6.1 Zielsetzung
Vermeidung von Gefährdungen oder allgemein Prävention (Vorbeugung, Vorsorge und Schutz vor nicht gewollten Ergebnissen) ist ein fundamentales Prinzip unseres heutigen Verständnisses von Sicherheit, Gesundheitsschutz und menschengerechter Arbeitsgestaltung. Sämtliche Aktivitäten der betrieblichen Sicherheitsarbeit und damit auch eines AMS zielen deshalb letztendlich immer auf eine Vermeidung oder zumindest eine Minimierung von Gefährdungen und Belastungen.
Die fundamentalen ethischen Vorgaben und rechtlichen Grundlagen, um Präventionsmaßnahmen zu fordern und zu ergreifen, liegen im Grundgesetz. In weiteren Gesetzen und Vorschriften wird der Arbeitgeber direkt aufgefordert, Gefahren und Risiken, denen seine Mitarbeiter ausgesetzt sind, zu beseitigen bzw. zu minimieren (z. B. in § 4 ArbSchG). Gefordert wird u. a., dass Gefahren an ihren Quellen bekämpft werden und technische sowie organisatorische Schutzmaßnahmen Vorrang vor individuellen haben sollen. Prävention ist aber auch eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit (siehe hierzu Nutzen von Sicherheit und Gesundheitsschutz).
Um Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen zu verhüten sowie menschengerechte Arbeiten, Abläufe, Prozesse und einen ungestörten Betriebsablauf sicherzustellen, sind geeignete Regelungen für eine gezielte und systematische Ermittlung und Beurteilung der für die Beschäftigten und Dritte bestehenden oder möglicherweise entstehenden Gefährdungen Grundvoraussetzung. Für den gesamten Bereich der "Gefährdungsbeurteilung und Prävention" sollten die Zuständigkeiten eindeutig festgelegt werden (siehe Beispiel).
Regelung der Zuständigkeiten für die Gefährdungsbeurteilung und die Prävention
Die Bereichsleiter sind in ihrem Bereich verantwortlich für:
- die systematische Ermittlung und Beschreibung sicherheits- und gesundheitsschutzrelevanter Arbeiten, Abläufe und Prozesse,
- die Ermittlung von Gefahren und Gefährdungen sowie die Ermittlung und Bewertung von Risiken – die Fachkraft für Arbeitssicherheit unterstützt auf Anforderung,
- die Vermeidung bzw. Minimierung von Gefahren, Gefährdungen und Risiken (Ermittlung und Veranlassung geeigneter Präventionsmaßnahmen) – die Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie weiteres Fachpersonal unterstützt auf Anforderung,
- das Veranlassen arbeitsmedizinischer Vorsorgemaßnahmen sowie
- das Vorschlagen von Aktionsprogrammen.
Der Betriebsarzt ist verantwortlich für die Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Der AMS-Beauftragte ist Prozessverantwortlicher für die Prozesse "Gefährdungsbeurteilung" und "Prävention" sowie verantwortlich für das Erstellen und Durchführen von Aktionsprogrammen.
6.2 Anforderungen an die "Vermeidung von Gefährdungen" und Hinweise zur Umsetzung
Der "nationale Leitfaden" wiederholt die im Arbeitsschutzgesetz sowie in nachgelagerten Verordnungen aufgeführten Anforderungen an die Vermeidung bzw. Minimierung von Gefährdungen. Er empfiehlt konkrete Regelungen (Verfahren) für
- Maßnahmen zur Vermeidung oder Minimierung von Gefährdungen,
- Betriebsstörungen und Notfälle,
- das Beschaffungswesen,
- die Zusammenarbeit mit Kontraktoren sowie
- die arbeitsmedizinische Vorsorge und die Gesundheitsförderung.
6.2.1 Maßnahmen zur Vermeidung oder Minimierung von Gefährdungen
Die Spezifikationen des "nationalen Leitfadens" umfassen folgende Empfehlungen:
- Das Unternehmen sollte Verfahren einführen und aufrechterhalten, um Maßnahmen festlegen und durchführen zu können, mit denen sich Gefährdungen und die damit verbundenen Risiken für Sicherheit und Gesundheit von Beschäftigten und Personen, die sich auf dem Gelände des Unternehmens aufhalten, vermeiden oder minimieren lassen. Dabei sollen technische Maßnahmen Vorrang vor organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen haben. Wenn bestimmte Restgefährdungen und damit verbundene Risiken nicht durch übergreifende Maßnahmen vermieden werden können, sollte der Arbeitgeber angemessene persönliche Schutzausrüstungen kostenlos zur Verfügung stellen und Maßnahmen ergreifen, die ihre Verwendung und Wartung sicherstellen.
Die Verfahren zur Vermeidung oder Minimierung von Gefährdungen und den damit verbundenen Risiken sollten so gestaltet werden, dass bei Arbeiten, in Abläufen und Prozessen Abweichungen von den zulässigen Bedingungen rechtzeitig erkannt und korrigiert werden können. Diese Verfahren sollten
- regelmäßig bewertet und bei Bedarf angepasst werden;
- die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften sicherstellen und dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstigen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen;
- den aktuellen Wissensstand, einschließlich Informationen oder Berichten von Organisationen sowie staatlichen Arbeitsschutzbehörden, Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung, Arbeitsschutzdiensten und anderen geeigneten Institutionen, berücksichtigen;
- die Erstellung von Verfahrens- und Arbeitsanweisungen vorsehen, sofern Gefährdungen sich nicht umfassend ausschließen lassen.
Präventionsmaßnahmen entwickeln und umsetzen
Grundlage für die Entwicklung geeigneter Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Minimierung von Gefährdungen ist die Gefährdungsbeurteilung. Di...