Dipl.-Ing. Andreas Terboven, Dipl.-Ing. Michael Haug
Dachstühle und Dachkonstruktionen werden überwiegend aus Holz gefertigt. Der Baustoff wird, wie bei allen Gitterkonstruktionen, so zu Bauteilen zusammengefügt, dass durch die geometrische Anordnung der einzelnen Teile "stabile Dreiecke" entstehen. Damit entstehen sog. Knotenpunkte. Wird durch Brandeinwirkung ein solcher Knotenpunkt einer Dreieckverbindung zerstört, verliert das gesamte Dreieck seine Stabilität und kann zusammenstürzen. Dies kann auch bei noch ansonsten voll erhaltenem Holzquerschnitt geschehen. Das bedeutet, dass bei Bränden im Dachbereich (sog. Dachstuhlbrände) diese Knotenpunkte die empfindlichsten Stellen einer Dachkonstruktion sind.
Billige Knotenpunkte aus Stahl
Immer häufiger werden diese Knotenpunkte nicht mehr durch Verzapfen gefertigt, sondern durch billigere Nagelplatten aus Stahl ersetzt. Allerdings haben diese Verbindungen im Brandfall den gravierenden Nachteil, dass es sich um Stahlbauteile handelt, die den gleichen Gesetzmäßigkeiten unterliegen wie komplette Stahlbauteile (z. B. Stahlträger). Eine zu hohe Brand- und somit Wärmebelastung führt zwangsläufig dazu, dass der Knotenpunkt versagt – und zwar schlagartig. Hier "redet" nicht der Baustoff Holz, sondern die Konstruktion versagt durch die Stahleinlagen schlagartig.
3.2.1 Sparrendach
Sparrendächer sind Dächer, die aus einem einfachen Dreieck bestehen. In diesem Dreieck gibt es den sog. Firstknotenpunkt und den sog. Fußknotenpunkt. Wird bei einem Brand einer dieser Knotenpunkte zerstört, stürzt die gesamte Konstruktion ein (Abb. 5).
Abb. 5: Einsturzverhalten von Sparrendächern aufgrund des Versagens der Knotenpunkte
3.2.2 Kehlbalkendach
Eine Weiterentwicklung des Sparrendachs ist das Kehlbalkendach. Daher ähnelt das statische System des Kehlbalkendachs dem des Sparrendachs.
Grundsätzlich ist das System so aufgebaut, dass ein gegenüberliegendes Sparrenpaar (das sog. "Gespärre") am First gestoßen und an den jeweils beiden Fußpunkten auf einer tragenden Decke mit einer Aufkantung oder einem Formbauteil aus Stahl mit in die Decke eingebunden wird. Des Weiteren wird in der Höhe der späteren Decke des Dachgeschosses ein horizontaler Kehlbalken je Gespärre eingebaut. Ein seitlicher Verbund mit den beiden Sparren wird durch seitliche Laschen oder mittels zweiteiliger Kehlbalken hergestellt. Um eine Aussteifung in Querrichtung zu erzielen, wird am First eine Richtpfette in Firstrichtung eingebaut. Diese trägt allerdings in vertikaler Richtung keine Lasten ab.
Kehlbalkendächer können bei einer Brandeinwirkung einstürzen durch die Zerstörung
- des Fußknotenpunktes,
- der Kehlbalkenpunkte.
Dabei können die Bauteile des Fachgebälks nach außen abrutschen (Zerstörung des Fußknotenpunktes) oder nach innen fallen (Zerstörung der Kehlbalkenknotenpunkte) (Abb. 6). Ein Einsturz durch Zerstörung des Firstknotenpunkts ist möglich, durch den eingebrachten Kehlbalken allerdings unwahrscheinlich, weil dadurch ein stabiles Dreieck gebildet wird.
Abb. 6: Einsturzverhalten von Kehlbalkendächern aufgrund des Versagens der Knotenpunkte
3.2.3 Pfettendach
Pfettendächer sind derzeit die am weitesten verbreitete Dachkonstruktion. Die Konstruktion ist statisch relativ einfach. Daraus ergeben sich in der Herstellung große Zeit- und Kostenvorteile. Sie bieten eine weitaus stabilere Konstruktion mit längsverlaufenden Pfetten, die auf Stützen aufgelagert sind. Das Pfettendach kann einstürzen, wenn durch Brandeinwirkung die Mittelpfette oder einige Stützen zerstört werden (Abb. 7).
Abb. 7: Einsturzverhalten von Pfettendächern infolge des Versagens von Mittelpfette oder Stützen
3.2.4 Hallendach
Stahl hat bei einer kompletten Durchwärmung auf ca. 523 °C nur noch die Hälfte seiner statischen Tragfähigkeit. Daher sind Hallendächer aus Stahl erheblich mehr einsturzgefährdet als solche aus Holz. Das hat u. a. auch den Grund, dass Holz infolge der Brandeinwirkung Holzkohle bildet, die die Zerstörung des Bauteils verzögert. Des Weiteren ist der Querschnitt eines Stahlträgers aufgrund seiner höheren Tragfähigkeit geringer als der eines Holzbauteils. Das führt im Brandfall ebenfalls zu einer schnelleren Überlastung der Tragkonstruktion.
Abb. 8 zeigt, dass bei einer Zerstörung des Untergurts ein Einsturz des Hallendachs zu erwarten ist. Der Untergurt nimmt die komplette Zugspannung der Konstruktion auf. Ein Versagen kann dazu führen, dass das komplette System mit einem Domino-Effekt einstürzt. Sollten "nur" Streben oder Stützen zerstört werden, führt das zum Herunterfallen einzelner Teile der Dachkonstruktion. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Standfestigkeit des Dachs noch gewährleistet ist. Bei ausreichenden Zerstörungen kann es ebenfalls zum Einsturz des gesamten Systems kommen.
Abb. 8: Hallendachkonstruktion. Die Zerstörung des Untergurts, der die komplette Zuglast des Dreiecks aufnimmt, führt zum Versagen des "stabilen Dreiecks" und zum Kompletteinsturz des Systems Hallendach.
3.2.5 Rahmenbauten
Im Hinblick auf einen Einsturz erweisen sich Rahmenbauten aus Holz im Brandfall als günstige und standsichere Variante. Diese tragenden Konstruktionen wurden z. B. in Fachw...