Entscheidungsstichwort (Thema)
Allgemeine Geschäftsbedingungen. Ratenkreditverträge. Inhaltskontrolle. Lohnabtretungsklausel. Vollmachtsklausel
Normenkette
AGBG § 9
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 13.07.1987) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg/Fürth vom 13. Juli 1987 wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, Ordnungshaft auch für den Fall, daß das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann,
zu unterlassen,
in Bezug auf Ratenkreditverträge, sofern es sich nicht um Verträge mit einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes, mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder mit einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen handelt, in allgemeinen Geschäftsbedingungen folgende Bestimmung wörtlich oder sinngemäß zu verwenden:
„Ich/Wir trete(n) hiermit zur Sicherung der Ansprüche der Noris … den jeweils pfändbaren Teil meiner/unserer Lehn-, Gehalts-, Provisions- oder sonstiger. Ansprüche sowie die gern. §§ 53 Abs. 3, 54 Abs. 3 Ziff. 2 Sozialgesetzbuch – Erstes Buch – abtretbaren Teile etwaiger Ansprüche auf Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- und Schlechtwettergeld sowie auf Arbeitslosenhilfe, Erwerbsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrente, gegen die jeweiligen Arbeitgeber, Dritte oder den jeweiligen Leistungsträger ab. Die … wird auf Verlangen – sofern alle ihre Forderungen ausgeglichen sind – die Ansprüche zurückübertragen.”
II. Der Kläger kann die Urteilsformel in Nummer I mit der Bezeichnung der Beklagten auf deren Kosten im Bundesanzeiger bekanntmachen.
III. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
IV. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
V. Die Beschwer der Beklagten beträgt 10.000,00 DM.
VI. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 DM abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Beschluß:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000,00 DM (5.000,00 DM + 5.000,00 DM) festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger ist ein Verbraucherverband im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGBG. Er verlangt von der Beklagten die Unterlassung der weiteren Verwendung der in ihren Geschäftsbedingungen enthaltenen sogenannten Abtretungs- und Vollmachtsklauseln.
Siehe Berichtigungsbeschluß vom 19. April 1988!
In ihren Geschäftsbedingungen, die auf jedem Kreditantrag aufgedruckt sind, ist u.a. bestimmt, daß die Beklagte die gesamte Restschuld zur sofortigen Zahlung fällig stellen kann, wenn sich die Kreditnehmer mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Rückzahlungsraten in Verzug befinden Außerdem enthalten die kurzen Geschäftsbedingungen (im folgenden immer AGB) neben einer Klausel über die Einwilligung des Darlehensnehmers zur Datenübermittlung an die sogenannte Schufa lediglich noch die beiden umstrittenen Klauseln, die folgenden Wortlaut haben:
„Lohnabtretung
Ich/Wir traten hiermit zur Sicherung der Ansprüche der … dieser den jeweils pfändbaren Teil meiner/unserer Lohn-, Gehalts-, Provisions- oder sonstiger Ansprüche sowie die gem. §§ 53 Abs. 3, 54 Abs. 3 Ziff. 2 Sozialgesetzbuch – Erstes Buch – abtretbaren Teile etwaige Ansprüche auf Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- und Schlechtwettergeld sowie auf Arbeitslosenhilfe, Erwerbsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrente, gegen die jeweiligen Arbeitgeber, Dritte oder den Jeweiligen Leistungträger ab. Die … wird auf Verlangen – sofern alle ihre Forderungen ausgeglichen sind – die Ansprüche zurückübertragen.
(Vollmachtsklausel)
Der erste Kreditnehmer und der zweite Kreditnehmer übernehmen für diesen Kredit die gesamtschuldnerische Haftung und bevollmächtigten sich – bis auf schriftlichen Widerruf – gegenseitig zur Entgegennahme aller Erklärungen seitens der … sowie zur Beantragung von Stundungen und Laufzeitverlängerungen …”
Die erste Klausel ist durch einen roten Balken an der linken Seite des Textes, die zweite Klausel durch Fettdruck hervorgehoben.
Der Kläger verlangte durch Schreiben vom 4. September 1986 von der Beklagten die Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung hinsichtlich der beiden umstrittenen Klauseln. Da die Beklagte ablehnte, erhob der Kläger die vorliegende Unterlassungsklage.
Im ersten Rechtszug hat er zur Begründung vorgetragen, die Abtretungsklausel sei unwirksam, weil sie keine Beschränkung auf den Verzugsfall enthalte und infolgedessen der Beklagten beliebige, unzulässige Zugriffsmöglichkeiten auf die Einnahmen des Darlehensnehmers eröffne. Die Vollmachtsklausel sei unwirksam, weil sie mit den gesetzlichen Grundgedanken der Gesamtschuld unvereinbar sei, da hiernach eine Kün...