Entscheidungsstichwort (Thema)
Schneeräumpflicht und Streupflicht der Wohnungseigentümer
Leitsatz (amtlich)
Bei einer aus 40 Wohnungen bestehenden Wohnungseigentumsanlage kann es ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn die Wohnungseigentümer beschließen, daß die gemeinschaftliche Schneeräum- und Streupflicht durch die einzelnen Wohnungseigentümer im Wechsel nach einem aufgestellten Plan erfüllt wird,
Normenkette
WEG § 21 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 06.02.1987; Aktenzeichen 2 T 782/86) |
AG Waiblingen (Aktenzeichen 12 GR I 68/85) |
Tenor
1. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Stuttgart (2. Zivilkammer) vom 06.02.1987 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß außergerichtliche Kosten auch in der II. Instanz nicht zu erstatten sind.
2. Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten der weiteren Beschwerde. Die außergerichtlichen Kosten trägt auch im Verfahren der weiteren Beschwerde jeder Beteiligte selbst.
Beschwerdewert: 3.000,– DM
Tatbestand
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner (mit Ausnahme des Verwalters) sind Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage … straße 65, 67/71 in …, die aus 40 Wohnungen besteht.
In der Eigentümerversammlung vom 19.07.1985 wurde unter Tagesordnungspunkt 4 mehrheitlich eine neue Hausordnung beschlossen, deren Ziff. I. 4. lautet: „Schneeräum- und Streupflicht erfolgt nach polizeil. Verordnung. Ein verbindlicher Schneeräum- und Streuplan wird bis 30. Oktober des jeweiligen Jahres bekanntgegeben. Zu diesen Leistungen sind alle Wohnungseigentümer verpflichtet.”
Die Antragsteller sind der Ansicht, dieser Beschluß sei ungültig, weil weder das Wohnungseigentumgesetz noch die Teilungserklärung der Gemeinschaft eine Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Wohnungseigentümer zu Arbeitsleistungen hergeben würden. Der Beschluß sei auch deshalb ungültig, weil er noch keinen konkreten Verpflichtungsinhalt habe, sondern eine Ermächtigung für die Verwaltung darstelle, nach freiem Belieben einen Winterdienstplan aufzustellen.
Die Antragsteller haben beim Amtsgericht fristgerecht den Antrag gestellt,
den Mehrheitsbeschluß der Eigentümerversammlung vom 19.07.1985 insoweit für ungültig zu erklären, als mit der damit beschlossenen neuen Hausordnung den Wohnungseigentümern die Durchführung der Räum- und Streupflicht auferlegt worden ist.
Dieser Antrag wurde durch Beschluß des Amtsgerichts vom 22.08.1986 zurückgewiesen und den Antragstellern die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner auferlegt.
Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsteller wurde durch Beschluß des Landgerichts vom 06.02.1987 mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß außergerichtliche Kosten in I. Instanz nicht zu erstatten sind. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner wurden den Antragstellern auferlegt.
Gegen diesen am 20.02.1987 zugestellten Beschluß legten die Antragsteller am 25.02.1987 durch Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten sofortige weitere Beschwerde ein mit dem Antrag,
unter Aufhebung der Beschlüsse des Amtsgerichts und Landgerichts festzustellen, daß der Beschluß der Eigentümergemeinschaft vom 19.07.1985 in TOP 4 ungültig ist, soweit mit diesem Beschluß den Wohnungseigentümern die Durchführung der Schneeräum- und Streupflicht auferlegt wurde.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist zulässig (§§ 45 Abs. 1 WEG, 22 Abs. 1, 29 FGG), in der Sache aber nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Gesetzesverletzung beruht (§ 27 FGG).
Das Landgericht hat den Mehrheitsbeschluß über die Heranziehung der Wohnungseigentümer zu tätiger Mitwirkung bei der Erfüllung der Schneeräum- und Streupflicht, dessen Ungültigerklärung die Antragsteller gem. §§ 23 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG begehren, zu Recht in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht als gültig angesehen.
1.
Zutreffend hat das Landgericht die Rüge der Antragsteller für unberechtigt erklärt, daß der Beschluß über die Erfüllung der Schneeräum- und Streupflicht in Ziff. I. 4. der Hausordnung schon deshalb ungültig sei, weil er (noch) keinen konkreten Verpflichtungsinhalt habe, sondern nur eine Ermächtigung an die Verwaltung zur freien Entwicklung eines Winterdienstplans gebe. Dabei verkennen die Antragsteller, daß die Wohnungseigentümer, die die Hausordnung gem. § 21 Abs. 5 Nr. 1 WEG durch Mehrheitsbeschluß aufstellen können, auch die Möglichkeit haben, durch Mehrheitsbeschluß die Aufstellung der Hausordnung dem Verwalter zu übertragen (Palandt BGB Komm. 46. Aufl. § 21 WEG Anm. 5 Nr. 1). Die Wohnungseigentümerversammlung brauchte die Heranziehung der einzelnen Wohnungseigentümer bei der Erfüllung der Räum- und Streupflicht deshalb nicht im einzelnen zu regeln, sondern konnte dem Verwalter die Aufstellung eines Schneeräum- und Streuplans aufgeben. Diese Befugnis, die sich bereits aus dem Wohnungseigentumsgesetz ergeben hätte, ist vorliegend in § 4 Ziff. 4 der Teilungse...