Selbstverständlich gilt auch für die Mitarbeiter von Handwerksbetrieben die Prämisse, dass jeder Beschäftigte jeden Tag wieder gesund zu Hause ankommen soll. Die im Arbeitsschutzgesetz skizzierten Ziele des betrieblichen Arbeitsschutzes sind unabhängig von der Art und Größe einer Organisation gültig. Gleiches trifft auch für die zahlreichen öffentlich-rechtlichen Vorgaben zum Arbeitsschutz zu, auch wenn der Gesetzgeber und die Unfallversicherungsträger ihre Forderungen teilweise an die Betriebsgröße bzw. die Gefährdungssituation anpassen (z. B. Erfordernis eines Arbeitsschutzausschusses, Bestellung eines Sicherheitsbeauftragten).
Für einen Großteil der Handwerksbetriebe stellt eine wirksame und rechtskonforme Umsetzung des Arbeitsschutzes eine besondere Herausforderung dar. Die Gründe dafür sind:
- In vielen Handwerksbetrieben ist das Gefährdungs- und Belastungspotenzial aufgrund des Tätigkeitsspektrums deutlich höher als in anderen Wirtschaftsbereichen.
- Das Problembewusstsein ist in Handwerksbetrieben in der Regel unterdurchschnittlich. Die hohe Belastungssituation und die überdurchschnittlichen Unfallrisiken werden nur bedingt wahrgenommen, weil Unfälle in Klein- und Kleinstbetrieben trotzdem ein relativ seltenes Ereignis sind, arbeitsbedingte Erkrankungen selten als Folge schlechter Arbeitsbedingungen erkannt werden und der Umgang mit größeren Belastungen als durchaus "normal" gilt.
- Das Vorschriften- und Regelwerk im Arbeitsschutz ist sehr umfangreich und komplex. Eine Zusammenstellung der einschlägigen Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften etc. für einen kleinen Kfz-Betrieb ergab deutlich mehr als 100 zu beachtende Vorgaben.
- Vor allem die Klein- und Kleinstbetriebe verfügen zwar über das grundlegende Gestaltungswissen, aber nur in begrenztem Maße über das erforderliche Vorschriftenwissen sowie die spezifischen Gestaltungskompetenzen.
- Einer engagierten Umsetzung stehen gewichtige Barrieren im Weg. Zu nennen sind insbesondere die knappen zeitlichen und finanziellen Ressourcen, die emotional geprägten Vorbehalte der Betriebsinhaber gegenüber den vielen Regelungen zum Arbeitsschutz sowie deren Überlastung durch den oben skizzierten Flaschenhals-Effekt.
Ein großer Teil der Betriebsinhaber nimmt (deshalb) eine abwartende Position ein und handelt erst, wenn Ereignisse (z. B. schwere Unfälle) oder externer Druck (von Behörden, Versicherungen oder Kunden) sie dazu zwingen. Besser, aber nicht viel besser ist die Situation in Handwerksbetrieben, die sich für eine sicherheitstechnische und betriebsärztliche Betreuung entschieden haben. Viele Handwerksunternehmer empfinden die vom Gesetzgeber vorgesehene Beratung durch einen sicherheitstechnischen und betriebsärztlichen Dienst als Pflicht zur "Zwangsberatung", die nur Kosten verursacht. Da es viele Dienste anscheinend nicht schaffen, die Handwerker vom Nutzen ihrer Betreuungsmaßnahme zu überzeugen, verfestigt sich leider diese Fehleinschätzung. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Handwerksunternehmer bereits bei der Auswahl der Dienstleister Kostenaspekte in den Vordergrund stellen. In der Regel zeigen die beauftragten Sicherheitsfachkräfte dann Schwachstellen auf, erstellen die erforderlichen Dokumente oder weisen auf die Notwendigkeit von deren Erstellung hin und führen Standardunterweisungen durch. Eine "Begeisterung" für eine wirksame Umsetzung des Arbeitsschutzes können sie häufig aber nicht entfachen – viele sehen dies auch nicht als ihre Aufgabe an. In der Praxis trifft man deshalb leider immer wieder folgende Konstellation:
- kein wirkliches Interesse des Unternehmers,
- Vorbehalte bei den Beschäftigten gegenüber den von der Sicherheitsfachkraft "vorgegebenen" Präventionsmaßnahmen,
- eine Sicherheitsfachkraft, die sich bei ihrer Arbeit sehr schwer tut und sich auf den Standpunkt zurückzieht, "ich kann nur beraten".
Eine solche Konstellation ist natürlich sehr fatal. Erfreulicherweise gibt es aber auch andere Handwerksbetriebe, bei denen die Unternehmer dem Thema "Sicherheit und Gesundheit" aufgeschlossen gegenüberstehen und einen effizienten systematischen Arbeitsschutz betreiben. Diese Betriebe und die von ihnen praktizierten Konzepte und Methoden geben eine positive Orientierung für einen wirksamen und rechtskonformen Arbeitsschutz in Handwerksbetrieben.