Prof. Dr.-Ing. habil. Manfred Rentzsch
Fernlinienbus-Betreiber, die jeweils verantwortlichen Einrichtungen des ÖPNV, Fahrzeughersteller und Behindertenverbände arbeiten gemeinsam daran, barrierefreie Gestaltungslösungen für den städtischen, regionalen und Fernlinienbusverkehr zu entwickeln und ständig zu verbessern. Insbesondere für den Fernlinienbusverkehr genügt es aber nicht, die barrierefreie Gestaltung nur auf den Reisebus allein zu beziehen. Vielmehr ist es wichtig, analog dem Bahnverkehr die gesamte Reisekette der Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität von der Buchung bis zur Ankunft am Zielort, der Rückreise einschließlich der Verknüpfungen mit anderen Verkehrsmitteln, z. B. ÖPNV, Taxi und Behindertenfahrdienste einzubeziehen. Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität sind alle betroffenen Reisenden, die bei Benutzung der Omnibusse Schwierigkeiten haben, wie Personen mit eingeschränkten Funktionen der Sinnesorgane, mit geistigen und körperlichen Behinderungen, kleinwüchsige Personen, Rollstuhlfahrer, Personen mit schwerem Gepäck, Ältere und Schwangere sowie Erwachsene in Begleitung von Kindern.
1.1 Mobilitätseinschränkungen bezogen auf motorische Funktionen
Reisende mit Behinderungen bezüglich ihrer motorischen Funktionen können beim Aufenthalt an Haltestellen, beim Ein- und Aussteigen bzw. beim Aufenthalt in Omnibussen des Fern- und Nahverkehrs hinsichtlich ihrer Bewegungsfähigkeit mit folgenden Einschränkungen konfrontiert sein:
- Probleme beim Manövrieren von mobilitätseingeschränkten Personen im Rollstuhl auf Busbahnsteigen mit Fahrgastunterständen,
- vielerorts Defizite hinsichtlich eines barrierefreien Zugangs von Haltestellen,
- fehlende oder unzureichende Kennzeichnung von Rollstuhlplätzen an den für den Ein- und Ausstieg vorgesehenen Türen,
- zu gering bemessene Türbreite und schlecht zu erreichender Rollstuhl-Stellplatz im Bus,
- fehlende oder unzureichend kontrastierende Handläufe bzw. Haltegriffe an den Betriebstüren,
- keine sicherheitsgerechte Gestaltung bzw. unzureichend dimensionierte Stufen an den Ein- bzw. Ausstiegstüren,
- Schwierigkeiten beim Bewegen der Rollstuhlfahrer im Bus infolge zu gering dimensionierter Bewegungsflächen und -räume sowie zu großer zu überwindender Neigungen im Gang und fehlender Griffigkeit des Fußbodens,
- ungenügende Sicherung der Rollstühle während der Fahrt.
1.2 Mobilitätseinschränkungen bezogen auf sensorische Funktionen
Die Wahrnehmungsfähigkeit visueller, akustischer und taktiler Funktionen kann bei Benutzung von Bussen im Fern- und Nahverkehr wie folgt eingeschränkt sein:
- fehlende Leitsysteme für Reisende mit Seheinschränkungen in Form taktiler und kontrastierender Bodenindikatoren,
- nicht vorhandene bzw. schlecht wahrnehmbare Kommunikationseinrichtungen zur Verständigung mit dem Fahrer im Gefahrenfall,
- ungenügende Beleuchtung des Ein- und Ausstiegs sowie aller Informationsstellen für Betätigungseinrichtungen, Hindernisse im Bus,
- unzureichende Kennzeichnung des Standortes der Sitzplätze für mobilitätseingeschränkte Personen,
- akustisch schlecht wahrnehmbare Informationen infolge zu hoher Störgeräusche,
- unvollständige bzw. missverständliche Fahrgastinformationen zu Reiseziel, -ablauf und wichtigen Anschlussinformationen,
- Schwierigkeiten beim Finden der Toilette und Orientierung bezüglich der Funktionen der Ausstattungselemente,
- keine Möglichkeit zum Auslösen des Notrufs vom Rollstuhlplatz bzw. vom WC.
1.3 Mobilitätseinschränkungen bezogen auf kognitive Funktionen
Auch die Einschränkung kognitiver Funktionen kann beim Reisen im Bus Probleme bereiten:
- eingeschränkte Wahrnehmungs-, Verarbeitungs- und Reaktionsfähigkeit geistig behinderter Menschen an Bus-Haltestellen und innerhalb der Linien- bzw. Reisebusse,
- höherer Zeitaufwand für Prozesse der Informationsaufnahme und -verarbeitung in Busbahnhöfen und Haltestellen,
- auch bei älteren Menschen höherer Zeitaufwand zum Kauf von Tickets in Busbahnhöfen.