27.09.2017 - XII ZB 420/16 Tz. 13). Es genügt daher für die Entstehung der Vergütung, wenn der Verfahrensbeistand "in irgendeiner Weise" im Kindesinteresse tätig wird (BGH, Beschl. v. 27.02.2019 - XII ZB 496/18 Tz. 14; Beschl. v. 27.11.2013 - XII ZB 682/12 Tz. 17).
2. Auch wenn die "Hürden" für die Entstehung der Vergütung demgemäß eher niedrig sein mögen, ist doch anerkannt, dass untergeordnete oder nicht notwendige Tätigkeiten eines Verfahrensbeistandes nicht genügen, um die Vergütung zur Entstehung zu bringen: Ruft etwa ein Verfahrensbeistand zweimal beim Jugendamt an, ohne jemanden zu erreichen, so ist dies nicht ausreichend (vgl. Senat, Beschl. v. 08.08.2022 - 11 WF 780/22). Ferner gilt, dass für das Lesen einer noch nicht begründeten Beschwerdeschrift eine Vergütung ebenso wenig anfällt, wie für die Äußerung ...