Natürlich spielen auch Wissen, Kenntnisse, Erfahrungen, Fertigkeiten und Fähigkeiten eine wichtige Rolle im Umgang mit der Situationseinschätzung von Parametern einer mehr oder minder komplexen Arbeitswelt. "100-mal ist nix passiert" wird sich als Erfolgsfaktor in das Gedächtnis einprägen und für die Zukunft in gleichgelagerten Fällen handlungsleitend sein. Wenn eine Person vor der Entscheidung steht, dass eine Arbeitshandlung entweder
- sicherheitskonform mit mehr Zeitaufwand und sonstigen Umständlichkeiten oder
- zeitverkürzend und bequemer
ausgeführt werden kann, werden sich einige für die Variante b) entscheiden. Auch dies ist ein Resultat einer ökonomischen Informationsverarbeitung. Macht die Person dann die Erfahrung, dass diese Entscheidung und Vorgehensweise mit keinerlei negativen Konsequenzen verbunden ist, dann wird diese Episode als "erfolgreich" abgespeichert und bei mehrmaliger Wiederholung als zielführend gelernt, nämlich als "zeitsparender" und "komfortabler". Es besteht keine Notwendigkeit, das Verhalten zu ändern – solange sich kein Beinahe-Unfall oder Unfall ereignet, welcher dazu führt, dass das Handeln neu bewertet wird und eventuell zum Umdenken führt.
Fehlerhafte Anzeige
Eine fehlerhafte Anzeigenrückmeldung eines Assistenzsystems, die ohne Konsequenzen bleibt, wird als vernachlässigbar oder gar irrelevant eingestuft: "Das Licht blinkt immer, wir wissen nicht warum, aber es ist noch nie etwas passiert" (= Lernprozesse finden statt + Verankerung im Langzeitgedächtnis). Ändern sich aber andere Parameter im System, dann kann das blinkende Licht im neuen Kontext plötzlich eine andere Bedeutung bekommen und zu einer sicherheitskritischen Situation führen.
Lösungsansatz:
Auch scheinbar vernachlässigbare Parameter eines (scheinbar) stabilen Systems sollten kommuniziert werden. Das können sein: Fehlerhafte Anzeigen, Beinahe-Unfälle, sicherheitskritische Vorkommnisse. Das Konzept der Sicherheitspyramide von Heinrich besagt, dass es dann zu schweren Unfällen kommen kann, wenn viele unsichere oder riskante Handlungen oder scheinbar unerhebliche Umgebungsfaktoren übergangen werden. Bespricht man Auffälligkeiten, Abweichungen und Unregelmäßigkeiten regelmäßig im Team, können eventuell unerwünschte Vorkommnisse verhindert werden.
Neben den kognitiven Prozessen der Informationsverarbeitung bestimmen auch intrapsychische Einflüsse, die Arbeitsorganisation und die Arbeitsbedingungen Entscheidungen und Fehlentscheidungen und daraus resultierend Handlungen und Fehlhandlungen von Menschen.