Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
4.1 Heben und Tragen
Heben und Tragen ist sicher nicht das erste Stichwort, das betrieblichen Praktikern zum Thema Arbeitsschutz in abwassertechnischen Anlagen einfällt. Dennoch: Die Belastungen sind in bestimmten Teilbereichen nicht unerheblich. Das betrifft v. a. Kanalkolonnen, deren Aufgabe es ist, in regelmäßigen Abständen die Schmutzfänger in Straßeneinläufen (Gullis) zu säubern, aber auch alle anderen Beschäftigten, die regelmäßig oder gelegentlich schwere Schachtdeckel oder andere Abdeckungen/Luken öffnen müssen. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass die typischerweise geringe personelle Besetzung in Abwasserbetrieben dazu führt, dass solche Arbeiten häufig alleine verrichtet werden müssen und auch von älteren Personen oder solchen mit Erkrankungen des Bewegungsapparats.
Gemäß § 34 DGUV-V 21 bzw. Abschn. 3.4.2 DGUV-R 103-602 muss zum Öffnen von Schachtabdeckungen geeignetes, sicheres Werkzeug verwendet werden. Das sorgt nicht nur für ergonomische Arbeitsbedingungen, sondern schützt auch vor Quetschungen durch die z. T. sehr schweren und scharfkantigen Schachtdeckel. Solche Werkzeuge sind v. a. Schachtdeckelheber, die es vom einfachen Stahlhaken bis hin zum verfahrbaren Schachtdeckelhebewagen gibt. Ergonomisch vorteilhaft sind v. a. solche Werkzeuge, die mit einem gut gestalteten Gestänge Hebelkräfte ausnutzen und so Kraftaufwand und Rückenbelastung minimieren. Wie so oft ist mit dem Einsatz solcher Geräte allerdings ein gewisser logistischer und zeitlicher Mehraufwand verbunden. Beschäftigte sollten auf jeden Fall in die Auswahl geeigneter Geräte einbezogen und zum Gebrauch angehalten werden, möglichst bevor es zu Gesundheitsbeeinträchtigungen kommt.
Schwere Dom- oder Lukendeckel sollten mit Gegengewichten oder hydraulischen Einrichtungen ausgestattet sein, damit sie problemlos geöffnet werden können. Sie müssen darüber hinaus gegen unbeabsichtigtes Zuschlagen gesichert werden (§ 6 Abs. 4 DGUV-V 21, Abschn. 4.7.1 DGUV-R 103-003).
Gefährdungsanalyse mit Leitmerkmalmethode
Wenn an Arbeitsplätzen oder bei bestimmten Tätigkeiten regelmäßig erhebliche Lasten manuell bewegt werden (z. B. bei Kanalinspektion), muss eine Gefährdungsbeurteilung dazu durchgeführt werden. Dazu bietet sich die Leitmerkmalmethode der BAuA an, die in der Lage ist, eine sehr realitätsnahe Einschätzung der körperlichen Belastungen beim Heben und Tragen zu erzielen. Siehe dazu auch Abschn. 3.4.2 DGUV-R 103-602.
Maschinelle Lastenhandhabung
An abwassertechnischen Anlagen sind häufig auch schwere Lasten zu bewegen, wozu stationäre oder mobile Kräne mit entsprechenden Hebezeugen eingesetzt werden. Dieser Tätigkeitsbereich in unfallträchtig, besonders wenn Hebevorgänge nicht eingeübt sind, das Lastgewicht nicht bekannt ist oder Hebezeuge bzw. Krane nicht geeignet sind.
Der Unternehmer muss daher regeln, was mit welchen Mitteln gehoben oder transportiert werden darf und was ggf. nicht bzw. nur mit Unterstützung von Fachunternehmen. Dazu sollte es Betriebs- bzw. Arbeitsanweisungen geben. Beschäftigte, die Lasten anschlagen, müssen entsprechend ausgebildet und unterwiesen sein.
4.2 Arbeiten im Straßenverkehr
Vor allem Kanalkolonnen und Fachfirmen im Bereich der Kanalsanierung arbeiten häufig im Straßenverkehr, z. B. bei der Kanalreinigung bzw. der Reinigung von Straßeneinläufen oder bei Inspektionsarbeiten. Oft handelt es sich dabei nicht um längerfristige Baustellen, sondern um mehr oder weniger kurzfristige Arbeiten. Für Beschäftigte in diesen Bereichen ist immer Warnkleidung Standard (§ 35 StVO, DGUV-R 114-016 "Straßenunterhaltung"). Die Warnleuchte an Fahrzeugen und Arbeitsmaschinen muss eingeschaltet sein. Grundsätzlich sollten Fahrzeuge möglichst so im Verkehrsbereich abgestellt werden, dass an der verkehrsabgewandten Seite gearbeitet werden kann (Abschn. 3.10 DGUV-R 103-602).
Die Absicherung von Baustellen richtet sich grundsätzlich nach den "Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen" (RSA), die Regelpläne für die Absicherung von Baustellen für viele unterschiedliche Fälle enthalten. Die für Kanalarbeiten relevanten Standardregelpläne (i. d. R. innerorts und von kürzerer Dauer) müssen den Beschäftigten vertraut sein. Allerdings ist der Aufwand dafür gerade bei kurzzeitigen Baustellen nicht unbeträchtlich. So ergibt sich oft eine ortsübliche Handhabung in der Absicherung, die von den örtlichen Behörden zwar toleriert wird, aber bezüglich der Haftung im Schadensfall einen Graubereich darstellt. Es muss sorgfältig abgewogen werden, bis wann eine Maßnahme so kurzzeitig und der Eingriff in den Straßenverkehr (z. B. auf wenig frequentierten Wohnstraßen) so gering ist, dass die Warnleuchte des Arbeitsfahrzeuges und die Warnkleidung der Beschäftigten ausreichende Maßnahmen darstellen.
Die Absicherung im Straßenverkehr verlangt also eine gewisse Sensibilität der Beschäftigten und sollte daher regelmäßig ein Thema in der Unterweisung sein.
Baustellenabsicherung unterweisen
Oft werden gerade kurzzeitige Baustellen im Straßenverkehr nicht gem. den RSA abgesichert,...