Entscheidungsstichwort (Thema)
Einmeldung von rückständigen Forderungen an Auskunfteien
Leitsatz (amtlich)
1. Die Rechtmäßigkeit der Einmeldung rückständiger Forderungen an eine Wirtschaftsauskunftei (hier: SCHUFA) bestimmt sich im Ausgangspunkt nach Art. 6 DSGVO. Die in § 31 BDSG für die Zulässigkeit des Scoring enthaltenen Maßstäbe haben insoweit allerdings indizielle Bedeutung.
2. Selbst eine nach dem Maßstab des § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BDSG bei Möglichkeit einer Kündigung des zugrunde liegende Vertragsverhältnisses im Grundsatz rechtmäßige Übermittlung von Daten an die Auskunftei darf nur solche fälligen und rückständigen Forderungen betreffen, wegen derer bei Zahlungsrückstand das zugrunde liegende Vertragsverhältnis fristlos gekündigt werden kann. Dies beinhaltet beim Rückstand mit Abschlagszahlungen auch den abgerechneten Saldo, da dieser nur eine umstands- und zeitbedingte Fortentwicklung der Entgeltforderung darstellt.
3. Nicht erfasst sind hingegen Nebenforderungen, wie etwa "Mahngebühren", "Nichterfüllungsschäden", "Überweisungsgebühren" oder "Verzugskosten". Der Rückstand mit derartigen vom Bestand der Hauptforderung abhängigen Nebenforderungen lässt keine Rückschlüsse auf mangelnde Zahlungsfähigkeit oder mangelnden Zahlungswillen des Schuldners zu.
4. Können nach der Darstellung der Forderungen derartige Nebenforderungen und die Hauptforderung nicht klar voneinander getrennt werden, ist die gesamte Einmeldung unrechtmäßig.
Normenkette
BDSG § 31; BGB § 1004; EUV 2016/679 Art. 6, 17, 82
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 09.01.2024; Aktenzeichen 17 O 130/23) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten - unter ihrer Zurückweisung im Übrigen - wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 9. Januar 2024 - 17 O 130/23 - dahingehend abgeändert, dass die Klage hinsichtlich des dort unter Ziffer 2 zuerkannten Schmerzensgeldes nebst hierauf entfallender Zinsen abgewiesen wird.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zwei Drittel und die Beklagte ein Drittel.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner kann die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrte mit der am 17. Juli 2023 zugestellten Klage erstinstanzlich die Veranlassung der Löschung eines Eintrages bei der Schufa Holding AG (nachfolgend: Schufa), die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Veranlassung des Eintrages, die Verurteilung, dass im Wege einer Mitteilung gegenüber der Schufa eine Berichtigung des dortigen Scorewertes zu erfolgen habe sowie die zukünftige Unterlassung der Mitteilung von Forderungen zu einer bestimmten Forderungskontonummer und immateriellen Schadensersatz.
In der Berufungsinstanz stehen - nachdem die erstinstanzliche Klageabweisung im Übrigen rechtskräftig geworden ist - noch der Löschungsantrag sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes und außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten im Streit.
Der Kläger bezog in der Zeit vom 1. April bis zum 18. September 2014 Strom von der A.-Energie GmbH (im Folgenden: A. GmbH). Mit Schreiben vom 11. Oktober 2014 (Anlage B1) stellte die A. GmbH dem Kläger im Rahmen einer Schlussrechnung einen Betrag in Höhe von 529,16 EUR in Rechnung. Dieser Betrag umfasst ausweislich der Rechnung "anteiligen Paketverbrauch", Mahngebühr, Nichterfüllungsschaden, Überweisungsgebühr sowie einen "Saldo Vertragskonto". Abschlagszahlungen des Klägers in Höhe von 79,00 EUR am 4. Juni 2014 und von 50,00 EUR am 6. August 2014 wurden berücksichtigt.
Wegen der Einzelheiten der Rechnung wird auf die Anlage B1 Bezug genommen. Der Zugang der Rechnung beim Kläger ist streitig.
Das am 1. April 2014 begonnene Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der A. GmbH war zuvor zum 18. September 2014 wegen Zahlungsverzuges des Klägers durch die A. GmbH fristlos gekündigt worden. Der Kläger befand sich mit Abschlägen in Verzug.
In den AGB der A. GmbH findet sich folgende Regelung:
"Zum Zwecke der Bonitätsprüfung kann der Energieversorger Auskünfte von Auskunfteien einholen und an diese personenbezogene, das Energieliefervertragsverhältnis betreffende Daten des Kunden unter den Voraussetzungen des § 28a BDSG weitergeben."
In Ziffer 4 Abs. 2 der AGB heißt es weiter:
"Die Parteien sind darüber hinaus auch zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist nach Maßgabe des § 314 BGB berechtigt".
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die AGB Bezug genommen, die vollständig im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Akte gereicht worden sind (Bl. 116 ff. d. EA. 2. Instanz).
Mit Schreiben vom 27. November 2014 (Anlage B6) forderte die B. Inkasso GmbH den Kläger im Namen der A. GmbH zur Zahlung einer offenen Forderung...