Robert Engert, Winfried Simon
Die Gründung einer Familiengesellschaft, bei der z. B. der Vater, der bisher alleiniger Inhaber eines Betriebs war, seinen Sohn oder seine Tochter als Mitgesellschafter in den Betrieb aufnimmt, hat den Vorteil, dass die Einkunftsquelle auf mehrere stpfl. Personen verteilt und damit die Progression des Einkommensteuertarifs für die Familie insgesamt abgemildert werden kann sowie der Grundfreibetrag der Steuertabelle mehrfach wirksam werden kann. Die im Rechtsleben geltende Vertrags- und Gestaltungsfreiheit wird grds. auch bei einer zwischen Familienangehörigen vereinbarten Gesellschaft anerkannt. Einer zivilrechtlichen Unwirksamkeit des Vertragsabschlusses bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen ist zwar nach dem BFH-Urteil vom 7.6.2006 (BStBl 2007 II S. 294) steuerrechtlich nur indizielle Bedeutung beizumessen. Die Finanzverwaltung wendete dieses Urteil jedoch nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus an (BMF-Schreiben vom 2.4.2007, BStBl I S. 441). Strittig war eine nachträglich herbeigeführte zivilrechtliche Wirksamkeit, die nach Auffassung des BFH, aber nicht des BMF auch steuerrechtlich wirken sollte. Mit Urteil vom 22.2.2007 (BStBl 2011 II S. 20) sieht der BFH bei zivilrechtlicher Formunwirksamkeit nunmehr allerdings eine Indizwirkung gegen die steuerliche Anerkennung des Vertrags (bestätigt mit Urteil vom 12.5.2009, BStBl 2011 II S. 24).
Bei Familiengesellschaften ist zu prüfen, ob eine Mitunternehmerschaft oder eine stille Gesellschaft zwischen Familienangehörigen anzunehmen ist. Dabei ist zu beachten:
1. Es muss eine ernsthafte, klare und eindeutige Vereinbarung über den Gesellschaftsvertrag vorliegen. Ein wesentliches Merkmal für die Ernsthaftigkeit ist, dass die Abmachungen, die für den Gesellschaftsvertrag von Bedeutung sind, wie z. B. über die Gewinnbeteiligung, die Höhe der Einlagen und die Entnahmebefugnis, genau umschrieben werden (im Einzelnen siehe unten).
2. Beim Vertragsabschluss müssen die Formvorschriften des bürgerlichen Rechts beachtet werden. Ihre Nichtbeachtung spricht gegen die Ernsthaftigkeit des Gesellschaftsvertrags.
Das bedeutet, dass z. B. bei der schenkweisen Einräumung einer stillen Beteiligung (typische und atypische) im Wege der Umbuchung vom Kapitalkonto des Vaters auf ein solches des Kindes eine notarielle Beurkundung des Schenkungsversprechens erforderlich ist (BFH-Urteil vom 19.9.1974, BStBl 1975 II S. 141 und die dort zitierte Rspr.). Für den Abschluss des Vertrags muss ein Pfleger bestellt werden, wenn das Kind minderjährig ist; bei einem Vertragsabschluss mit mehreren Kindern sind mehrere Pfleger erforderlich. Auch auf eine familiengerichtliche Genehmigung kann regelmäßig nicht verzichtet werden (H 15.9 Abs. 2 – Familiengerichtliche Genehmigung – EStH).
Bei schenkweiser Übertragung von Kommanditbeteiligungen oder anderen Mitunternehmeranteilen an einer KG oder OHG ist an sich ebenfalls eine notarielle Beurkundung des Schenkungsversprechens erforderlich; der Mangel der Form wird aber hier durch Bewirken der versprochenen Leistung, d. h. durch Einräumung der Gesamthänderstellung für das Kind im Wege der Umbuchung, geheilt. In jedem Falle muss jedoch bei Minderjährigkeit ein (ggf. mehrere) Abschlusspfleger bestellt werden. Ein Dauerergänzungspfleger für die gesamte Zeit der Mitunternehmerschaft und Minderjährigkeit wird aber nicht gefordert (BFH-Urteil vom 29.1.1976, BStBl II S. 328). Bei Beteiligung eines Minderjährigen an einer OHG oder KG bedarf es außerdem stets einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung.
3. Die tatsächlichen Verhältnisse müssen den vertraglichen Abmachungen entsprechen, d. h. es muss Übereinstimmung zwischen dem Vertrag und den tatsächlichen Verhältnissen bestehen. Die im Wirtschaftsleben geltende Vertragsfreiheit hat steuerlich da ihre Grenzen, wo die getroffenen Maßnahmen nicht ernst gemeint sind und sich mit den wahren und wirtschaftlichen Absichten der Beteiligten nicht in Einklang bringen lassen (H 15.9 Abs. 1 – Allgemeines – und Abs. 2 – Allgemeines – EStH).
Die aufgenommenen Familienangehörigen müssen auch tatsächlich die Stellung von vollberechtigten Gesellschaftern innehaben. Sie müssen das Recht haben, entsprechend ihrer Gesellschafterstellung in geschäftlichen Dingen mitzureden und mitzubestimmen. Ist die Stellung der eintretenden Familienmitglieder derart schwach, dass in Wirklichkeit nur der bisherige Inhaber weiterhin allein entscheidet, so kann steuerlich eine Mitunternehmerschaft nicht anerkannt werden. Eine Mitunternehmerschaft wäre z. B. zu verneinen, wenn die Festsetzung der Gewinnanteile für die Angehörigen allein dem Vater zustände oder wenn die Kinder dem Vater unwiderrufliche Vollmacht erteilt hätten, sie in allen geschäftlichen Angelegenheiten zu vertreten, oder wenn dem Vater allein die Geschäftsführung und die Aufstellung der Bilanzen oblägen und den anderen Beteiligten nur ein beschränktes Recht auf Bucheinsicht eingeräumt würde (siehe BFH-Urteile vom 8.2.1979, BStBl II S. 405, und vom 8.8.1979, BStBl II S. 768). Behalt...