Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Wenn ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung überlässt, spricht man von Arbeitnehmerüberlassung. Im Gegensatz zum Fremdfirmeneinsatz im Rahmen von Werk- und Dienstverträgen gehen wesentliche Arbeitgeberpflichten dabei auf den entleihenden Betrieb über. Daher hat bei Leiharbeitnehmern zwar das Zeitarbeitsunternehmen als der verleihende Arbeitgeber gewisse Grundpflichten im Arbeitsschutz. Der Einsatzbetrieb muss aber die Mitarbeiter in Zeitarbeit in seinen Arbeitsschutzstrukturen ebenso berücksichtigen wie die eigenen Kräfte und entsprechend die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften gewährleisten. Dafür sind konkrete Absprachen zwischen beiden Seiten erforderlich, die i. d. R. im Rahmen des Leihvertrags zu definieren und unbedingt schriftlich festzuhalten sind. .
1 Rechtsgrundlage Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
Nach § 11 Abs. 6 AÜG unterliegt die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers beim Entleiher den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften des Arbeitsschutzrechts. Der Entleiher muss bei der Ausarbeitung des Leihvertrags angeben, welche Arbeitsaufgaben und -bedingungen den Leiharbeitnehmer erwarten und welche Qualifikationen und Kompetenzen er mitbringen muss. Daraus ergibt sich für den Verleiher die Pflicht, sich entsprechend zu informieren und geeignete Beschäftigte auszuwählen bzw. dafür zu sorgen, dass die vorgesehenen Mitarbeiter ausreichend qualifiziert, ggf. auch betriebsärztlich untersucht und ausgestattet sind.
Ist der Leiharbeitnehmer dann vor Ort, liegen die Arbeitnehmerpflichten vor allem beim Entleiher. Er muss für die Integration des Beschäftigten in sein Arbeitsschutzsystem sorgen, z. B. durch arbeitsplatzspezifische Unterweisungen, Sicherheitsanweisungen usw. Im gesamten Prozess muss darauf geachtet werden, dass Informationen nicht nur zwischen ver- und entleihendem Betrieb ausgetauscht werden müssen, sondern dass die betroffenen Arbeitnehmer ebenfalls über Arbeitsbedingungen, Gefahren und Schutzmaßnahmen informiert sind, ggf. in deren Muttersprache, wenn das zum Verständnis erforderlich ist.
Dabei muss immer berücksichtigt werden, dass der Leiharbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinn Beschäftigter des verleihenden Unternehmens bleibt. Unabhängig von der Branche, in der er eingesetzt wird, bleibt er auch in der gesetzlichen Unfallversicherung des Verleihers. Zwischen den Berufsgenossenschaften gibt es vor diesem Hintergrund allerdings Vereinbarungen, nach denen die Berufsgenossenschaft des Entleihers ihre Aufsichtspflicht auch gegenüber den bei anderen UVV-Trägern versicherten Leiharbeitnehmern wahrnimmt.
2 Pflichten des Entleihers (beispielhaft)
- Gefährdungsbeurteilung für die vorgesehenen Arbeitsplätze erstellen;
- Anforderungsprofil für die benötigten Mitarbeiter entwickeln und dem Verleiher zur Verfügung stellen;
- überprüfen, ob die angeforderten Leiharbeitnehmer über die nötigen Qualifikationen verfügen (z. B. Ausbildungsnachweise, Grundlagenunterweisung, nötige Vorsorgeuntersuchungen, Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen/Flurförderzeugen usw.);
- ggf. erforderliche Schutzausrüstung zur Verfügung stellen und die Benutzung sicherstellen;
- betriebs- und tätigkeitsspezifische Unterweisung durchführen (z. B. Verhalten im Brandfall, Fluchtwege, Umgang mit bestimmten Maschinen, Anlagen, Verfahren);
- allgemeine Berücksichtigung von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitsgestaltung (Arbeitsstätte, Arbeitsorganisation, Arbeitsmittel, Arbeitsstoffe usw.);
- Mitarbeiter der Zeitarbeit in der Arbeitsschutzorganisation berücksichtigen (z. B. bei der Ermittlung der Anzahl von Sicherheitsbeauftragten, Brandschutzhelfern und Ersthelfern).
3 Pflichten des Verleihers (beispielhaft)
- Gefährdungsbeurteilung erstellen (unter Berücksichtigung der Informationen des entleihenden Betriebs);
- Anforderungsprofil der benötigten Mitarbeiter ermitteln;
- geeignete und qualifizierte Mitarbeiter auswählen bzw. Mitarbeiter entsprechend vorbereiten/ausbilden;
- ggf. geeignete persönliche Schutzausrüstung bzw. Arbeitsmittel beschaffen, für notwendige Prüfungen und Einweisung der Beschäftigten sorgen;
- Mitarbeiter in den allgemeinen Grundlagen sicheren Verhaltens unterweisen (bei Arbeitsaufnahme, ggf. bei Tätigkeitswechsel, mind. jährlich);
- Einhaltung sicherer und gesundheitsschonender Arbeitsbedingungen beim Entleiher überprüfen;
wirksames Arbeitssicherheitskonzept im Zeitarbeitsunternehmen einführen (z. B. betriebsärztliche und sicherheitstechnische Beratung, Unfallstatistik, Ausbildung von Disponenten und Sicherheitsfachkräften in Arbeitsschutzdingen).
Doppelte Zuständigkeit
Grundsätzlich gilt: Zeitarbeitsunternehmen und Einsatzbetriebe sind nach dem Willen der Aufsichtsbehörden beide in der Arbeitsschutzverantwortung für die Beschäftigten. Wenn für die praktische Durchführung auch nur eine Seite zuständig ist, muss sich die jeweils ande...