Beim Abstich des Hochofens, bei der Installation von Windrädern oder bei der Arbeit mit der Motorsäge im Baumwipfel ist die Relevanz von Arbeitssicherheit für Führungskräfte und Mitarbeitende unumstritten. Im Callcenter, wo die Beschäftigten tagein, tagaus im Schichtbetrieb die Reklamationen frustrierter Kunden ertragen müssen, ist die Sache schon nicht mehr so offensichtlich. Da wird das Thema für die Führungscrew schnell zur ungeliebten Pflicht neben der Kür, die Arbeitsabläufe mit einer hohen Rendite zu organisieren. Die Geringschätzung der Prävention ist leider weit verbreitet. Dabei bietet die Integration der Arbeitssicherheit viel Potenzial für das nachhaltige Gesundheitsmanagement, das professionelle Führungsverständnis, das konstruktive Betriebsklima und das überzeugende Employer Branding.
Um das volle Potenzial der Arbeitssicherheit für die eigene Organisation zu heben, bedarf es zum einen einer sorgfältigen und achtsamen Haltung der Geschäftsführung und der Führungskräfte, die dem Thema die gebotene Aufmerksamkeit schenken. Aus Überzeugung. Mit Nachdruck. Aber es bedarf auch einer pragmatischen Balance, die alle Beteiligten an den Tag legen. Arbeitssicherheit ist kein Selbstzweck, sie dient dem sicheren Geschäftsablauf und nicht umgekehrt.
Wie lässt sich der Arbeitsschutz im Unternehmen wirksam organisieren – als interne oder externe Dienstleistung? Welche Unterschiede gibt es? Ist vielleicht der einen oder der anderen Variante den Vorzug zu geben?
1.1 Die Haftungsfrage
Aus Unternehmenssicht ist die Haftungsfrage nicht delegierbar, weder von Inhabern noch von Führungskräften. Das Bewusstsein für Pflicht und Haftung wird wahrscheinlich gestärkt, wenn Führende im Arbeitsschutz mit externen Experten interagieren, da sie nicht so leicht der Illusion verfallen, das Thema delegieren zu können.
1.2 Die Vernetzung
Eine interne Fachkraft für Arbeitssicherheit hat den Vorteil eines besseren Netzwerks in der Organisation und der größeren Nähe zum Business. Die Kommunikation kann schnell und pragmatisch gelingen, sofern sie nicht dogmatisch gestaltet wird. Gibt das der Arbeitssicherheit ein besonderes Gewicht? Nicht unbedingt. Da hat es die externe Fachkraft für Arbeitssicherheit leichter Gehör zu finden, da ihr womöglich eher der Expertenstatus zuerkannt wird als der internen, die den Kollegen bereits so vertraut ist, dass sie zu wissen glauben, was die Botschaft ist – ein gefährlicher Irrtum. Wir kennen diesen Effekt bei den Stellenbesetzungen, wo oft den internen Kandidaten weniger Kompetenz zugetraut wird als den externen. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass diese den Führungskräften nur besser bekannt sind, mit allen Stärken und Schwächen, als die Externen, die man in nur zweimal anderthalb Stunden gesprochen hat. So kommt es immer wieder vor, dass die Externen mit zu großen Erwartungen überfrachtet werden.
1.3 Der Sonderkündigungsschutz
Die interne Fachkraft für Arbeitssicherheit genießt Sonderkündigungsschutz. Der Arbeitgeber darf ihr nicht aus Gründen kündigen, die in Zusammenhang mit ihren sicherheitstechnischen Aufgaben stehen.
Der Sonderkündigungsschutz und die Mitbestimmung sollten für die Unternehmen bei der Frage, ob sie den Arbeitsschutz intern oder extern organisieren wollen, keine Rolle spielen. Beide Aspekte haben ihren guten Grund. Auch der Kapazitätsbedarf der Fachkraft für Arbeitssicherheit, ob Vollzeit oder Teilzeit, kann intern wie extern gedeckt werden. Womöglich ist bei gleichem Zeitbudget die externe Dienstleistung teurer – die Organisation aber schlanker. Am Ende sollten die qualitativen Überlegungen im Vordergrund stehen: Schätzt die Geschäftsführung die Vorteile der internen Expertise höher ein als die der externen?