Zusammenfassung
Waldarbeiten gehören zu den gefährlichsten Arbeiten, nur in der Baubranche und im Bergbau ereignen sich noch mehr Unfälle als bei der Arbeit in der Forstwirtschaft. Im Jahresdurchschnitt von 2010 bis 2016 ereigneten sich jährlich rund 6.000 meldepflichtige Unfälle bei Wald- und Forstarbeiten in Deutschland, dabei gingen durchschnittlich 31 pro Jahr sogar tödlich aus. Ein Großteil der Unfälle geschah bei der Holzaufarbeitung, beim Baumfällen sowie bei Rückearbeiten (Abtransport des Holzes aus dem Wald). Dabei handelte es sich überwiegend um Stolper- und Rutschunfälle. Besonders gefahrenträchtig ist die Arbeit mit der Motorsäge, deren Anteil seit Kurzem gegenüber der hochmechanisierten Holzernte wieder zunimmt. Da die Waldarbeiten heute weitgehend von forstlichen Dienstleistern durchgeführt werden, ereignen sich viele Unfälle nicht bei den Beschäftigten in den staatlichen und kommunalen Forstbetrieben, sondern bei den privaten Forstunternehmen. Im Rahmen dieses Artikels werden die grundlegenden Herausforderungen und Schutzmaßnahmen für den Arbeitsschutz in der modernen Forstwirtschaft vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtslage erläutert. Neben dem Gesetzgeber leisten auch Organisationen, wie die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), andere Unfallkassen, aber auch nicht-staatliche bzw. nicht öffentlich-rechtliche Organisationen, einen wichtigen Beitrag für die Arbeitssicherheit im Wald. Der Beitrag der nicht-staatlichen Akteure soll am Beispiel des Kuratoriums Waldarbeit und Forsttechnik e. V. (KWF) und der Waldzertifizierungsgesellschaft Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes (PEFC) beschrieben und gewürdigt werden. Dem Instrument der Zertifizierung von Produkten für Arbeitsschutzmaßnahmen (vor allem Persönlichen Schutzausrüstungen, PSA) sowie von Waldflächen kommt eine besondere Bedeutung zu, wie in einem weiteren Kapitel dargestellt wird. Schließlich wird am Beispiel des Aufbaus einer Rettungskette bei der Forstarbeit mithilfe eines Global Positioning Systems (GPS) aufgezeigt, welche Innovationen in den vergangenen Jahren die Arbeitssicherheit im Wald maßgeblich verbessert haben.
Forstspezifische Regelwerke und Informationen
1 Aktuelle Herausforderungen und Schutzmaßnahmen
Der Unfallschwerpunkt bezüglich der Anzahl der Unfälle im Forstwesen liegt nach Angaben des Kuratoriums Waldarbeit und Forsttechnik e. V. (KWF) nach wie vor bei den Stolper- und Rutschunfällen. Dabei handelt es sich um Gefährdungen, die durch technische und organisatorische Maßnahmen nicht oder nur schwer zu vermeiden sind. Aus diesem Grund wurden vor allem bei der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) in den vergangenen Jahren zahlreiche Innovationen in Bezug auf Konstruktion und Material entwickelt, um die Unfallzahlen zu reduzieren. So z. B. feste Stiefel mit grobem Profil und Rutschhemmung im Gelenk des Stiefels (Mittelsteg). Ein weiterer Innovationsschwerpunkt liegt auf der Weiterentwicklung von Nässeschutzbekleidung. Neuere Stoffe bieten einen höheren Tragekomfort durch höhere Wasserdampfdurchlässigkeit und helfen die wetterbedingten Risiken, wie z. B. Erkältungskrankheiten, zu reduzieren. Ebenso optimiert wurde Funktionsunterwäsche, die allerdings bereits seit den 1990er-Jahren größere Verbreitung gefunden hat.
Den Unfallschwerpunkt hinsichtlich der Schwere der Unfälle bilden herabfallende Äste und Stammteile. Innovationen im Bereich des Kopfschutzes haben zwar den Tragekomfort deutlich erhöht, die Sicherheit aber nicht messbar. Hier bestünde Innovationsbedarf in 2 Richtungen. Einerseits indem technische und organisatorische Lösungen den Vorrang vor der Unfallvermeidung durch PSA bekommen. Denn auch beim Arbeitsschutz im Wald gilt das T-O-P bzw. S-T-O-P-Prinzip. Die beste Maßnahme ist immer, die Gefährdung zu vermeiden oder ganz auszuschalten (Substitution). Wo das nicht möglich ist, muss die Gefährdung so gering wie möglich gehalten werden. I. d. R. geht das mit technischen Lösungen – z. B. sicherere Verfahren. Sie haben Vorrang vor organisatorischen Regelungen und personen- und verhaltensbezogenen Sicherheitsmaßnahmen.
Durch die Forcierung weiterer Innovationen beim Kopfschutz unter gleichzeitiger Wahrung der ergonomischen Eigenschaften können Unfälle durch herabfallende Baumteile weiter deutlich reduziert werden. In die richtige Richtung gehen die stabileren Helme nach EN 14052, die allerdings auch schwerer und für die Waldarbeit daher noch nicht optimal konstruiert sind.
Zur Verbesserung des Arbeitsschutzes hat schließlich die Einführung der Sprechfunkverbindung wesentlich beigetragen, da bei ordnungsgemäßer Arbeit – 2 Baumlängen Sicherheitsabstand zwischen 2 Arbeitern, die zudem passive Gehörschutzkapseln tragen – bisher keine Absprachen und Notfallverständigungen möglich waren. Inzwischen werden diese Systeme oft mit einer willensunabhängigen Alarmfunktion, dem Lagealarm, ausgestattet und werden durch weitere technolog...