Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
3.1 Unfallgeschehen/beruflich bedingte Erkrankungen
Neuere Zahlen der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe geben einen Überblick über das Unfallgeschehen bei Köchen im Zeitraum von 2009–2013 (andere Küchenmitarbeiter sind nicht berücksichtigt):
Art der Verletzung:
- 40 % Oberflächliche Verletzung (u. a. Schnittverletzungen)
- 12 % Verbrennung, Verbrühung
- 9 % Prellungen
- 8 % Verdrehung, Verrenkung
Spezifische Tätigkeit
- 34 % Arbeiten mit manuellen (nicht kraftbetriebenen) Handwerkzeugen
- 23 % Gehen, Laufen, Hinaufsteigen, Hinabsteigen usw.
- 17 % In die Hand nehmen, ergreifen, erfassen, mit der Hand halten, absetzen (in der Horizontalen)
- 5 % Ausgießen, Einfüllen, Auffüllen, Begießen, Entleeren, Ausschöpfen
Auslöser der Verletzung:
- 44 % Kontakt mit scharfem Gegenstand (Messer, Klinge)
- 18 % Vertikale Bewegung, Aufprall (als Folge eines Sturzes)
- 9 % Kontakt mit gefährlichen Stoffen – über/durch Haut und Augen
- 7 % Kontakt mit offenem Feuer oder heißen oder brennenden Gegenständen o. Ä.
- 7 % Körperliche Überlastung – Bewegungsapparat
Demnach ist der Umgang mit Geräten, allen voran die Schnittverletzungen durch Messer oder entsprechende Geräte in dieser Berufsgruppe Hauptunfallschwerpunkt, noch vor den Sturzunfällen. Ältere Zahlen lassen den Schluss zu, dass es sich auch bei Berücksichtigung aller Mitarbeiter in Küchenbetrieben insgesamt nicht viel anders verhält.
Ein gewisses Risiko besteht für Hauterkrankungen, besonders in Nebenbereichen wie der Vorbereitung, der Portionierung oder der Spülküche, wo viel im feuchten Milieu bzw. mit Handschuhen gearbeitet wird.
Allergien sind in Küchenbereichen grundsätzlich möglich, aber bei Weitem nicht so häufig wie in Backbetrieben.
Problematisch sind in jedem Fall verbreitete "Zivilisationskrankheiten" wie Erkrankungen des Bewegungsapparates oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die von belastenden Arbeitsbedingungen im Küchenbereich (Heben, Tragen, Stehen, ungünstige Arbeitszeiten, Stress, …) verstärkt werden können und nicht selten dazu führen, dass Beschäftigte ausgeübte Tätigkeiten im Küchenbereich nicht oder nur mit bestimmten Einschränkungen und/oder Hilfsmitteln fortführen können.
3.2 Arbeitszeiten
Die Arbeitszeitmodelle in Küchenbetrieben sind so vielfältig wie es die Betriebe sind. Während Küchen der Gemeinschaftsverpflegung, die i. W. nur eine warme Mittagsmahlzeit ausgeben (Kantinen, Betriebs- oder Schulcatering) oft mit einer normalen Arbeitsschicht auskommen und kaum Wochenendbetrieb haben, haben Gastronomieküchen zum Teil extrem ungünstige, geteilte Arbeitsschichten, die bis in die Nachtstunden gehen können, wobei Wochenenden und Feiertage Hauptbetriebszeiten darstellen. In Saisonbetrieben (z. B. in Urlaubsregionen), die ihre Umsätze manchmal in nur wenigen Monaten machen müssen, werden die für Gastronomiebetriebe nach Arbeitszeitgesetz bestehenden Sonderregelungen oft voll ausgeschöpft oder auch überschritten, was zu erheblichen Belastungen führen kann.
Stoßzeiten berücksichtigen
Egal, ob es um Absprachen, Unterweisungen, Begehungen, Prüfungen oder Beratungen geht: wer auch immer als mehr oder weniger Außenstehender in oder mit Küchen zu tun hat, tut gut daran, die Zeiten genau abzustimmen und die Erfordernisse des Arbeitsablaufes zu berücksichtigen. In der Hauptbetriebszeit kann keine noch so gutwillige Führungskraft und kein Mitarbeiter sich die Zeit für Arbeitsschutz nehmen und "Fremde" in der Küche sind dann nur im Weg.
3.3 Psychische Belastungen
In einzelnen Bereichen, v. a. in Gastronomie-Küchen einer bestimmten Ausprägung, kann es zu erheblichen psychischen Belastungen für das Küchenpersonal kommen. Wesentliche Faktoren dafür sind:
- Hohe Arbeitsbelastung: In gehobenen bzw. sehr großen Gastronomiebetrieben sind die Leistungsanforderungen z. T. sehr hoch und Anzahl und Vielfalt der gastronomischen Angebote gehen manchmal über die betrieblichen Möglichkeiten (Platz, Personal, Organisation) hinaus, ohne dass einzelne Beschäftigte das beeinflussen könnten.
- Konkurrenzdruck, ungünstiges Arbeitsklima: Ambitionierte Küchenmitarbeiter, besonders Köche, durchlaufen für ihr berufliches Fortkommen i. d. R. einige Stationen, wo es jeweils darum geht, sich zu profilieren und ggf. gegen Mitbewerber zu behaupten, um die nächste gebotene Aufstiegschance nutzen zu können. Oft sind die entsprechenden Betriebe nach innen sehr hierarchisch strukturiert, wodurch die Kollegialität leiden kann.
- Ungünstige, lange Arbeitszeiten: können zu Stressempfinden und Erschöpfung führen.
- Fehlendes außerbetriebliches Umfeld: Weil Gastronomieküchen häufig dann arbeiten, wenn andere Freizeit haben, fällt es Beschäftigten schwer, außerbetrieblich Kontakte zu pflegen, Beziehungen zu führen und Interessen zu entwickeln, die berufliche Belastungen ausgleichen könnten. Das trifft besonders dann zu, wenn, wie in Saisonbetrieben oder in der Spitzengastronomie, hohe Mobilität erwartet wird.
Oft spielen diese Faktoren zusammen mit anderen ungesunden Lebensgewohnheiten, wie
- Rauchen (Raucherpausen und Nikotinkonsum werden als entspannend erlebt),
- unregelmäßiges, reichliches Essen (u. a. zur Stre...